AGES-Radar für Infektionskrankheiten - 25.07.2024

Zusammenfassung

Für SARS-CoV-2 wird im Abwasser und im Sentinel-System weiterhin auf niedrigem Niveau eine Zunahme beobachtet.

Noch immer werden in Österreich vereinzelt neue Masern-Fälle gemeldet, insgesamt sind es heuer bereits 477.

Mit Stand 24.07.2024 wurden in Österreich bereits 8.595 Keuchhusten-Fälle gemeldet.

Im Thema des Monats widmen wir uns den Legionellen, den Auslösern der Legionärskrankheit.

Weitere Humanfälle aviärer Influenza des Subtyps H5N1 wurden in den USA gemeldet.

International sind die Ausbrüche von Mpox und des Oropouche-Virus aufgefallen.

Situation in Österreich

In den letzten Wochen ist es im österreichischen Abwasser zu einem Anstieg der SARS-CoV-2-Konzentration gekommen. Die Viruskonzentration im Abwasser ist weiterhin niedrig im Vergleich zu vergangenen Wellen. Im Sentinel-Überwachungssystem wird seit Mitte Juni eine leichte Zunahme der COVID-19-Fälle beobachtet. Die Positivitätsrate liegt in den Sentinelproben seit Kalenderwoche 26 über 10 %. Die Positivitätsrate zeigt an, wie viele der im System erfassten Proben von Patient:innen mit akuten Atemwegsinfektionen positiv auf SARS-CoV-2 getestet werden. Bei den stationären Krankenhausaufnahmen hat es in den letzten Wochen auch eine leichte Zunahme gegeben, allerdings weiterhin auf niedrigem Niveau.

Auch in anderen Ländern Europas konnte seit Mai ein Anstieg der SARS-CoV-2-Aktivität beobachtet werden, mit einem leichten Rückgang der Positivitätsrate im Juli (Stand: 22.07.2024).

Weltweit dominant sind derzeit die JN.1 Variante und deren Sublinien. Von diesen Sublinien nehmen KP.3 und LB.1 weltweit zu. Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) geht nicht davon aus, dass sich die Zunahme dieser Varianten auf die Infektionsschwere oder die Wirksamkeit des Impfstoffs auswirkt.

Die Situation wird von den europäischen Ländern genau beobachtet. Sie wird derzeit als nicht besorgniserregend eingestuft.

Aufgrund der zunehmenden SARS-CoV-2-Aktivität wird das Tragen einer Maske empfohlen, wenn enge Kontakte mit vielen Menschen indoor nicht vermieden werden können, z.B. am Flughafen oder im Flugzeug. Bei der Tour de France wurde Mitte Juli aufgrund mehrerer COVID‑19-Fälle in bestimmten Bereichen wieder eine Maskenpflicht eingeführt.

Der an die JN.1-Variante angepasste Impfstoff ist in Österreich eingetroffen und kann von Impfstellen bereits bestellt und verimpft werden. Empfohlen wird eine einmalige Impfung, bevorzugt im Herbst. Wie auch im Vorjahr ist die Impfung besonders für Risikopersonen und Menschen ab 60 Jahren empfohlen. Details zur COVID-19-Impfung finden Sie in der aktualisierten Empfehlung vom 18.07.2024.

Coronavirus - AGES

erviss.org

Impfplan Österreich (sozialministerium.at)

Die Pertussis-Zahlen steigen in Europa deutlich an, die Situation für Österreich haben wir im AGES-Radar vom 27.06.2024 dargestellt.

Während im gesamten Vorjahr 2.791 Fälle in Österreich gemeldet wurden, sind es heuer bisher bereits 8.595 Pertussis-Fälle (Stand: 24.07.2024).

Die Impfung ist in Österreich im kostenfreien Impfprogramm enthalten. Die Grundimmunisierung im Säuglingsalter sollte im Volksschulalter aufgefrischt werden. Damit der Impfschutz aufrecht bleibt, sollte die Impfung danach auch im Erwachsenenalter regelmäßig, bis zum 60. Lebensjahr alle zehn Jahre und ab dem 60. Lebensjahr alle fünf Jahre, aufgefrischt werden. Die Pertussis-Impfung wird allen Personen empfohlen.

