Mittelmeerfruchtfliege

Ceratitis capitata

Steckbrief

Die Mittelmeerfruchtfliege (Ceratitis capitata) ist ein bedeutender nicht heimischer Schaderreger aus der Familie der echten Fruchtfliegen (Tephritidae). Sie kann viele verschiedene Obstkulturen gefährden, wie beispielsweise Pfirsiche und Marillen. Die in den Früchten fressenden Larven (Maden) zerstören das Fruchtfleisch und machen die Früchte ungenießbar.

Aussehen

Die erwachsenen Fliegen sind ca. 4-5 mm groß, gelblich-braun und zeichnen sich durch auffällig gefärbte Flügel (gelbe und schwarze Streifen, Flecken und Punkte) sowie eine auffällige Zeichnung am Rücken des Bruststücks (Thorax) aus. Es besteht allerdings Verwechslungsgefahr mit anderen Fruchtfliegenarten.

Die Larven der Mittelmeerfruchtfliege sind weiß bis cremefarben, im letzten Larvenstadium bis zu 1 cm lang und besitzen einen schwarzen Mundhaken.

Biologie

Nach der Paarung legen die Weibchen die Eier unter die Haut reifender Früchte. Aus den Eiern schlüpfen nach einigen Tagen die Larven, die in den Früchten fressen und sich dort vom ersten bis zum dritten Larvenstadium entwickeln. Anschließend verlassen sie die Früchte und lassen sich zu Boden fallen. Im Boden unter der Wirtspflanze erfolgt die Verpuppung, aus den Puppen schlüpfen die erwachsenen Tiere (Adulte). Bei optimalen Temperaturen (25-30 °C, Laborbedingungen) kann die Mittelmeerfruchtfliege ihren Entwicklungszyklus in etwa drei Wochen abschließen. In ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet durchläuft sie, abhängig von den klimatischen Bedingungen, mehrere Generationen pro Jahr.

Aufgrund der in Österreich vorherrschenden klimatischen Bedingungen benötigen sie hier länger für die Entwicklung, weshalb nur von einer geringen Generationenzahl (ungefähr ein bis zwei Generationen pro Jahr) auszugehen ist. Erwachsene Mittelmeerfruchtfliegen können mehrere Monate alt werden und die Weibchen in dieser Zeit mehrere hundert Eier ablegen. Ob und in welcher Weise die Mittelmeerfruchtfliege die kalte Jahreszeit in unseren Breiten überstehen kann, ist noch nicht geklärt.

Schadsymptome

Bei befallenen Früchten können die punktförmigen Einstichstellen der Eiablage erkannt werden. Die Larvenstadien fressen im Inneren von Früchten, zerstören dabei das Fruchtfleisch und machen die Früchte anfälliger für sekundäre Schaderreger wie z.B. Pilze. Da die Mittelmeerfruchtfliege nur Früchte befällt, kommt es zu keiner Schädigung der anderen Pflanzenteile wie Blätter, Stamm, Äste oder Wurzeln.

Wirtspflanzen

Die Mittelmeerfruchtfliege ist eine sehr polyphage Fruchtfliege mit einem breiten Wirtspflanzenspektrum von über 200 Pflanzenarten. In Europa zählen Zitrusfrüchte (Citrus spp.) und Pfirsich (Prunus persica), sowie eine Vielzahl weiterer Früchte tragender Gewächse (Kultur- und Wildpflanzen) zu den potentiellen Wirtspflanzen. Darunter fallen andere Prunus-Arten wie die Marille (Prunus armeniaca), jedoch auch Birne (Pyrus spp.), Apfel (Malus domestica), Mispel (Mespilus germanica), Kiwi (Actinidia deliciosa) und Mango (Mangifera indica).

In Österreich wurden bisher überwiegend befallene Pfirsiche, sowie in Einzelfällen Marillen und Birnen, an einzelnen Kleingartenstandorten in Wien festgestellt.

Verbreitung

Die Mittelmeerfruchtfliege stammt ursprünglich aus Afrika, wurde jedoch in den vergangenen Jahrzehnten auf allen Kontinenten festgestellt. Die Hauptursache für die Verbreitung liegt in der Verschleppung von befallenen Früchten aus Befallsgebieten durch den weltweiten Handel oder im Gepäck von Reisenden.

In Österreich wurde die Mittelmeerfruchtfliege im vergangenen Jahrhundert immer wieder festgestellt und auch Erhebungen der letzten Jahre zeigten ein wiederholtes Auftreten im Norden und Osten Österreichs. Vor allem in Wien wurden wiederkehrend Adulte gefangen und befallene Früchte in Kleingärten festgestellt, in anderen nördlichen und östlichen Bundesländern wurden nur vereinzelt Mittelmeerfruchtfliegen mit Fallen gefangen.

Ausbreitung und Übertragung

Die Verbreitung der Mittelmeerfruchtfliege kann aktiv oder passiv erfolgen. Die aktive Verbreitung erfolgt durch den Flug der Adulten bis zu 20 km weit, passiv durch Windverfrachtung über noch größere Distanzen. Die wichtigste passive Verbreitung erfolgt durch den Transport von befallenen Früchten (Handelsware, Gepäck von Reisenden).

