AGES-Radar für Infektionskrankheiten - 17.07.2025
Zusammenfassung
In zumindest vier europäischen Ländern gibt es einen zusammenhängenden Ausbruch von Hepatitis A-Fällen. ECDC hat eine Risikobewertung veröffentlicht.
In Frankreich wurden dieses Jahr bereits 761 Fälle von Chikungunya gemeldet, darunter auch einige lokal erworbene.
Eine neue SARS‑CoV‑2-Variante wurde von der WHO und vom ECDC als „Variante unter Beobachtung“ eingestuft.
Im Thema des Monats erklären wir, was Schweine mit Hepatitis E beim Menschen zu tun haben und wie die Ausbreitung eingedämmt werden kann.
In den Meldungen stellen wir die Jahresberichte 2024 der Nationalen Referenzzentralen für Diphtherie, Campylobacter, Listeriose und der Tollwutberatungsstelle vor. Zudem wurde Trachom in Burundi und im Senegal eliminiert und Suriname für malariafrei erklärt.
Situation in Österreich
Wie im letzten Radar berichtet, nehmen die Hepatitis A-Fälle in Österreich zu. Im Jahr 2025 sind bis jetzt 128 Hepatitis A-Fälle gemeldet worden (Stand: 14.07.2025), im gesamten Vorjahr waren es 74 Fälle. Das Institut für Infektionsepidemiologie der AGES klärt diese Häufung an Hepatitis A‑Fällen ab. Die Situation wird fortlaufend überwacht, um gegebenenfalls Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Ähnlich sieht es in anderen europäischen Ländern aus. Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC – European Centre for Disease Prevention and Control) hat am 18. Juni eine Risikobewertung zum länderübergreifenden Hepatitis A‑Ausbruch veröffentlicht:
Neben Österreich sind zumindest Tschechien, Ungarn und die Slowakei betroffen. Die vier Länder gemeinsam haben insgesamt 2.097 Fälle gemeldet (Stand: 18.06.2025). Der Anstieg der Hepatitis A-Virus-Infektionen betrifft hauptsächlich Obdachlose, Personen, die Drogen konsumieren oder injizieren, und diejenigen, die unter schlechten sanitären Bedingungen leben und nur begrenzten Zugang zu Gesundheitsversorgung haben. Fälle wurden auch unter Mitgliedern der Roma-Gemeinschaften in Tschechien und der Slowakei gemeldet.
Die genetische Sequenzierung der Viren deutet darauf hin, dass es sich um eine fortlaufende Übertragung von Person zu Person innerhalb verbundener sozialer Netzwerke handelt, anstatt um mehrere, nicht zusammenhängende Ausbrüche. Eine weitere Ausbreitung innerhalb dieser Netzwerke gilt als wahrscheinlich. Das ECDC gibt daher folgende Empfehlungen:
- Fortsetzung der Untersuchung der Übertragungswege von Hepatitis A und verstärkte Sequenzierung, um das vollständige epidemiologische Bild zu verstehen
- Gezielte Impfung von Bevölkerungsgruppen, die eher gefährdet sind (wird in Österreich bereits durchgeführt)
- Sicherstellen eines einfachen Zugangs zu grundlegender Hygiene wie Seife und Wasser für Personen, die eher gefährdet sind in für sie zugänglichen Bereichen wie öffentlichen Toiletten, Obdachlosenunterkünften und Tafeln
- Aufklärung und Aktivitäten auf Bevölkerungsgruppen zuschneiden, die eher gefährdet sind. Bereitstellen von Informationen in mehreren Sprachen, angepasst an unterschiedliche Alphabetisierungsgrade, und Ansprechen von Gerüchten und Fehlinformationen, die möglicherweise im Umlauf sind
Internationale Ausbrüche
In Frankreich wurden dieses Jahr 761 importierte Fälle von Chikungunya registriert (Stand: 08.07.2025), bereits jetzt ein Vielfaches im Vergleich zum gesamten Vorjahr, in dem 34 importierte Chikungunya-Fälle gemeldet worden waren. Die meisten der importierten Fälle hatten sich zuvor im französischen Überseegebiet La Réunion aufgehalten. In La Réunion ist seit letztem Jahr ein Chikungunya-Ausbruch in Gange, mit über 54.000 Fällen seit Beginn 2025.