Um Säuglinge in den ersten Lebensmonaten zu schützen, wird insbesondere schwangeren Frauen im letzten Schwangerschaftsdrittel die Impfung nahegelegt, unabhängig vom Abstand zur letzten Pertussis-Impfung. Dadurch sind Neugeborene durch mütterliche Antikörper vor einer Infektion geschützt.

Weiterführende Informationen zur Pertussis-Impfung finden Sie im Impfplan Österreich 2023/2024 (sozialministerium.at).

Keuchhusten (Pertussis)

Im Jahr 2024 wurden bisher 477 Masern-Fälle registriert. Die AGES aktualisiert hier wöchentlich die Daten. Die Zahl der Neuinfektionen ist seit einigen Wochen nur noch gering, dennoch muss weiterhin mit Meldungen gerechnet werden. Viele der neuen Fälle sind aus anderen europäischen Ländern importiert.

Informationen zur Masern-Mumps-Röteln-Impfung finden Sie im Impfplan Österreich 2023/2024 (sozialministerium.at).

 

Internationale Ausbrüche

Im derzeitigen Ausbruchsgeschehen von aviärer Influenza A(H5N1) bei Milchkühen in den USA sind aktuell 168 Herden in 13 Bundesstaaten betroffen (Stand: 23.07.2024).

In Verbindung mit diesen Ausbrüchen bei Milchkühen wurde Anfang Juli eine vierte Person positiv auf H5N1 getestet. Nach Fällen in Texas und Michigan, ist dies der erste offizielle humane H5N1-Fall in Colorado. Es handelt sich ebenfalls um einen Arbeiter eines Milchviehbetriebes, in dem auch bereits Kühe positiv auf das Virus getestet wurden. Die Person wies eine Bindehautentzündung auf und ist wieder genesen.

Neben diesem neuen Fall in Verbindung mit Milchkühen, wurden außerdem im Juli sechs Arbeiter einer Geflügelfarm in Colorado mit milden Krankheitssymptomen positiv auf H5N1 getestet. Sie waren nach einem Ausbruch von hochpathogener aviärer Influenza (HPAI) mit der Beseitigung infizierter Tiere betraut. Das sind die ersten Fälle bei Geflügelarbeitern in den USA seit 2022.

Die US-amerikanischen Zentren für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten (CDC) schätzen das Risiko für die allgemeine Öffentlichkeit in den USA durch diese Ausbrüche als gering ein und gehen auch davon aus, dass es gering bleibt. Die Entwicklungen der letzten Wochen unterstreichen jedoch, wie wichtig Schutzmaßnahmen für Menschen mit engem Kontakt zu infizierten Tieren sind.

In Europa gibt es keine Meldung von A(H5N1)-Fällen bei Menschen oder Rindern. HPAI-Viren bei Vögeln zirkulieren auf sehr niedrigem Niveau, die Gesamtzahl der Nachweise ist in Europa so niedrig wie seit 2019/2020 nicht mehr. In Österreich gibt es derzeit weder bei Wildvögeln, Geflügel, noch bei Vögeln in Gefangenschaft gemeldete HPAI-Fälle (Stand: 03.07.2024). Bisher zeigen die genetischen Untersuchungen der in Europa gefundenen Fälle keine Veränderungen, die darauf hindeuten, dass sich das Virus an den Menschen angepasst hat.

Das ECDC schätzt das Risiko für die Öffentlichkeit in den EU/EWR-Ländern als gering ein. Das Risiko für beruflich exponierte Gruppen, wie z.B. Landwirt:innen, wird als gering bis mittel eingestuft. Allgemein wird empfohlen, den Kontakt zu kranken oder toten Vögeln, sowie zu toten wilden Tieren zu meiden. Exponierten Personen wird für den Umgang mit kranken Tieren das Tragen persönlicher Schutzausrüstung, also u. a. Maske, Brille, Overall, empfohlen.

Präventivmaßnahmen

In Europa beteiligen sich fünfzehn EU/EWR-Mitgliedstaaten, darunter Österreich, an der Beschaffung eines Impfstoffs, der zum Schutz von beruflich exponierten Personen, u.a. Mitarbeiter:innen von Geflügelbetrieben, eingesetzt werden soll. In Finnland können sich demnächst Risikogruppen gegen aviäre Influenza impfen lassen (Details finden Sie im AGES-Radar vom 27.06.2024).

