Cäsium-137 in Österreichs Umwelt
Der Kernkraftwerksunfall in Tschernobyl jährte sich 2021 zum 35. Mal. Wir kontrollieren weiterhin Umwelt, Lebensmittel und Importe, um die Auswirkungen dieser Katastrophe zu überwachen und die österreichische Bevölkerung zu schützen. Dies geschieht entsprechend den rechtlichen Vorgaben (Strahlenschutzgesetz 2020) im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) und des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK).
Die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl am 26. April 1986 führte zur Freisetzung von großen Mengen radioaktiver Stoffe. Österreich war vom radioaktiven Fallout – bedingt durch Niederschläge in den Tagen nach der Freisetzung – stark betroffen und die Nachwirkungen sind immer noch messbar. Für die Strahlenexposition ist in Mitteleuropa allerdings nur noch das langlebige Cäsium-137 mit einer Halbwertszeit von zirka 30 Jahren von gewisser Bedeutung. In Acker- und Wiesenböden ist das Cäsium allerdings an vorhandene Tonbestandteile gebunden und somit nicht mehr für die Pflanzen verfügbar. Bei landwirtschaftlichen Produkten spielt Cäsium-137 daher keine Rolle mehr. Im Waldboden hingegen ist Cäsium-137 in der Humusauflage pflanzenverfügbar und kann so über die Wurzeln in die Pflanzen aufgenommen werden. In der Folge nehmen Wildtiere, insbesondere Wildschweine, Cäsium-137 auf.
Monitoring von Wildfleisch und Pilzen in Österreich 2021
In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben wir immer wieder Projekte zum Thema Cäsium-137 in Waldprodukten durchgeführt:
- 2007 und 2008: Schwerpunktuntersuchung "Erhebung der radioaktiven Belastung von Wildbret"
- 2012: Schwerpunktprojekt "Wildschweinfleisch im Handel"
- 2016: Projekt zu Cäsium-137 in der Umwelt "Radioökologische Evaluierung der Radionuklidkontamination in Waldökosystemen 30 Jahre nach Tschernobyl“ gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur
- 2018: Schwerpunktaktion "Wildbret- und Erzeugnisse: Kontrolle auf Schwermetalle und Radioaktivität"
Weitere Informationen zu ausgewählten Projekten finden Sie hier bzw. am Ende dieser Seite unter Downloads.
Wir prüfen jährlich fast 1.000 Lebensmittelproben auf Radioaktivität. In landwirtschaftlich erzeugten Produkten sind die Cäsium-137 Gehalte wieder auf dem Niveau wie vor dem Tschernobylunfall, in wildwachsenden Pilzen und Wildbret können aber immer noch höhere Cäsium-137 Werte auftreten. Daher findet bei uns ein regelmäßiges Monitoring von Wildfleisch und Pilzen auf Cäsium-137 statt. Darüber hinaus wird der Import von Pilzen aus Drittstaaten ebenfalls auf Cäsium-137 kontrolliert.
Bei den ca. 360 seit 2019 von uns gemessenen Wildfleisch-Proben gab es lediglich neun Proben, deren Aktivitätskonzentrationen über dem Grenzwert von 600 Bq/kg lagen. Diese neun Proben stammten alle von Privatpersonen (Jägerinnen und Jäger), die Tiere in der freien Wildbahn geschossen hatten. Es handelt sich daher nicht um Wildfleisch, das im Handel zur Verfügung stand. Bei den überprüften Wildpilzen lagen alle Messergebnisse von Eierschwammerln und Steinpilzen weit unter diesem Grenzwert. Lediglich bei einer Semmelstoppelpilz-Probe wurde ein Wert über 600 Bq/kg festgestellt. Die Aktivitätskonzentration der Probe lag bei ca. 23.000 Bq/kg. Diese Probe stammte von einem Projekt des Landes Kärnten zur Erstellung einer Cäsium-137-Pilzlandkarte.
Cäsium-137 – Risiko
Die Auswirkungen von Tschernobyl tragen nur zu einem sehr geringen Anteil zur durchschnittlichen Strahlenbelastung der Bevölkerung in Österreich bei (siehe Grafik unten).
Das Maß für die Belastung durch Radioaktivität ist die Dosis und wird in milli-Sievert (mSv) angegeben. Verzehrt man zehn Portionen Wildschweinfleisch (1 Portion = 250 g) pro Jahr vom maximal belasteten Wildschwein (4.710 Bq/kg) aus dem Projekt „Radioökologische Evaluierung der Radionuklidkontamination in Waldökosystemen 30 Jahre nach Tschernobyl“, so beträgt die aufgenommene Dosis dadurch 0,15 mSv pro Jahr. Das entspricht in etwa der Hälfte der Jahresdosis, die man durch die Aufnahme von natürlichen Radionukliden mit der Nahrung (0,3 bis 0,4 mSv pro Jahr) zu sich nimmt.
Zum Vergleich: Ein Transatlantikflug oder eine Lungenröntgenaufnahme entspricht einer Dosis von ca. 0,05 – 0,09 mSv, eine Mammografie Untersuchung ca. 0,2 bis 0,3 mSv. Die natürliche Strahlenbelastung in Österreich beträgt ca. 4,3 mSv pro Jahr. Die gesamte jährliche Strahlendosis einer Durchschnittsösterreicherin oder eines Durchschnittsösterreichers beträgt rund 6 mSv.
Die Verzehrmenge von Wildfleisch und Wildpilzen ist üblicherweise so gering, dass die daraus resultierende Dosis keine relevante Rolle spielt, auch wenn einige Pilze (wie zum Beispiel der Semmelstoppelpilz aus dem Projekt zur Cäsium-137-Pilzlandkarte) über dem Grenzwert liegen. Wer die Belastung für sich persönlich so gering wie möglich halten möchte, kann jedoch auf Zuchtpilze und auf Pilze aus Regionen mit geringeren Cäsium-137 Werten im Boden ausweichen. Die Konzentration von Cäsium-137 in den Böden in Österreich kann auf der Karte des Umweltbundesamts zu Cäsium-137 im Boden nachgesehen werden. In den roten Gebieten ist die Wahrscheinlichkeit höher, Pilze zu finden, deren Cäsium-137-Gehalt über dem Grenzwert liegt.
Durchschnittliche jährliche Strahlenexposition der österreichischen Bevölkerung in mSv
Weiterführende Informationen
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Kontakt
Mag. Dr. Claudia Landstetter
- strahlenschutz.wien@ages.at
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1220 Wien
Spargelfeldstraße 191
Aktualisiert: 10.10.2023