Zusätzlich wurden 25 autochthone Fälle registriert - also solche, welche sich aufgrund fehlender Reisehistorie innerhalb Frankreichs infiziert haben müssen (ECDC, Stand: 09.07.2025).
Dies ist in mehreren Aspekten ungewöhnlich:
- Autochthone Fälle sind noch nicht so häufig in Frankreich aufgetreten. Die ersten zwei autochthonen Fälle von Chikungunya wurden in Frankreich im Jahr 2010 beobachtet. Seitdem kam es lediglich in den Jahren 2014 und 2017 zu 11 und 17 lokal erworbenen Infektionen
- Während die meisten autochthonen Fälle bisher in südlichen Regionen Frankreichs nahe der Mittelmeerküste auftraten, sind in diesem Jahr auch nördlicher gelegene Regionen betroffen. So meldete im Juli 2025 das Departement Bas-Rhin, das sich nahe an der Grenze zu Deutschland befindet, erstmals einen autochthonen Fall. Die betroffene Person hatte sich lediglich in der Region südlich von Straßburg aufgehalten und wurde höchstwahrscheinlich dort von einer infizierten Gelse gestochen
- Die ersten autochthonen Fälle am französischen Festland (inkl. Korsika) sind heuer im Mai/Juni aufgetreten und damit früher im Vergleich zu den letzten Jahren, in denen die Fälle erst im Juli oder August beobachtet wurden
Das Chikungunya-Virus wird von Stechmücken übertragen, hauptsächlich von Gelbfieber- und Tigermücken. Die Erkrankung äußert sich meistens in Fieber, starken Gelenks-, Glieder- und Muskelschmerzen, die noch Wochen bis Monate nach dem Abfiebern anhalten können. In der Regel klingt die Erkrankung nach ein bis zwei Wochen von selbst ab und hinterlässt einen lebenslangen Schutz. Besonders ältere Personen haben ein Risiko für einen schweren Verlauf.
Das Chikungunya-Virus ist mit Ausnahme einzelner Überseegebiete in Europa nicht endemisch, also nicht einheimisch. Die meisten in Europa nachgewiesenen Infektionen sind importiert, die betroffenen Personen haben sich während Aufenthalten in Ländern, in denen das Virus endemisch ist oder gerade Chikungunya-Ausbrüche stattfinden, durch den Stich einer infizierten Mücke angesteckt. Werden diese infizierten Personen kurz nach Reiserückkehr von Mücken, welche das Virus während einer Blutmahlzeit aufnehmen und weitergeben können, gestochen, ist eine lokale Übertragung möglich. Eine dieser Mückenarten ist die asiatische Tigermücke, die sich inzwischen in Frankreich und auch anderen Teilen Europas etabliert hat. Je mehr importierte Fälle und je größer die Tigermückenpopulation, desto höher das Risiko einer lokalen Übertragung. Da sich die Tigermücke in Österreich ebenfalls etabliert, sind lokale Übertragungen auch in Österreich möglich.
Am 15.07.2025 wurde aus Italien, aus der Provinz Piacenza, ebenfalls zumindest ein Fall mit lokaler Ansteckung bestätigt.
Um Infektionen mit dem Chikungunya-Virus zu vermeiden, ist es sinnvoll, auf Mückenschutz zu achten. Auch nach der Rückkehr aus Endemiegebieten sollte auf persönlichen Mückenschutz geachtet werden, damit Gelsen sich nicht mit dem Virus infizieren und diesen vor Ort an andere Personen weitergeben.
Eine essenzielle Maßnahme, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, ist die Vermeidung von Brutstätten für Stechmücken, indem u. a. Wasserbehälter mindestens einmal in der Woche entleert und Regentonnen verschlossen werden.
Als Arzt bzw. Ärztin sollte eine Chikungunya-Infektion bei Patient:innen mit entsprechenden Symptomen auch ohne Reiseanamnese in Betracht gezogen werden.
In Österreich wird eine seit Kurzem verfügbare Impfung gegen Chikungunya für Reisende in Endemiegebiete und bei entsprechendem epidemiologischem Risiko ab dem vollendeten 12. Lebensjahr sowie für exponiertes Laborpersonal empfohlen.
Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat am 11.07.2025 die temporäre Sperre der Impfung für über 65-Jährige aufgehoben. Diese war im Juni in Kraft getreten, nachdem schwere Nebenwirkungen bei Personen über 65 Jahre auftraten. Das Komitee schlussfolgert, dass für alle Personen unabhängig vom Alter die Impfung nur verabreicht werden sollte, wenn ein signifikantes Risiko einer Chikungunya-Infektion besteht und Nutzen/Risiko sorgfältig abgewägt wurden.