In Proben pasteurisierter Milch aus dem US-amerikanischen Einzelhandel konnte das aviäre Influenza Virus genetisch nachgewiesen werden. Infektiös sind die Viren nach der Pasteurisierung nicht mehr. Vom Verzehr unpasteurisierter Milch wird, auch in Hinblick auf andere Krankheitserreger, abgeraten. Allgemein wird empfohlen, sich an die grundlegenden Regeln der Küchenhygiene zu halten, Fleisch und Eier ausreichend zu erhitzen und keine Rohmilch zu verzehren: Sicher kochen - AGES.

Aviäre Influenza ist in Österreich meldepflichtig und wird überwacht. Um das seltene Ereignis einer menschlichen Infektion mit aviärer Influenza so schnell wie möglich richtig einzuordnen, wird Ärzt:innen empfohlen, bei Patient:innen mit unklaren oder grippeähnlichen Symptomen nach Kontakt zu Vögeln oder anderen Tieren in den letzten zwei Wochen zu fragen.

Weitere Informationen zur aviären Influenza in Österreich finden Sie im Tierseuchenradar.

CDC Reports Fourth Human Case of H5 Bird Flu Tied to Dairy Cow Outbreak | CDC Online Newsroom | CDC

CDC Confirms Human Cases of H5 Bird Flu Among Colorado Poultry Workers | CDC Online Newsroom | CDC

AI Report XXIX_journal publication_0.pdf (europa.eu)

Rapid Risk assessment for highly pathogenic avian influenza H5 (HPAI H5) (openagrar.de)

Communicable disease threats report, 6–12 July 2024, Week 28 (europa.eu)

 

Nachdem Italien im Juni den ersten importierten Oropouche-Fall Europas verzeichnete (siehe AGES-Radar vom 27.06.2024), sind weitere Meldungen hinzugekommen: Mit Stand 12.07.2024 wurden in Italien und Spanien jeweils drei Oropouche-Fälle gemeldet. Alle sechs Personen waren aus Kuba zurückgekehrt (ECDC). In den drei spanischen Fällen waren die klinischen Symptome mild, alle sind mittlerweile genesen. Zwischen den Fällen gibt es keinen Zusammenhang, außer, dass sie alle auf Kuba waren.

Beim Oropouche-Virus (OROV) handelt es sich um ein Arbovirus, das durch Gnitzen übertragen wird. Diese kleinen Mücken stellen die hauptsächlichen Überträger bzw. Vektoren des Virus dar. Das OROV zirkuliert in Zentral- und Südamerika, und war bisher vor allem im Amazonasbecken heimisch. Dieses Jahr steigen die OROV-Fälle markant an, auch in Regionen, die zuvor nicht betroffen waren. Die Abholzung des Regenwaldes und der Klimawandel scheinen die Ausbreitung der Vektoren und damit der Erkrankung zu begünstigen. Kuba erlebt seit Mai den ersten Oropouche-Ausbruch in der Geschichte des Landes. Mehr Infos finden Sie im AGES-Radar vom 27.06.2024.

Die Symptome einer OROV-Infektion ähneln jenen von Dengue: es kommt u. a. zu Fieber, Kopfschmerzen, Schüttelfrost. Die meisten Patient:innen genesen ohne bleibende Schäden. Es gibt kein spezifisches Medikament oder Impfung.

Brasilien meldete seit Juni mehrere Fälle von Fehl- bzw. Totgeburten und neurologischer Defekte bei Neugeborenen, die sich wahrscheinlich im Mutterleib mit OROV infiziert hatten. Um einem möglichen Zusammenhang auf dem Grund zu gehen, fordert die Panamerikanische Gesundheitsorganisation (PAHO) die Mitgliedstaaten dringend auf, das Auftreten ähnlicher Ereignisse genau zu überwachen und zu melden.

