Stängelälchen

Ditylenchus dipsaci

Steckbrief

Das Stängelälchen Ditylenchus dipsaci ist in vielen Feld- und Gemüsekulturen ein wirtschaftlich bedeutender Schädling mit einem sehr breiten Wirtspflanzenspektrum. Von Bedeutung ist er auch im Obstbau an Erdbeere und im Zierpflanzenbau. Er kommt weltweit in den gemäßigten Klimaregionen vor.  Symptome an befallenen Pflanzen sind vielgestaltig. Ditylenchus dipsaci ist als unionsgeregelter Nicht-Quarantäneschädling gelistet und wird durch bestimmtes Pflanzmaterial übertragen. Das Vorhandensein solcher Schädlinge führt zu nicht hinnehmbaren wirtschaftlichen Folgen hinsichtlich der vorgesehenen Vermarktung des pflanzlichen Materials. Die Einfuhr und die Verbringung innerhalb der EU sind deshalb für spezifisches Saat- und Pflanzgut einheitlich geregelt.

Aussehen

Erwachsene Älchen werden bis zu 1,5 mm lang und erreichen dabei einen Durchmesser von 0,025 mm. Sie sind farblos und durchsichtig. Der geknöpfte Mundstachel ist zart und kurz. Das Schwanzende ist zugespitzt.

Biologie

Diese Nematodenart ist sehr gut an die Lebensweise seiner Wirtspflanze angepasst und kann hier seinen Entwicklungszyklus vollständig durchlaufen. In den Boden begeben sich die Älchen nur noch, um neue Wirtspflanzen aufzusuchen. Stängelälchen behalten ihre wurmförmige Gestalt in beiden Geschlechtern ihr ganzes Leben lang bei. Sie besitzen nur Längsmuskulatur, sodass sie sich schlängelnd fortbewegen.

Wie alle pflanzenfressenden Nematoden besitzen sie am Vorderende einen Mundstachel, der an seinem Hinterende in so genannte Stachelknöpfen vorgewölbt ist, an denen Muskeln ansetzen, die diesen Mundstachel in die Wirtszelle vortreiben. Dies geschieht durch eine rasche Folge von Muskelkontraktionen. Das Hinterende des von einem Längskanal durchzogenen Stachels geht in die Schlundröhre über, sodass angestochene Pflanzenzellen gleichsam wie mit einem Strohhalm ausgesaugt werden. Durch ihren Mundstachel geben sie aber Verdauungsenzyme in ihre Umgebung ab, wodurch die Mittellamellen zwischen den Pflanzenzellen aufgelöst werden. So sind sie imstande, sich durch die zwischen den Zellen entstehenden Hohlräume durchzuzwängen. Im Gegensatz zu ihrem Namen siedeln sie nicht nur in Stängeln, sondern auch in Blättern und sogar in Samen.

Während sie in "reinem" Wurzelwerk fast nicht vorkommen, können sie in verschiedenen wurzelähnlichen Pflanzenteilen wie Rhizomen, Rüben oder Knollen doch gefunden werden. Wenn die Wirtspflanzen erschöpft sind und absterben, werden sie von den Älchen verlassen. Stängelälchen können im 4. Larvenstadium in eine Trockenstarre eintreten, in der sie in der Lage sind, widrige Lebensumstände über Jahrzehnte zu überdauern. So wurden beispielsweise in einem Herbarium befallene Pflanzenteile entdeckt, deren Verursacher noch nach 23 Jahren wieder zum Leben erweckt werden konnten.

Zur Besiedelung einer neuen Wirtspflanze dringen die Älchen an oberirdischen Pflanzenteilen durch Spaltöffnungen in das Innere des Wirtes ein und können nun ihren gesamten Entwicklungszyklus gut geschützt im Inneren durchlaufen. Während einer Lebensdauer von 45-73 Tagen werden insgesamt etwa 200 - 500 Eier abgelegt. Die Eiablage findet bereits bei niedrigen Temperaturen ab 5 °C statt. Die optimale Entwicklungstemperatur liegt bei etwa 16 °C. Die Gesamtentwicklungsdauer bei 15 °C beträgt 19-23 Tage, sodass sich in jeder Saison zahlreiche Generationen entwickeln können.

Diese Nematodenart ist gut an feuchtes, kühles Klima angepasst und kommt bei uns vor allem in schwereren Böden vor. In der heißen Jahreszeit ist die Entwicklungsmöglichkeit eingeschränkt, sodass die stärksten Schäden im Frühjahr und dem Herbst beschrieben wurden. Wenn an einem Feld einmal Schäden zu beobachten waren, so ist dies auch in Zukunft zu befürchten, da der Schädling in der Lage ist, widrige Umstände lange zu überdauern.

Seit langem ist bekannt, dass das Stängelälchen in zahlreichen Rassen vorkommt, welche sich zwar nicht in ihrer Gestalt, wohl aber durch die von ihnen genutzten Wirtspflanzen unterscheiden. So unterscheidet man seit alters her z.B. eine Rübenrasse (Rübenkopfälchen), eine Zwiebelrasse, eine Roggenrasse, eine Ackerbohnenrasse usw.