In Österreich wurden dieses Jahr bisher 6 importierte Chikungunya-Fälle gemeldet (Stand: 16.07.2025, sh. Tabellen).
Daten zu Chikungunya, Dengue und Zika in Frankreich
Epidemiologisches Bulletin 28/2025
Ende Juni haben das ECDC und die WHO die SARS-CoV-2-Variante XFG der Kategorie „Variante unter Beobachtung“ zugeordnet, zusätzlich zur Variante NB.1.8.1 und LP.8.1. XFG nimmt global zu und setzt sich gegenüber anderen zirkulierenden Varianten durch. In Österreich machte der detektierte Anteil dieser Variante im Abwassermonitoring zuletzt bis zu knapp 40 % aus. Noch ist es zu früh, um eine Einschätzung zu treffen, welche epidemiologischen Auswirkungen diese Variante auf die EU bzw. den EWR haben wird. Die WHO schätzt das zusätzliche Gesundheitsrisiko der Variante als gering ein. Gleichzeitig hat das ECDC die Varianten KP.3 und XEC deeskaliert, sie sind jetzt nicht mehr „von besonderem Interesse“ oder „unter Beobachtung“.
In den letzten Wochen konnte in mehreren europäischen Ländern eine Zunahme der Indikatoren für SARS‑CoV-2-Infektionen beobachtet werden. Die Anzahl der Infektionen bleibt allerdings insgesamt gering und auch die Auswirkungen auf Krankenhausaufnahmen halten sich in Grenzen. Da viele Länder seit Ende des Winters keine Zahlen mehr melden und kaum getestet wird, ist eine vollständige Interpretation der Lage schwierig.
Im österreichischen Abwasser ist die SARS-COV-2-Konzentration nach einem leichten Anstieg im Juni, wieder abgeflacht. Dasselbe konnte im COVID-19-Sentinelsystem beobachtet werden: Ein vorübergehender Anstieg der COVID-19-Fälle Mitte Juni mit anschließender Abnahme. Auch die stationären Krankenhausaufnahmen befinden sich auf einem niedrigen Niveau. Zum Vergleich: 28 Aufnahmen auf Normalstationen in der letzten Juniwoche, über 900 Aufnahmen am Höhepunkt der letzten COVID-19-Welle im Oktober 2024.
Durch eine niedrige Sars-CoV-2 Zirkulation in der vergangenen Wintersaison ist von einer Abnahme der Immunität in der Bevölkerung auszugehen, was zu einer Zunahme der Infektionszahlen in den Sommermonaten führen könnte. Insbesondere Personen mit erhöhtem Risiko sollten die Empfehlungen zu COVID-19-Auffrischungsimpfungen beachten.
SARS-CoV-2 variants of concern as of 27 June 2025
Epidemiological update: SARS-CoV-2 and NB.1.8.1 variant assessment
Thema des Monats
Hepatitis E ist eine Leberentzündung, die durch das Hepatitis E-Virus (HEV) verursacht wird. Im Vergleich zu anderen Hepatitis-Viren, hat HEV eine Besonderheit: Die Viren können auch über Schweinefleischprodukte auf den Menschen übertragen werden. Es existieren vier unterschiedliche Genotypen weltweit, wobei Genotyp 3 und 4 eben nicht nur beim Menschen, sondern auch in Schweinen gefunden wurden. HEV zählt zu den Zoonosen, also jenen Infektionserkrankungen, die zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können. Um eine Ausbreitung zu verhindern, braucht es einen umfassenden Ansatz, der Nutztierhaltung, Lebensmittelgewinnung und menschliche Gesundheit zusammen denkt.
Hepatitis E ist hierzulande zumeist eine harmlose Erkrankung; die meisten Menschen, die sich mit Hepatitis E infizieren, zeigen keine oder nur leichte Symptome wie Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Oberbauchschmerzen, Fieber. Schwere Verläufe sind sehr selten und zumeist heilt die Infektion ohne bleibende Folgen ab. Ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf und an der Erkrankung zu versterben haben Schwangere, ältere oder immunsupprimierte Menschen. Todesfälle sind sehr selten und betreffen weniger als ein Prozent der gemeldeten Erkrankungen.