Das ECDC schätzt das Infektionsrisiko für EU/EWR-Bürger:innen, die nach Kuba oder Amerika reisen, als gering ein. Es wird empfohlen, sich gegen Mücken- und Moskitostiche zu schützen. Da Gnitzen kleiner sind als Stechmücken und daher Moskitonetze durchdringen können, werden als Schutz bei Reisen in betroffene Gebiete besonders engmaschige und mit Insektenabwehrmitteln (Repellents) imprägnierte Moskitonetze empfohlen Die Vektoren des Oropouche-Virus kommen in Kontinentaleuropa nicht vor. Sollte ein Oropouche-Fall nach Europa importiert werden, wird die Wahrscheinlichkeit einer sekundären Übertragung in Kontinentaleuropa daher als sehr gering angesehen. Bislang ist die Krankheit auf den amerikanischen Kontinent beschränkt. Das ECDC rechnet weiterhin mit importierten Fällen bei Reiserückkehrern aus Ausbruchsgebieten.

Oropouche virus disease - Cuba (who.int)

Communicable disease threats report, 6–12 July 2024, Week 28 (europa.eu)

Mpox

Zwischen 8. Mai und 2. Juli hat Südafrika 20 bestätigte Mpox-Fälle gemeldet, darunter drei Todesfälle. Dies sind die ersten Mpox-Fälle in Südafrika seit 2022: damals traten fünf Fälle auf, von denen keiner schwerwiegend oder tödlich war. Bei den aktuell betroffenen Personen handelt es sich um Männer im Alter zwischen 17 und 43 Jahren. Von den ersten 16 Fällen gaben elf an, Sex mit Männern zu haben (MSM). Alle Fälle hatten Symptome und die für Mpox typischen Hautveränderungen. 18 Fälle mussten ins Krankenhaus aufgenommen werden. Für fünf bestätigte Fälle steht eine Genomsequenzierung zur Verfügung und identifizierte die Subklade 2b des Mpox-Virus (MPXV).  Die MPXV Subklade 2b ist jene, die mit dem Mpox-Ausbruch in Verbindung steht, der 2022 mehrere Länder weltweit betraf. Die WHO schätzt das Gesundheitsrisiko für die allgemeine Bevölkerung in Südafrika als gering ein. Das Risiko für MSM sowie Sexarbeiter:innen wird als moderat eingestuft.

In Europa wurden mit Stand 6. Juli im Jahr 2024 insgesamt 609 Mpox-Fälle gemeldet. Die Zahl der Neuinfektionen in Europa ist relativ niedrig. Daher schätzt das ECDC das Gesamtrisiko für MSM als gering ein, für die allgemeine Bevölkerung als sehr gering.

In der Demokratischen Republik Kongo (DRK) ist seit Ende 2022 ein Mpox-Ausbruch im Gange. Allein im Jahr 2024 wurden bis Ende Mai 7.851 Mpox-Fälle gemeldet, davon 384 Todesfälle. Der Ausbruch in der DRK wird im Unterschied zu den Fällen in Südafrika und Europa durch die gefährlichere MPXV Klade 1 verursacht (Mehr Infos finden Sie im AGES-Radar vom 25.04.2024 und 21.12.2023). Die Übertragungen vom MPXV in DRK finden nicht mehr größtenteils sexuell statt und betreffen nicht mehr überwiegend Erwachsene, MSM und Sexarbeiter:innen. Zunehmend stecken sich auch Kinder, Gesundheitspersonal und ganze Haushalte an.

Mpox – South Africa (who.int)

Communicable disease threats report, 6–12 July 2024, Week 28 (europa.eu)

Mpox - Democratic Republic of the Congo (who.int)

Weiterführende Informationen zur Mpox-Impfung finden Sie im Impfplan Österreich 2023/2024 Version 2.0 (sozialministerium.at).

Thema des Monats

Es ist ein heißes Jahr, manche Badegewässer sind kaum noch erfrischend und auch das Trinkwasser aus der Leitung ist eher körperwarm. Viele Bakterien freuen sich, wenn das kühle Nass nur noch nass ist, sie vermehren sich in warmem Wasser besser. Das gilt auch für Legionellen. Diese Bakterien können eine Lungenentzündung auslösen, besonders bei Menschen, deren Immunsystem bereits geschwächt ist. Legionellen kommen in der Umwelt sehr weit verbreitet vor. Besonders gut vermehren sie sich in Warmwasserversorgungsanlagen oder Kühltürmen von Großgebäuden.