Schadsymptome

Eine eng gestellte Fruchtfolge mit Hauptwirtspflanzen und nasskalter Witterung im Frühjahr fördern einen Befall der Pflanzen mit dem Stängelälchen. Die Symptome an Pflanzen am Feld zeigen sich als Herde oder Nester über das Feld verteilt. An den Pflanzen selbst variieren Symptome je nach befallener Pflanzenart. Allgemein können bei befallenen Pflanzenteilen Anschwellungen, Verdickungen beobachtet werden. Es können sich Wachstumshemmungen, Wellungen, Kräuselungen, Krümmungen und Verdrehungen von Blättern und Stängeln sowie Austreiben von Seitenknospen und übermäßige Bestockung bei verschiedenen Pflanzenarten vorkommen. Nekrosen und Fäulnis der Stängelbasis, von Zwiebeln, Knollen oder auch bei Rhizomen können während der Vegetationsperiode ebenfalls auftreten. Fäulnis von befallenen Zwiebeln oder Knollen kann während der Kühllagerung verstärkt werden. 

Bei Zwiebel zeigen sich verdrehte und verformte Stängel. Der Stängelansatz ist verdickt, die Blätter bleiben klein. Die Zwiebeln selbst werden weich und beginnen mit der Zeit zu verfaulen, bei Kühllagerung verstärkt sich die Fäulnis. Bei Karotten führt ein Befall zu einer Kopffäule. Bei Sellerie kommt es zum Austreiben von Seitenknospen, Bildung von verformten und deformierten Stängeln, Rissen in der Knolle. Das Stängelälchen fördert auch den Sekundärbefall mit pilzlichen Schaderregern wie z. Bsp. Fusarium.

Bei Zuckerrüben entstehen im Sommer zunächst oberflächliche weiße Pusteln auf dem Rübenkörper, später entstehen innere Nekrosen im Rübenkopf, diese gehen oft in Fäulnis über (Rübenkopffäule), während die Rübe äußerlich fast unversehrt erscheint.

Wirtspflanzen

Das Stängelälchen hat etwa 400 verschiedene Wirtspflanzenarten und kann sich an vielen Kulturpflanzen entwickeln und Schäden verursachen, wie Zuckerrüben und Futterrüben, Zwiebeln, Lauch, Knoblauch Schnittlauch, Roggen, Mais, Klee, Luzerne, Sellerie, Karotten, Ackerbohne, Gartenbohnen, Erbse, Raps, Sojabohnen,… verschiedensten Blumenzwiebeln sowie an zahlreichen Wildpflanzen. Unter diesen sind insbesondere Taubnessel-Arten, Vogelmiere, Knötericharten und Klettenlabkraut gute Wirtspflanzen.

Verbreitung

Das Stängelälchen ist weltweit in den gemäßigten Zonen verbreitet und auch bei uns heimisch.

Ausbreitung und Übertragung

Die Stängelälchen können im Boden aktiv im dichten Pflanzenbestand von Pflanze zu Pflanze wandern. Passiv können sie durch anhaftende Boden- und Pflanzenteile an Geräten, die bei der Bearbeitung von Feldern (Traktorreifen, Erntegeräte,…) verwendet werden, sowie an Fußbekleidung verbreitet werden. Die natürliche Ausbreitung im Erdboden geht nur sehr langsam vor sich und ist an größere Bodenfeuchtigkeit gebunden.

Wirtschaftliche Bedeutung

Stängelnematoden zählen zu den bedeutendsten wirtschaftlich schädigenden pflanzenparasitären Nematoden. In der Schweiz sind in extremen Befallsjahren Ertragsausfälle bis zu 90 % an einzelnen Kulturen beschrieben.

Vorbeugung und Bekämpfung

  • Durch Verwendung von zertifiziertem Saatgut wird die Einschleppung auf bisher befallsfreie Flächen verhindert
  • Vermeidung des Vertragens durch verschmutzte Landmaschinen, Traktorreifen, Gummistiefel, .... durch Reinigung der Maschinen auf dem Feld
  • Befallsflächen sind bei Anbau gefährdeter Kulturen langfristig zu meiden
  • Gezielte und wirkungsvolle Unkrautbekämpfung
  • Bei nachgewiesenem Befall mit Stängelnematoden sollte auf den Anbau von Wirtspflanzen möglichst verzichtet werden. Dies gilt vor allem für Zuckerrüben, Karotten, Sellerie, Erbsen, Ackerbohnen, Luzerne, Zwiebeln. Eine Anbaupause von fünf Jahren ist zu empfehlen.
  • Bei nachgewiesenem Befall mit Stängelnematoden sollte auch der Anbau von stark Stängelälchen vermehrenden Kulturen wie Mais, Roggen oder Kartoffeln vermieden werden. Diese Kulturen zeigen keine spezifischen Symptome bei einem Befall tragen aber zu einer starken Vermehrung der Stängelnematoden bei und können dann bei einer nachfolgend anfälligen Kultur wirtschaftliche Schäden verursachen. 
  • Der Anbau von Nichtwirtspflanzen wie z. B. Weizen und Gerste kann empfohlen werden, um Stängelälchen im Boden für eine anfällige Folgekultur zu reduzieren. 
  • Der Anbau von Zwischenfrüchten, wie z. B. Ölrettich oder verschiedenen Gräsern ist günstig.
  • Für manche Wirtspflanzen stehen Sorten mit Resistenz oder Toleranz gegen Stängelälchen zur Verfügung. Wichtig ist die Bezeichnung „resistent“ oder „tolerant“ gegenüber D. dipsaci.

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Aktualisiert: 25.05.2023