Lungenseuche des Rindes

Mycoplasma mycoides subsp. mycoides (Mmm)

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Steckbrief

Die Lungenseuche des Rindes (Contagious Bovine Pleuropneumonia CBPP), verursacht durch Mycoplasma mycoides subsp. mycoides (Mmm), ist eine hochansteckende bakterielle Infektionskrankheit des Respirationstraktes bei Rindern.

Vorkommen

Die Lungenseuche des Rindes kommt heutzutage vorwiegend in Subsahara-Afrika vor

Wirtstiere

Empfänglich sind Haus- und Zebu-Rinder sowie Yak und Wasserbüffel. Es gibt vereinzelt Berichte über ein Auftreten bei Schafen, Ziegen und Amerikanischen Bisons. Diese spielen aber epidemiologisch keine Rolle

Infektionsweg

Die Lungenseuche des Rindes wird hauptsächlich durch direkten Tier zu Tier-Kontakt übertragen. Die Übertragung erfolgt aerogen (Tröpfcheninfektion)

Inkubationszeit

3 Wochen bis 6 Monate

Symptomatik

Die klinische Symptomatik umfasst respiratorische Symptome (Dyspnoe, Husten, Nasenausfluss), Anorexie und Fieber

Therapie

Keine

Vorbeugung

Die Lebendvakzine T1/44 und T1sr werden in betroffenen Gebieten erfolgreich angewandt. Für Länder mit niedriger Prävalenz oder für CBPP-freie Gebiete wird die Impfung nicht empfohlen. Die Lungenseuche des Rindes ist eine anzeigepflichtige Tierkrankheit. Bei Seuchenverdacht ist nach den gesetzlichen Vorgaben vorzugehen.

Situation in Österreich

Die Lungenseuche des Rindes kommt derzeit in Österreich bzw. Europa nicht vor. Der letzte Ausbruch in Europa fand 1999 in Portugal statt.

Fachinformation

Mmm gehört zu den Mykoplasmen, einer Gruppe zellwandloser Bakterien der Klasse „Mollicutes“. Es ist Teil des Mycoplasma mycoides-Clusters, welcher aus fünf verschiedenen Mycoplasmen-Stämmen, die Erkrankungen bei Rindern und Ziegen verursachen und die phänotypisch und genotypisch eng miteinander verwandt sind (Mycoplasma mycoides subsp. mycoides, Mycoplasma mycoides subsp. capri, Mycoplasma capricolum subsp. capricolum, Mycoplasma capricolum subsp. capripneumoniae, Mycoplasma leachii).

CBPP ist seit dem 18. Jahrhundert bekannt und breitete sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, bedingt durch Viehhandel, weltweit aus. Durch Merzungsstrategien (GB, USA) oder der Kombination von Impfkampagnen und Merzung (Australien) wurde es Anfang des 20. Jahrhunderts in vielen Ländern ausgelöscht. Heutzutage tritt die Erkrankung endemisch in Subsahara-Afrika auf, und verursacht große wirtschaftliche Schäden. Über die derzeitige Situation in Asien ist wenig bekannt. In Europa trat der letzte Fall 1999 in Portugal auf.

Symptomatik

Die Lungenseuche der Rinder kann akut, subakut oder chronisch verlaufen.

Die akute Form ist dominiert von hohem Fieber (bis zu 42 °C) und ausgeprägten respiratorischen Symptomen (Husten, Brustschmerzen, Polypnoe, Dyspnoe, Nasenausfluss). In Endemiegebieten überwiegen subakute und chronische Formen. Diese Tiere zeigen kaum oder unspezifische Symptomatik wie Husten und progressive Abmagerung bis hin zu Kachexie. Bei Kälbern zeigt sich CBPP eher durch Arthritis (Gelenksschwellungen) als durch respiratorische Symptome.

Die klinische Ausprägung der Erkrankung wird stark beeinflusst von der Virulenz des jeweiligen Stammes und der Empfänglichkeit des Wirtes (Rasse, Alter, Immunstatus). Bei Neuinfektion einer Herde kann die Mortalität sehr hoch (bis zu 90 %) sein, wohingegen sie in endemischen Gebieten niedrig (<10 %) ist.

Als charakteristisch gelten die pathologischen Veränderungen in der Brusthöhle. CBPP ist charakterisiert durch  fibrinöse Bronchopneumonie und Pleuritits. In der akuten Phase können sich mehrere Liter umfassende Pleuraergüsse bilden, während sich in der chronische Phase fibrotische Adhäsionen zwischen Lunge und Brustwand bilden. Veränderungen in der Lunge sind meist unilateral, wobei bevorzugt der kaudale Lungenlappen betroffen ist. In der frühen Phase der Erkrankung zeigt sich eine typisch marmorierte Lungenoberfläche, die durch das Zusammentreffen von gesundem und erkranktem Gewebe, durch verdickte interlobuläre Septa getrennt, entstehen. Typisch sind weiters abgekapselte nekrotische Bereiche, sogenannte Sequestra. Bei Kälbern werden vorwiegend fibrinöse Polyarthritiden beobachtet.

Übertragung

CBPP ist eine hochkontagiöse Infektionskrankheit, die sich rasch ausbreiten kann. Sie wird hauptsächlich aerogen übertragen. Die Erreger wurden zudem in Speichel, Urin, fetalen Häuten, Uterusausfluss und Samen nachgewiesen. Eine transplazentare Übertragung ist möglich. Hauptquelle einer Infektion sind stille Träger einer chronischen Infektion, wobei sich lebende Erreger in verkapselten Lungenläsionen (Sequestra) bis zu zwei Jahre halten können und durch Immunsuppression reaktiviert werden können.

Die Verbreitung von CBPP findet hauptsächlich durch Viehverkehr statt. Ländern, in denen CBPP vorkommt, sind deshalb vom internationalen Viehhandel ausgeschlossen.

Diagnostik

Die klinische Diagnostik ist unzuverlässig, da vor allem chronische Träger häufig kaum oder keine klinische Symptomatik zeigen. Ein Verdachtsfall muss immer mittels mikrobiologischer, molekularbiologischer, pathologischer oder serologischer Methoden abgeklärt werden. Da die pathomorphologischen Veränderungen sehr charakteristisch sind eignet sich die Schlachthofuntersuchung als Monitoring-Methode.

Probennahme am lebenden Tier:

  • Nasentupfer
  • Broncheoalveolar-Lavage (BAL)
  • Pleuraerguss (mittels Punktion)
  • Serum

Probennahme am toten Tier:

  • Lungenläsionen
  • Lungen- bzw. Mediastinallymphknoten
  • Pleuraflüssigkeit
  • Synovialflüssigkeit

Nachweisverfahren:

  • Direkter Erregernachweis mittels Kultur auf Selektivnährmedien
  • Molekularbiologischer Nachweis: PCR
  • Serologischer Nachweis: Komplement-Bindungs-Reaktion (KBR),  Antikörper-ELISA, (Immunoblot)

Kontakt

Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling

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Aktualisiert: 10.10.2023