Die Infektion erfolgt über das Einatmen von feinsten Wassertröpfchen (Aerosolen), die mit Legionellen belastet sind, beispielsweise beim Duschen. Das Trinken von mit Legionellen belastetem Wasser ist ungefährlich, solange nicht Wasser in die Luftröhre gelangt. Legionellen werden nicht von Mensch zu Mensch übertragen. 

Neben dem Duschen entstehen solche Aerosole auch in Verdunstungskühlanlagen und Whirlpools. Um das Risiko zu reduzieren, werden in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Schwimmbädern routinemäßig Kontrollen der Wassersysteme durchgeführt und gegebenenfalls Sanierungsmaßnahmen ergriffen. Auch Hotels und Wohnanlagen sollten regelmäßig überprüft werden. Ein absoluter Schutz ist jedoch nicht möglich. 

Bei Temperaturen über 70 °C sterben Legionellen in wenigen Sekunden ab, weshalb die Legionellenschaltung effektiv sein kann. Sie sorgt für ein wöchentliches Erhitzen des Wassersystems auf über 70 °C. Weitere Maßnahmen umfassen die dauerhafte Erhitzung des zentralen Trinkwasser-Speichers auf mindestens 60 °C, elektrolytische Desinfektion, UV‑Desinfektion und Kupfer-Silber-Desinfektion, sowie die Verbesserung der Wasserzirkulation.

Verbraucher:innen sollten sicherstellen, dass Wasser in den Rohren nicht zu lange steht, besonders während der Urlaubszeit. Idealerweise lässt jemand regelmäßig das Wasser laufen, wenn man länger verreist ist. Wenn das nicht möglich ist, sollten die Rohre nach der Rückkehr gründlich durchgespült werden.

Die AGES sammelt seit 2014 Proben von Legionellen und analysiert deren Verwandtschaftsverhältnisse anhand der genomischen Daten. Diese Daten sollen dabei helfen abzuklären, wo eine Infektion stattgefunden haben könnte. Da Legionellen sehr weit verbreitet vorkommen, ist oft nicht klar, wo sich Patient:innen infiziert haben könnten. Mit dem Genomvergleich kann man beispielsweise herausfinden, ob die Infektion in der heimischen Dusche oder über einen Kühlturm eines Krankenhauses stattgefunden hat.

Von der Legionelle zur Legionärskrankheit

Die Legionärskrankheit ist eine durch Legionellen verursachte Lungenentzündung, die vor allem ältere Menschen und Personen mit geschwächtem Immunsystem betrifft. Den Namen bekam die Erkrankung durch die Umstände ihrer Entdeckung: 1976 kam es nach einem Treffen der US-Kriegsveteranenvereinigung American Legion in einem Hotel zu rund 200 Fällen von Lungenentzündung mit damals noch unbekannter Ursache. Nach intensiver Nachforschung konnte im Folgejahr Legionella pneumophila als Erreger identifiziert werden. Die Bakterien hatten sich in der Klimaanlage des Hotels angesiedelt und darüber verbreitet. 34 Menschen starben.

Die Zahlen steigen

Im letzten Jahrzehnt hat sich die Zahl der Erkrankungen circa verdoppelt. Im Jahr 2022 gab es in Österreich 305 gemeldete Infektionserkrankungen mit Legionellen, zwölf endeten tödlich. Im Jahr 2024 wurden in der ersten Jahreshälfte 144 Fälle gemeldet. Da normalerweise die meisten Fälle im August und September gemeldet werden, könnte es auch heuer wieder zu einem Anstieg kommen.

Die Erwärmung durch den Klimawandel könnte dabei eine Rolle spielen; Legionellen profitieren von wärmerer und feuchterer Luft und können sich dann entsprechend besser vermehren. Weitere Gründe für den Anstieg werden aktuell von der AGES am Institut für Infektionsepidemiologie untersucht.

Legionellen - AGES 

Meldungen

Im Zuge eines aktuellen Forschungsprojektes wird u. a. eine österreichweite Überwachung von Zecken aufgebaut. Hierbei spielt die österreichische Bevölkerung eine essenzielle Rolle: Sie sind dazu aufgerufen, gefundene Zecken bei AGES-Standorten abgeben. Damit können Sie dazu beitragen, Daten für die verschiedensten Regionen Österreichs zu generieren.