Die Zahl der gemeldeten Fälle beim Menschen ist in den letzten Jahren in Europa stark gestiegen. In Deutschland stiegen die jährlichen Fälle seit 2005 von rund 50 auf fast 5.000. In Österreich zeigt sich dieser Trend deutlich weniger (siehe Abbildung 1). Das deutsche Robert Koch-Institut (RKI) geht davon aus, dass nicht die Erkrankungen zunehmen, sondern dass die Steigerung höchstwahrscheinlich auf eine erhöhte Aufmerksamkeit der Ärzteschaft, häufigere Diagnostik und den Einsatz sensitiverer diagnostischer Tests zurückzuführen ist. Da viele Infektionen symptomlos verlaufen, dürften zahlreiche Infektionen übersehen werden. Es gibt keine spezifische Therapie und auch keine in Österreich zugelassene Impfung.
Schweine, HEV und Prävention
Eine Ausbreitung von Mensch zu Mensch ist bei dem in Europa verbreiteten HEV-Genotyp 3 noch nicht beobachtet worden. Hier spielt die Übertragung vom Schwein auf den Menschen vermutlich die wichtigste Rolle: Unzureichend erhitztes Schweinefleisch und Rohfleischprodukte dürften die häufigsten Übertragungswege sein. Entsprechend verunreinigte Lebensmittel könnten regional oder auch überregional zu vermehrten Krankheitsfällen führen. Zusätzlich könnte eine Übertragung bei der Verarbeitung von Schweinefleisch vorkommen, Risikogruppen dafür sind Fleischhauer:innen, Tierärzte/-ärztinnen und Jäger:innen.
Schweine können Träger von Hepatitis E-Viren sein, sie erkranken jedoch nicht. Daher ist HEV für die Nutztierhaltung weniger relevant, eine mögliche Übertragung auf den Menschen ist der Grund für gemeinsame Bekämpfungs- und Präventionsmaßnahmen von Veterinär- und Humanmedizin.
Die wichtigste Präventionsmaßnahme ist, Schweinefleisch gut durchzugaren, also vollständig auf über 70 Grad Celsius zu erhitzen. Immunsupprimierte Personen sollten auf Produkte aus rohem Schweinefleisch verzichten. Gleiches gilt für Wildfleisch, da auch Wildschweine und vermutlich Rehe Träger von Hepatitis E-Viren sein können.
Inzwischen wird HEV auch in der Schweinhaltung und bei der Lebensmittelgewinnung bekämpft. Ein Beispiel dafür ist das Projekt „BIOPIGEE“, an dem die AGES beteiligt war: Darin ging es um die Frage, wie HEV und Salmonellen in der Schweinehaltung kontrolliert und reduziert werden können. Dabei wurden Maßnahmen entlang der gesamten Produktionskette entwickelt, vom Stall bis zum Schlachthof. Es wurden Sicherheitskonzepte für Schweinebetriebe und Schlachthöfe entwickelt und überprüft, welche Schritte wirksam und kosteneffizient sind. Alle Ergebnisse und aus dem Projekt heraus entwickelten Werkzeuge finden sich auf der Projektwebsite.
HEV als häufigste Ursache für Leberentzündungen
Von HEV gibt es verschiedene Varianten – in Europa und Nordamerika kursiert hauptsächlich der Genotyp 3. Für den in Asien und Afrika vorkommenden Genotyp 1 ist der Mensch der einzige Wirt. Diese Variante ist dafür verantwortlich, dass weltweit betrachtet HEV die häufigste Ursache für Leberentzündungen ist. Die Übertragung erfolgt meist durch mit Fäkalien verunreinigtes Trinkwasser. Dieser HEV-Genotyp ist für Schwangere ausgesprochen gefährlich.
Die Verbreitung läuft völlig anders als bei dem in Österreich gängigen Genotyp 3 und verlangt entsprechend andere Maßnahmen, besonders Hygiene, gute sanitäre Anlagen und sauberes Trinkwasser.
Bei Reisen in Gebiete in denen Genotyp 1 oder 2 vorkommen, empfiehlt das RKI sich an die allgemeinen Regeln zur Vermeidung von lebensmittelbedingten Infektionen zu halten:
- nicht abgekochtes Leitungswasser und damit hergestelltes Eis für Getränke meiden
- kein Verzehr von rohen oder nicht ausreichend erhitzten Speisen
Meldungen
Anfang Juli wurde der Jahresbericht 2024 der Nationalen Referenzzentrale für Listeriose veröffentlicht.