Wirtschaftliche Bedeutung

Aufgrund geänderter klimatischer Bedingungen (mildere Winter) besteht mittelfristig die Gefahr einer dauerhaften Etablierung der Mittelmeerfruchtfliege in unseren Breiten mit negativen Auswirkungen für den heimischen Obstbau. Dies betrifft einerseits direkte Schädigungen der Früchte, andererseits birgt ein Auftreten die Gefahr potentieller Handelshemmnisse für den Export in befallsfreie Länder.

Vorbeugung und Bekämpfung

  • Zum Feststellen des Auftretens (Monitoring, Vorbeugung): Anbringung geeigneter Fallen mit spezifischen Lockstoffen. Es werden unterschiedliche Fallentypen und Lockstoffe verwendet (z.B. Delta-Fallen, McPhail-Fallen, Fruchtfliegenfallen, etc.). Aufgrund einer möglichen gegenseitigen Beeinflussung dürfen jedoch Lockstoffe für Männchen und Lockstoffe für Weibchen (häufig auf Eiweißbasis) nur mit entsprechendem Abstand zueinander verwendet werden.
  • Mittels höherer Fallenzahlen kann die Population reduziert werden (Massenfang).
  • Im Hobbygarten: Einpacken oder Einnetzen der Früchte, wenn Befall zu befürchten ist, um die Eiablage mechanisch zu verhindern (physische Barriere).
  • Hygiene in der Obstanlage: regelmäßiges Entfernen und schadloses Vernichten von befallenen Früchten. Die eventuell in den Früchten enthaltenen Larven sollten abgetötet werden, beispielsweise durch Einfrieren oder tiefes Vergraben der Früchte. Einfache Kompostierung ohne Behandlung ist nicht ausreichend, da sich die Tiere im Kompost weiterentwickeln können.
  • Aktuell gibt es in Österreich keine gegen diesen Schaderreger zugelassenen Pflanzenschutzmittel (siehe Verzeichnis der in Österreich zugelassenen Pflanzenschutzmittel).

Phytosanitärer Status

Aufgrund des verbreiteten Auftretens in Südeuropa ist die Mittelmeerfruchtfliege in der EU nicht als Quarantäneschaderreger eingestuft. Ein Auftreten ist daher nicht meldepflichtig. Die EPPO listet die Mittelmeerfruchtfliege auf der A2 Liste (= Schaderreger in EPPO Region lokal vertreten; Regulierung empfohlen).

Fachinformation

Abklärung von Befall durch die Mittelmeerfruchtfliege

Zur Abklärung der Schaderregeridentität können Proben (Larven oder Adulte) an uns übermittelt werden (siehe Pflanzengesundheit Services), wobei eine vorherige Kontaktaufnahme erwünscht ist.

Proben können befallene Früchte mit lebenden Larven (in dicht schließenden Gefäßen) sein, welche sehr rasch an uns übermittelt werden sollten. Hier können die Tiere entweder bis zum Schlupf von Adulten weitergezüchtet werden, um eine morphologische Bestimmung zu ermöglichen, oder die Larven werden molekularbiologisch identifiziert. Abgetötete Adulte (aus sich entwickelnden Larven in Früchten oder aus Fallenfängen) können ebenso als Probe übermittelt werden. Hier sollte vor dem Transport auf kühle Lagerung geachtet werden.

Forschung

Wir führen laufend Erhebungen zum Auftreten dieser und anderer wichtiger Fruchtfliegenarten in Österreich durch. Zudem beteiligen wir uns an internationalen Projekten zur Thematik der Fruchtfliegen. Im Rahmen dieser werden unter anderem die Überwinterungsfähigkeiten der Mittelmeerfruchtfliege in Wien getestet, um zu ermitteln, ob und wie diese tropische Art eine Überwinterung in unseren Breiten bewerkstelligen kann. Weiterführende Informationen sind unter EUPHRESCO und FF-IPM zu finden.

Publikationen

Egartner, A., Lethmayer, C., Gottsberger, R., Blümel, S., 2019. Recent records of the Mediterranean fruit fly, Ceratitis capitata (Tephritidae, Diptera) in Austria. IOBC-WPRS Bulletin 146, 143-152.

Lethmayer, C., Egartner, A., 2019. Invasive Fliegen im heimischen Obstbau. Besseres Obst 8, 7-8.

Egartner, A., Lethmayer, C., 2017. Die Mittelmeerfruchtfliege – aktuelle Verbreitung eines „alten“ neuen Schaderregers. Besseres Obst 6, 10-12.

Lethmayer, C., 2011. Gefährliche Fliegen für Äpfel & Co.. Besseres Obst 12, 4-5.

Links

Informationen der EPPO zur Mittelmeerfruchtfliege

EUPHRESCO Netzwerk (siehe Projekt-Acronyme FLYDETECT und FruitFlyRiskManage)

FF-IPM: Fruit Flies In-silico Prevention and Management

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Aktualisiert: 05.12.2024