Bisher wurden insgesamt 821 Zecken mikroskopisch analysiert. Die meisten stammen aus dem Nordosten Österreichs. 659 Zecken wurden bisher auf Borrelien untersucht. Davon waren 20,79 % positiv (siehe Abbildungen).

Sollten Sie demnächst in eine der fehlenden („weißen“) Regionen auf Urlaub fahren, denken Sie an das Projekt, und nehmen Sie die eine oder andere Zecke mit, die Ihnen über den Weg läuft. Wichtig: bitte Fundort angeben, da die Zecken sonst nicht verwertet werden können.

Mehr Infos zum Projekt und zum Mitmachen finden Sie unter: Zecken Informationen - AGES

 

Am 25.07.2024 ist der AGES-Jahresbericht 2023 zu Gonokokken veröffentlicht worden. Im Jahr 2023 wurden an der Nationalen Referenzzentrale für Gonokokken 419 Proben von 398 Patient:innen positiv auf Gonokokken getestet. Der Großteil der Stämme stammt aus Abstrichen der Harnröhre. Knapp Dreiviertel der positiv auf N. gonorrhoeae getesteten Proben stammten von Männern. In der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen wurden insgesamt die meisten Gonokokken-Infektionen bestätigt.

Bei der Untersuchung von 403 Isolaten konnten keine Multiresistenzen bzw. extensive Resistenzen gegenüber Antibiotika identifiziert werden. Alle an der Referenzzentrale für Gonokokken getesteten Isolate waren empfindlich gegenüber der bei der Behandlung von Gonorrhoe routinemäßig zum Einsatz kommenden Antibiotika Ceftriaxon und Cefixim. Bei 22,9 % der Isolate zeigte sich eine Resistenz gegenüber Azithromycin, welches ebenso in Kombination zur Behandlung von Gonorrhoe angewandt wird. Gegenüber Ciprofloxacin, Tetrazyklin und Penicillin wurden hohe Resistenzraten verzeichnet.

 

Monitoring von Massenansammlungen: Olympische Spiele

Am 26.07.2024 starten die Olympischen Spiele in Paris. Bei solchen Großveranstaltungen, wie u. a. auch dem Hadsch (die islamische Pilgerfahrt nach Mekka) oder der vergangenen Fußballeuropameisterschaft, wird die Situation u .a. auch von den örtlichen Gesundheitsinstituten in Zusammenarbeit mit ECDC und WHO überwacht. Aufgrund der Zusammenkunft einer großen Anzahl an Personen steigt das Risiko der Übertragung von Infektionskrankheiten. Auch nicht-übertragbare Gesundheitsrisiken, wie beispielsweise durch Hitze, Drogen und Alkohol nehmen während solcher Veranstaltungen zu.

Für die UEFA EURO 2024 wurden keine relevanten Ereignisse in Zusammenhang mit übertragbaren Krankheiten festgestellt (ECDC).

Die WHO, das französische Gesundheitsministerium, Santé Publique France und das ECDC haben gemeinsam Gesundheitstipps für die Zuschauer:innen der Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 in Paris erarbeitet. Die Ratschläge reichen von Impfungen, über sexuelle Gesundheit, Alkoholkonsum, bis hin zum Schutz vor durch Mücken und Zecken übertragene Krankheiten. Angesichts der zu erwartenden heißen Temperaturen enthält der Leitfaden auch Tipps, wie man einem Sonnenstich vorbeugt und genügend Flüssigkeit zu sich nimmt.

Joint public health advice for travellers attending the 2024 Summer Olympic and Paralympic Games (europa.eu)

Mass gatherings and infectious diseases, considerations for public health authorities in the EU/EEA (europa.eu)

Weltweite Impfquoten bei Kindern stagnierten 2023

Eine aktuelle Veröffentlichung von WHO und UNICEF zeigt, dass die weltweite Impfquote für Kinder im Jahr 2023 stagnierte: 2,7 Millionen zusätzliche Kinder wurden nicht oder nur unzureichend geimpft, im Vergleich zu 2019. Über die Hälfte der ungeimpften Kinder lebt in fragilen, konfliktbetroffenen und gefährdeten Ländern, was den Zugang zu Impfungen erschwert. Die Impfquote gegen Masern blieb bei 83 % für die erste Dosis und 74 % für die zweite Dosis, was unter dem Ziel von 95 % liegt. Fast 3 von 4 Säuglingen leben in Ländern, in denen eine niedrige Durchimpfungsrate Masernausbrüche verursacht. Der Anteil der Mädchen, die mindestens eine Dosis des HPV-Impfstoffs erhielten, stieg weltweit von 20 % im Jahr 2022 auf 27 % im Jahr 2023, bleibt jedoch weit unter dem Ziel von 90 %.