Die Listeriose war im Jahr 2024 weiterhin eine seltene Infektionskrankheit, deren Inzidenz bei 0,48/100.000 Einwohner:innen lag. Die Nationale Referenzzentrale (NRZ) für Listeriose verifizierte 44 humane Fälle invasiver Listeriose in Österreich. Es wurden 12 Todesfälle dokumentiert, wobei nicht erhoben wurde, ob die Todesursache direkt mit der Listeriose zusammenhing. Ein Listeriose-Fall war schwangerschaftsassoziiert. Sowohl die Mutter als auch das Kind wurden positiv auf Listerien getestet. Es wurden zwei Listeriose-Cluster in Österreich identifiziert. Zu diesen Clustern hat die AGES den Auftrag zur Ausbruchsabklärung erhalten.
Anfang Juli wurde der Jahresbericht 2024 der Nationalen Referenzzentrale Campylobacter veröffentlicht.
Im Jahr 2024 wurden in Österreich 6.858 Fälle von Campylobacteriose registriert. Die Jahresinzidenz betrug 74,9 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner:innen und war damit höher als die durchschnittliche Jahresinzidenz der letzten fünf Jahre. Ein Fünftel der mit Campylobacter infizierten Fälle musste im Krankenhaus behandelt werden, zehn Personen sind verstorben. In den Sommermonaten Juni bis August wurden die meisten Campylobacter-Infektionen beobachtet.
Im Jahr 2024 wurden abermals extrem hohe bzw. sehr hohe Resistenzraten für Fluorochinolone (C. jejuni 75,6 %, C. coli 86,1 %) und Tetracycline (C. jejuni 53,5 %, C. coli 51,5 %) festgestellt. Die Makrolidresistenz blieb niedrig (C. jejuni 0,2 %, C. coli 3,0 %).
Die Campylobacteriose stellt in der Europäischen Union seit Jahren neben der Salmonellose die wichtigste lebensmittelassoziierte gastrointestinale Infektion dar.
Auf Campylobacter beim Grillen sind wir in der AGES-Radar Ausgabe vom 23.05.2024 näher eingegangen.
Anfang Juli wurde der Jahresbericht 2024 der Nationalen Referenzzentrale für Diphtherie‑Labor veröffentlicht.
Im Jahr 2024 wurden an der Nationalen Referenzzentrale für Diphtherie-Labor insgesamt 112 Proben untersucht. Dabei wurde in 33 Proben Corynebacterium diphtheriae und in sieben Proben Corynebacterium ulcerans nachgewiesen. Während bei C. diphtheriae kein Stamm toxigen war, konnten bei C. ulcerans vier toxigene Stämme identifiziert werden.
Drei Patient:innen erfüllten die Falldefinition für Diphtherie – zwei mit Hautdiphtherie, eine:r mit klassisch respiratorischer Diphtherie, alle mit C. ulcerans. Ein Todesfall wurde verzeichnet.
Besonders auffällig: Alle Fälle im Jahr 2024 wurden durch Corynebacterium ulcerans verursacht – eine zoonotische Spezies, die u. a. durch Tierkontakt oder Rohmilchprodukte übertragen werden kann.
Trotz rückläufiger Fallzahlen bleibt das Einsendeaufkommen höher als vor 2022. Dies kann u.a. auf ein erhöhtes Bewusstsein in Klinik und Labor zurückzuführen sein.
Im Juli wurde der Jahresbericht 2024 der Nationalen Tollwutberatungsstelle veröffentlicht.
Im Jahr 2024 wurde in Österreich keine humane Erkrankung an Tollwut dokumentiert.
Am Nationalen Referenzlaboratorium für Tollwut, dem Institut für Veterinärmedizinische Untersuchungen, wurden 202 Tiere auf Tollwut untersucht, wobei Füchse mit 67 Einsendungen und Fledermäuse mit 56 Einsendungen am häufigsten vertreten waren.
Darunter waren 36 Tiere die einen Menschen gebissen hatten- alle mit negativem Ergebnis; meist handelte es sich dabei um Hunde und Katzen (15 Hunde, 14 Katzen, 4 Fledermäuse, 2 Füchse und 1 Ratte).
