Gelsen-Arten und Lebensformen

In Österreich sind ca. 53 Gelsen-Arten aus 7 verschiedenen Gattungen nachgewiesen. Sie unterscheiden sich nicht nur in ihrem Aussehen und ihrer Genetik, sondern bewohnen auch unterschiedliche Lebensräume, bevorzugen unterschiedlichen Brutgewässer und unterscheiden sich auch bezüglich ihres Verhaltens, z. B. bei ihren Wirtspräferenzen: Bei manchen Arten stechen die Weibchen am liebsten Säugetiere, bei anderen lieber Vögel oder Amphibien. Trotz dieser Unterschiede kann man die bei uns vorkommenden Gelsen in wenige Lebensformtypen einteilen. Die Kenntnis dieser Lebensformtypen ist gerade deshalb wesentlich, weil man damit die jeweiligen Verhaltensweisen einfacher verstehen kann. Dadurch kann man leichter eigene Strategien finden, wie man sich vor ihnen am besten schützen kann und wie man womöglich auch verhindert, dass sie sich unkontrolliert vermehren.

Überschwemmungs-Gelsen

Die Gruppe der so genannten Überschwemmungs-Gelsen (Vertreter der Gattung Aedes, z. B.: Aedes vexans, Aedes sticticus) legt ihre Brut hauptsächlich in ausgetrocknetes Terrain von Überschwemmungsgebieten, wo die Gelege dann lange Zeit  - auch mehrere Jahre - auf Wasser warten können. Nach einem Hochwasserereignis kommt es dann zu einer explosionsartigen und massenhaften Entwicklung dieser Gelsen. Durch eigene Kraft wandern diese Gelsen nicht weit von den Brutstätten weg, jedoch können sie durch starken Wind passiv verdriftet werden und so auch in entfernte Siedlungen gelangen, wo sie dann kurzfristig nicht nur in der Dämmerung, sondern auch tagsüber eine Plage sind. Jedoch dringen Überschwemmungs-Gelsen nur sehr selten in Gebäude ein. Als adulte fliegende Gelsen leben sie nur relativ kurz und es überwintern nur die robusten Eigelege.

Haus-Gelsen

Ganz anders hingegen die Biologie der so genannten Haus-Gelsen (Vertreter aus den Gattungen Culex und Culiseta, z. B. Culex pipiens, Culex torrentium, Culiseta annulata): Die Weibchen überleben den Winter in der Natur in hohlen Bäumen und Erdlöchern; im Siedlungsbereich dringen sie dazu etwa in Häuser ein, um in Kellern oder in frostfreien Räumen zu überwintern. Sie sind es auch, die im Spätsommer und im Herbst das Einschlafen stören. Im darauf folgenden Frühjahr suchen die überwinterten Gelsen-Weibchen zum Ablegen der Eier kleine Wasseransammlungen in der Nähe des Winterschlafplatzes auf. Als Brutgewässer dienen ihnen dabei Regentonnen, wassergefüllte Altreifen, Vogeltränken etc., aber auch die Uferbereiche von Teichen und stehenden Wassergräben. Ein Weibchen legt etwa 150-250 Eier als Paket auf die Wasseroberfläche, aus denen sich dann  - abhängig von den klimatischen Bedingungen - mehrere Generationen pro Jahr entwickeln können. In Siedlungsgebieten sind Haus-Gelsen die häufigsten Arten und dringen auch in Häuser ein. Man kann Sie jedoch leicht reduzieren, indem man mögliche Brutgewässer vermeidet, z. B. Regentonnen zudecken, Wasser in Vogeltränken regelmäßig erneuern, Wasseransammlungen in Blumentopfuntersetzern, Kübeln, Spielzeug oder Werkzeug verhindern oder regelmäßig entleeren. Dies ist auch wichtig, da Vertreter der Haus-Gelsen (v. a. Culex pipiens) auch das West Nil Virus  übertragen können.

Fieber-Gelsen oder Malaria-Mücken

Vom Lebensformtyp relativ ähnlich wie die Hausgelsen sind die nachtaktiven "Fieber-Gelsen" oder "Malaria-Mücken" (Gattung Anopheles). Man findet sie zwar auch in menschlichen Bauten, aber sie bevorzugen eher feuchte Räume und Tierställe,  die sie nicht nur zum überwintern nutzen können, sondern auch schon während der Sommermonate tagsüber als Ruheplatz. Als Wirtstier bevorzugen die Weibchen dieser Art vor allem große Säugetiere wie Rinder, sie stechen aber auch Menschen. Ihren Namen verdanken sie der Tatsache, dass die Fieber-Gelsen - auch in unseren Breiten - Blutplasmodien (Malariaerreger) übertragen können. Dazu muss eine Fieber-Gelse an einem bereits an Malaria erkranktem Menschen über dessen Blut die entsprechenden Stadien der Erreger aufnehmen. Wenn sich der Erreger-Zyklus in dieser Mücke durch eine längere witterungsabhängige Wärmeperiode vollständig entwickeln kann und sie dann wieder einen Menschen sticht, ist auch hierzulande theoretisch eine Malariainfektion möglich (wenn auch sehr unwahrscheinlich). Die Anopheles-Arten legen ihre Eier im Uferbereich auf die Wasseroberfläche an vorzugsweise saubere und vegetationsreiche natürliche Gewässer. Sie können auch als Ei- oder Larvenstadien überwintern und sie bilden fallweise auch im Freiland große Bestände aus; oft als verspätete zweite "Plage-Welle" hinter den Überschwemmungs-Gelsen nach Hochwasserereignissen.

Baumhöhlenbrüter

Baumhöhlenbrüter (hauptsächlich Vertreter der Gattung Aedes, z. B. Aedes geniculatus) legen ihre Eier am Rand von Baumhöhlen oder anderer kleinster Wassermengen ab. Die Eier können hier längere Zeit – auch mehrerer Monate – überdauern. Steigt der Wasserstand, z.B. nach einem Regen, und die Eier werden überflutet, so schlüpfen diese. Im urbanen Raum finden kulturfolgende Vertreter dieser Gruppe viele andere mögliche Brutgewässer – von der Regentonne bis zum Blumentopfuntersetzer – und werden deswegen auch „Container-Brüter“ genannt.

Gebietsfremde-Gelsen

In Mitteleuropa kommen in den letzten Jahrzehnten vermehrt auch gebietsfremde Gelsen vor. Diese sind Container-brütende Gelsen-Arten, die ursprünglich aus südlich-tropischen Gegenden oder aus dem Ostasiatischen Raum stammen und meist mittels Güterverkehr in Europa eingeschleppt wurden. Bei passenden klimatischen Bedingungen können sich diese Arten ansiedeln und weiter ausbreiten. Gebietsfremde Arten, die nachweislich zu Veränderungen in der Struktur und Zusammensetzung von Ökosystemen führen, sich nachteilig auf die Ökosystemleistungen, die menschliche Wirtschaft und das Wohlbefinden auswirken, werden auch „Invasive Arten“ genannt. In Österreich wurden bisher die Japanische Buschmücke (Aedes japonicus), die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) und die Koreanische Buschmücke (Aedes koreicus) nachgewiesen. Da besonders die Asiatische Tigermücke auch exotische Krankheitserreger (z. B. Chikungunya , Dengue, Zika) übertragen könnte, ist es wichtig, Vorkommen dieser Art zu melden (über die App „Mosquito-Alert“ ).

Aktualisiert: 01.08.2025