Global childhood immunization levels stalled in 2023, leaving many without life-saving protection (who.int)

Fachbegriff Epidemiologie

Ein durch Zerstäubung entstandenes Gemisch aus feinen Schwebeteilchen und der Luft, das als dynamisches System eine relative Stabilität erreichen kann und über die Atemluft eine aerogene Übertragung ermöglicht. Ein Erreger wird also über die Atemluft aufgenommen. Bei einem infektiösen Aerosol sind die Schwebeteilchen Infektionserreger oder damit kontaminierter Staub. Aerosole können von erkrankten Personen ausgeatmet werden oder auch in der Umwelt entstehen. Wie oben beschrieben bilden sich beispielsweise infektiöse Aerosole mit Legionellen beim Duschen, in Kühltürmen oder Springbrunnen.

Über das Radar

Das AGES-Radar für Infektionskrankheiten erscheint monatlich. Ziel ist es, der interessierten Öffentlichkeit einen raschen Überblick zu aktuellen Infektionskrankheiten in Österreich und der Welt zu geben. Die Krankheiten werden kurz beschrieben, die aktuelle Situation wird geschildert und, wo es sinnvoll und möglich ist, wird das Risiko eingeschätzt. Links führen zu tiefergehenden Informationen. Im "Thema des Monats" wird jeweils ein Aspekt zu Infektionskrankheiten genauer betrachtet.

Wie wird das AGES-Radar für Infektionskrankheiten erstellt?

Wer: Das Radar ist eine Kooperation der AGES-Bereiche „Öffentliche Gesundheit“ und Risikokommunikation.

Was: Ausbrüche und Situationsbewertungen von Infektionskrankheiten:

  • National: Basierend auf Daten aus dem Epidemiologischen Meldesystem (EMS), der Ausbruchsabklärung und regelmäßigen Berichten der AGES und der Referenzlabore
  • International: Basierend auf strukturierter Recherche
  • Thema der Woche (Jahresplanung)
  • Meldungen zu wissenschaftlichen Publikationen und Events

Weitere Quellen:

Akute infektiöse respiratorische Erkrankungen treten in der kalten Jahreszeit vermehrt auf, darunter COVID-19, Influenza und RSV. Diese Erkrankungen werden über verschiedene Systeme beobachtet, wie dem Diagnostischen Influenza Netzwerk Österreich (DINÖ), dem ILI-(Influenza-like-Illness)-Sentinel-System und dem Österreichischen RSV-Netzwerk (ÖRSN). Die Situation in den Krankenhäusern wird über das SARI-(Schwere Akute Respiratorische Erkrankungen)-Dashboard erfasst.

Österreichische Labore schicken SARS-CoV-2-Proben zur Sequenzierung an die AGES. Die Ergebnisse der Sequenzierung werden regelmäßig auf der AGES-Website veröffentlicht. 

Für die internationalen Berichte werden Gesundheitsorganisationen (WHO, ECDC, CDC, …) Fachmedien, internationale Presse, Newsletter und Social Media routenmäßig beobachtet.

Für Infektionserkrankungen in Österreich erfolgt die Einschätzung der Situation durch die Expert:innen der AGES, ebenso für internationale Ausbrüche, für die keine Einschätzung von WHO oder ECDC vorliegen.

Disclaimer: Die Themen werden nach redaktionellen Kriterien ausgewählt, es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Anregungen und Fragen an: wima@ages.at

Da die Antwort auf Anfragen ebenfalls zwischen allen Beteiligten (Wissensmanagement, INFE, Risikokommunikation) abgestimmt wird, bitten wir um etwas Geduld. Eine Antwort erfolgt innerhalb einer Woche.

Das nächste AGES-Radar erscheint am 29.08.2024.

Aktualisiert: 25.07.2024