Darüber hinaus wurden von der Tollwutberatungsstelle der AGES im Jahr 2024 insgesamt 566 Beratungsgespräche geführt, davon 386 mit Privatpersonen bei fraglichem Risikokontakt und 180 mit medizinischem Fachpersonal zur Abklärung der Verabreichung einer möglichen Postexpositionsprophylaxe.
Die WHO hat Surinam als erstes Land der Amazonasregion offiziell als malariafrei zertifiziert. Damit endet ein fast 70-jähriger Kampf gegen die Tropenkrankheit, der in den 1950er-Jahren mit Insektizid-Sprüheinsätzen und Anti-Malaria-Behandlungen begann. Für die indigene Bevölkerung in entlegenen Regenwaldregionen sowie mobile Minenarbeiter:innen war vor allem die Rekrutierung und Ausbildung von Gesundheitspersonal aus den jeweiligen Gemeinschaften essenziell. Der Ausbau von Diagnose- und Behandlungsangeboten trug ebenfalls zu einer Eindämmung bei.
In den letzten drei Jahren wurden keine lokal erworbenen Fälle mehr registriert.
Surinam zählt nun zu den 46 Ländern, die von der WHO als malariafrei anerkannt wurden. Die Region Amerika zählt derzeit zwölf malariafreie Staaten.
Burundi und Senegal haben Trachom als öffentliches Gesundheitsproblem eliminiert. Trachom ist die erste vernachlässigte Tropenerkrankung, die in Burundi eliminiert wurde. Dies war möglich u.a. durch die Einführung von Interventionen basierend auf der SAFE-Strategie, die Kampagnen für chirurgische Eingriffe, Antibiotikagabe, (Gesichts-)Hygiene und Verbesserung der Wasserversorgung und allgemeiner hygienischer Bedingungen umfasst.
Das Trachom ist eine bakterielle Augeninfektion und die weltweit führende infektiöse Ursache für Blindheit. Sie wird durch das Bakterium Chlamydia trachomatis verursacht und verbreitet sich durch engen Körperkontakt, über Fliegen und kontaminierte Oberflächen. Wiederholte Infektionen können zu Narbenbildung, einem Einwärtsdrehen der Augenlider und irreversibler Erblindung führen.
Das Trachom betrifft vorrangig Regionen mit mangelhaften hygienischen Bedingungen, sowie mangelndem Zugang zu sauberem Wasser. Seit 2014 sank die Zahl der behandlungsbedürftigen Trachom-Patient:innen in der afrikanischen WHO-Region von 189 auf 93 Millionen. Burundi und Senegal sind das achte und neunte Land in der WHO-Region Afrika, die das Trachom eliminiert haben.
Eine Erkrankung gilt „als öffentliches Gesundheitsproblem eliminiert“, wenn ein Land bestimmte, durch die WHO vorgegebene Zielsetzungen erreicht. Auch nach der offiziellen Eliminierung als öffentliches Gesundheitsproblem der Krankheit, bleiben gewisse Maßnahmen bestehen, um diese Zielsetzungen weiterhin einzuhalten.
Fachbegriff Epidemiologie
Antigene sind Fremdkörperstrukturen, auf die ein Organismus mit der Bildung von Antikörpern reagieren kann; Antikörper haben die Funktion, dass die Antigene erkannt und inaktiviert bekämpft werden. Dafür müssen die Antikörper an die Antigene binden können. Die Avidität beschreibt wie stark ein Antikörper an das Antigen bindet die Stärke einer Mehrfachbindung zwischen Antigen und Antikörper. Bilden die beiden Moleküle nur eine Bindung, ist die Avidität gering, bei zwei Bindungen wird bereits von einer hohen Avidität gesprochen und bei mehr als zwei Bindungen (polyvalent) von einer sehr hohen.
Die Avidität kann gemessen werden und gibt Aufschluss darüber, wann die Infektion stattgefunden hat. Ist eine Infektion frisch, ist die Avidität gering, hat sie schon vor längerem stattgefunden, ist sie hoch. Das kann zum Beispiel in der Schwangerschaft von Bedeutung sein, da hier manche Infektionen besonders gefährlich sein können, wenn sie in der Schwangerschaft zum ersten Mal auftreten. Mit Hilfe eines Aviditätstests der Avidität kann festgestellt werden, ob das der Fall ist oder eine Erstinfektion schon länger zurück liegt und damit keine akute Gefahr mehr besteht.
Über das Radar
Das AGES-Radar für Infektionskrankheiten erscheint monatlich. Ziel ist es, der interessierten Öffentlichkeit einen raschen Überblick zu aktuellen Infektionskrankheiten in Österreich und der Welt zu geben. Die Krankheiten werden kurz beschrieben, die aktuelle Situation wird geschildert und, wo es sinnvoll und möglich ist, wird das Risiko eingeschätzt. Links führen zu tiefergehenden Informationen. Im "Thema des Monats" wird jeweils ein Aspekt zu Infektionskrankheiten genauer betrachtet.
Wie wird das AGES-Radar für Infektionskrankheiten erstellt?
Wer: Das Radar ist eine Kooperation der AGES-Bereiche „Öffentliche Gesundheit“ und Risikokommunikation.
Was: Ausbrüche und Situationsbewertungen von Infektionskrankheiten:
- National: Basierend auf Daten aus dem Epidemiologischen Meldesystem (EMS), der Ausbruchsabklärung und regelmäßigen Berichten der AGES und der Referenzlabore
- International: Basierend auf strukturierter Recherche
- Thema der Woche (Jahresplanung)
- Meldungen zu wissenschaftlichen Publikationen und Events
Weitere Quellen:
Akute infektiöse respiratorische Erkrankungen treten in der kalten Jahreszeit vermehrt auf, darunter COVID-19, Influenza und RSV. Diese Erkrankungen werden über verschiedene Systeme beobachtet, wie dem Diagnostischen Influenza Netzwerk Österreich (DINÖ), dem ILI-(Influenza-like-Illness)-Sentinel-System und dem Österreichischen RSV-Netzwerk (ÖRSN). Die Situation in den Krankenhäusern wird über das SARI-(Schwere Akute Respiratorische Erkrankungen)-Dashboard erfasst.
Österreichische Labore schicken SARS-CoV-2-Proben zur Sequenzierung an die AGES. Die Ergebnisse der Sequenzierung werden regelmäßig auf der AGES-Website veröffentlicht.
Für die internationalen Berichte werden Gesundheitsorganisationen (WHO, ECDC, CDC, …) Fachmedien, internationale Presse, Newsletter und Social Media routenmäßig beobachtet.
Für Infektionserkrankungen in Österreich erfolgt die Einschätzung der Situation durch die Expert:innen der AGES, ebenso für internationale Ausbrüche, für die keine Einschätzung von WHO oder ECDC vorliegen.
Disclaimer: Die Themen werden nach redaktionellen Kriterien ausgewählt, es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Anregungen und Fragen an: wima@ages.at
Da die Antwort auf Anfragen ebenfalls zwischen allen Beteiligten (Wissensmanagement, INFE, Risikokommunikation) abgestimmt wird, bitten wir um etwas Geduld. Eine Antwort erfolgt innerhalb einer Woche.
Das nächste AGES-Radar erscheint am 14.08.2025.
Daten anzeigepflichtiger Erkrankungen
Fallzahlen anzeigepflichtiger Erkrankungen nach Epidemiegesetza, dargestellt sind die Zahlen für den Vormonat und, jeweils für die Zeitspanne vom Jahresbeginn bis zum Ende des Vormonats, die Zahlen für das aktuelle Jahr, für das Vorjahr, sowie der Median der letzten 5 Jahre zum Vergleich (Epidemiologisches Meldesystem, Stand: 16.07.2025).
Krankheitserreger | 2025 | 2024 | 2020-2024 (Median) | |
---|---|---|---|---|
Mai | Jan-Mai | Jan-Mai | Jan-Mai | |
Amöbenruhr (Amöbiasis) | 1 | 4 | 9 | 4 |
Botulismus b | 0 | 0 | 0 | 0 |
Brucellose | 0 | 2 | 5 | 4 |
Campylobakteriose b | 699 | 2.758 | 3.008 | 2.666 |
Chikungunya-Fieber | 5 | 6 | 6 | 1 |
Cholera | 0 | 0 | 0 | 0 |
Clostridioides difficile Infektion, schwerer Verlauf | 49 | 419 | 412 | 281 |
Dengue-Fieber | 12 | 78 | 125 | 35 |
Diphtherie | 0 | 2 | 1 | 1 |
Ebola-Fieber | 0 | 0 | 0 | 0 |
Echinokokkose durch Fuchsbandwurm | 0 | 11 | 17 | 9 |
Echinokokkose durch Hundebandwurm | 3 | 8 | 14 | 14 |
Fleckfieber (Rickettsiose durch R. prowazekii) | 0 | 0 | 0 | 0 |
Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) | 29 | 47 | 68 | 68 |
Gelbfieber | 0 | 0 | 0 | 0 |
Haemophilus influenzae, invasiv a | 4 | 67 | 56 | 28 |
Hantavirus-Erkrankung | 5 | 19 | 12 | 15 |
Hepatitis A | 43 | 132 | 33 | 21 |
Hepatitis B | 77 | 469 | 584 | 490 |
Hepatitis C | 82 | 523 | 557 | 445 |
Hepatitis D | 1 | 3 | 5 | 4 |
Hepatitis E | 7 | 35 | 27 | 29 |
Keuchhusten (Pertussis) | 88 | 1.296 | 7.402 | 195 |
Kinderlähmung (Poliomyelitis) | 0 | 0 | 0 | 0 |
Lassa-Fieber | 0 | 0 | 0 | 0 |
Legionärskrankheit (Legionellose) d | 36 | 165 | 146 | 123 |
Lepra | 0 | 1 | 0 | 0 |
Leptospirose | 1 | 5 | 14 | 4 |
Listeriose b | 5 | 17 | 22 | 19 |
Malaria | 5 | 34 | 25 | 25 |
Marburg-Fieber | 0 | 0 | 0 | 0 |
Masern | 28 | 137 | 463 | 25 |
Meningokokken, invasiv c | 2 | 21 | 10 | 8 |
Middle East Respiratory Syndrome (MERS) | 0 | 0 | 0 | 0 |
Milzbrand (Anthrax) | 0 | 0 | 0 | 0 |
Mpox e | 0 | 12 | 10 | 10 |
Norovirus-Gastroenteritis b | 101 | 2.423 | 2.328 | 1.150 |
Paratyphus | 0 | 0 | 1 | 1 |
Pest | 0 | 0 | 0 | 0 |
Pneumokokken, invasiv c | 52 | 630 | 527 | 242 |
Pocken | 0 | 0 | 0 | 0 |
Psittakose | 0 | 0 | 2 | 2 |
Rotavirus-Gastroenteritis b | 98 | 759 | 530 | 365 |
Rotz (Malleus) | 0 | 0 | 0 | 0 |
Röteln | 0 | 0 | 0 | 0 |
Rückfallfieber | 0 | 0 | 0 | 0 |
STEC | 94 | 365 | 282 | 175 |
Salmonellose b | 129 | 533 | 456 | 425 |
Scharlach | 21 | 177 | 469 | 2 |
Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom (SARS) | 0 | 0 | 0 | 0 |
Shigellose b | 15 | 124 | 116 | 40 |
Sonstige virusbedingte Meningoenzephalitis | 15 | 77 | 58 | 58 |
Tollwut (Rabies) | 0 | 0 | 0 | 0 |
Trachom (Körnerkrankheit) | 0 | 0 | 0 | 0 |
Trichinellose | 0 | 1 | 5 | 2 |
Tuberkulose | 31 | 197 | 219 | 196 |
Tularämie | 5 | 19 | 57 | 12 |
Typhus | 1 | 3 | 8 | 3 |
Vogelgrippe (Aviäre Influenza) | 0 | 0 | 0 | 0 |
West-Nil-Virus-Erkrankung | 0 | 0 | 0 | 0 |
Yersiniose b | 6 | 36 | 63 | 63 |
Zika-Virus-Erkrankung | 0 | 2 | 9 | 0 |
a Die Bewertung der Krankheiten erfolgt gemäß Falldefinition. Es werden Krankheiten dargestellt, für die eine Falldefinition existiert, ausgenommen der transmissiblen spongiformen Enzephalopathien. Gezählt werden in der Regel bestätigte und wahrscheinliche Fälle. Durch Nachmeldungen bzw. nachträgliche Eintragungen können sich noch Änderungen ergeben.
b Bakterielle und virale Lebensmittelvergiftungen, gemäß Epidemiegesetz.
c Invasive bakterielle Erkrankung, gemäß Epidemiegesetz.
d Inkludiert ausschließlich Fälle mit Lungenentzündung.
e Mpox ist seit 2022 anzeigepflichtig; der Median wird nur für die Jahre berechnet, in denen eine Anzeigepflicht besteht.
Downloads
Aktualisiert: 17.07.2025