Erdraupen

Noctuidae

Steckbrief

Erdraupe ist die umgangssprachliche Bezeichnung für bodenbewohnende Raupen verschiedener Eulenfalter (Noctuidae), von denen einige als Schädlinge an Gemüse- und Feldkulturen vorkommen.

Aussehen

Einige bodenbewohnende Raupen verschiedener Eulenfalter treten als Schädlinge in Erscheinung und sind sich in Aussehen und Schadbild sehr ähnlich: neben der Wintersaateneule (Agrotis segetum) und der Ypsiloneule (Agrotis ipsilon) sind Angehörige der Gattungen Scotia, Euxoa und Noctua zu nennen. Zu den wirtschaftlich bedeutendsten Eulenfaltern Österreichs zählt die Wintersaateneule, auch Saateule genannt. Diese wird im Folgenden stellvertretend für die anderen Arten beschrieben.

Die Falter der Wintersaateneule sind in verschiedenen Brauntönen gefärbt und weisen eine Flügelspannweite von etwa 4 cm auf. Die Vorderflügel sind langgestreckt und besitzen in der Mitte einen grau gefärbten Fleck (Nierenmakel). Typischerweise haben sie in Ruhestellung ihre Vorderflügel dachförmig über die heller gefärbten Hinterflügel zusammengelegt.

Die Raupen zeigen eine graubraune Grundfarbe und weisen hellbraune Rückenstreifen auf. Sie besitzen in der Jugend zwei, später vier Bauchbeinpaare. Die Raupen erreichen eine Länge von etwa 4 cm.

Die etwa 0,5 mm großen kugeligen Eier werden einzeln abgelegt und sind zunächst gelblich, später bräunlich gefärbt.

Die Puppe ist etwa 2 cm lang, 5 mm dick und kann nur durch Expertinnen oder Experten von anderen, ebenfalls in Erdkokons befindlichen Schmetterlingspuppen unterschieden werden.

Biologie

Nach der Überwinterung als Raupe im Erdboden erscheinen die Erdraupen im Frühjahr an der Oberfläche, sobald die Bodentemperatur 10 °C überschreitet. Sie fressen jedoch nichts mehr, sondern bauen in geringer Bodentiefe einen Erdkokon, in dem die Verwandlung zur Puppe stattfindet. Daraus schlüpfen Ende Mai/Anfang Juni die fertigen Eulenfalter. Diese fliegen in dunklen, windstillen Nächten, wenn die Lufttemperaturen in der Dämmerung mindestens 15 °C betragen.

Nach der Paarung werden zahlreiche Eier an verschiedene niederwüchsige Pflanzen abgelegt. Die Raupen fressen zunächst oberirdisch an den Blättern und hinterlassen dabei Fraßlöcher. Jungraupen im zweiten Stadium kommen etwa zur Zeit der Blüte der Winterlinde vor. Ab dem dritten Larvenstadium ändern sie ihre Gewohnheiten: tagsüber halten sie sich im Boden in Pflanzennähe auf und begeben sich erst während der Nachtstunden auf Nahrungssuche. Dabei werden oftmals jüngere Pflanzen abgebissen.

Nach Regen oder künstlicher Bewässerung sind die Raupen aber auch tagsüber auf der Erdoberfläche zu finden. Ältere Larven fressen sehr viel, sie wandern von bereits vernichteten zu ungeschädigten Pflanzen. Nach drei bis vier Wochen Fraßdauer verpuppen sich die nun bis zu 4 cm langen Raupen in einer kleinen Erdhöhle, die mit Spinnseide ausgekleidet ist (Erdkokon). Nach einer kurzen Puppenruhe schlüpfen noch im August die Nachtfalter. Die sich aus dieser Faltergeneration entwickelnden Raupen überwintern in nahezu ausgewachsenem Zustand im Boden.

Schadsymptome

Die Raupen fressen an Wurzeln, Rhizomen, Stängeln und Blättern zahlreicher Kulturpflanzen. Besonders charakteristisch sind knapp über dem Erdboden abgebissene Jungpflanzen. Der Rest der Pflanze liegt wie gefällt neben dem Stumpf.

Bei Wurzelgemüse entstehen grubenförmige Fraßstellen.

Wirtspflanzen

Während die Wintersaateneule hauptsächlich an Spätsommer angebauten bzw. gepflanzten Feld und Gemüsekulturen vorkommt, befällt die Ypsiloneule vor allem Gemüsekulturen im Frühsommer.

Befallen werden neben vielen Blütenpflanzen (Astern, Nelken, Chrysanthemen, …) hauptsächlich Gemüsepflanzen (Salat, Bohnen, Erbsen, Spinat, Paprika, Kohl, Schwarzwurzeln, Sellerie, Rettich, Zwiebeln, Spargel) und Feldkulturen (Kartoffeln, Mais, Wintergetreide, Winterraps, …).

Die Raupen der Hausmutter (Noctua pronuba) hingegen nagen im Frühjahr die jungen Knospen von Rebstöcken an.

Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet der Wintersaateneule erstreckt sich von Afrika über Europa und bis nach Asien. Die Ypsiloneule hingegen ist weltweit verbreitet.

Ausbreitung und Übertragung

Wintersaateneulen fliegen gut und können auch größere Strecken zurücklegen, um einen geeigneten Lebensraum aufzusuchen. Massenvermehrungen sind jahresweise vor allem im Trockengebiet zu beobachten. Nach Praxiserfahrung ist nur dann mit starken Schäden zu rechnen, wenn zur Zeit der Eiablage und der Larvenentwicklung trockenwarmes Wetter herrscht.

Wirtschaftliche Bedeutung

Während bei der Wintersaateneule die erste Raupengeneration im Frühsommer nur schwach ausgeprägt ist, tritt die zweite Generation im Spätsommer an nahezu allen Kulturen auf und kann sehr starke Schäden verursachen. Bei Massenauftreten können Erdraupen nicht nur bedeutende Qualitätsminderungen durch Loch- und Höhlungsfraß, sondern auch erhebliche quantitative Ertragseinbußen bei beispielsweise auflaufenden Kulturen, verursachen.

Vorbeugung und Bekämpfung

  • Schutz und Förderung der Lebensräume natürlicher Feinde wie Vögel, Igel, Kröten, Maulwürfe, Spitzmäuse, aber auch räuberische Laufkäfer, parasitische Raupenfliegen und Schlupfwespen (Eutanyacra picta).
  • Erdraupen werden mitunter auch von insektenpathogenen Viren und Mikrosporidien (Sporentierchen) befallen, welche die Vitalität der Raupen herabsetzen.
  • Hühner im Kleingarten dezimieren Erdraupen – Verträglichkeit mit der Kulturpflanze ist aber unbedingt zu beachten.
  • Eine künstliche Bewässerung dezimiert die Junglarven.
  • Eine intensive Bodenbearbeitung stört den Entwicklungszyklus der Erdraupen.
  • Durch eine gründliche Beikrautregulierung kann die Eiablage vermindert werden.
  • Der Einsatz von Bacillus thringiensis (Ssp. aizawai) Präparaten ist nur gegen Junglarven sinnvoll. Meist wird allerdings der Befall erst bemerkt, wenn die Larven bereits groß sind.
  • Der Einsatz von entomopathogenen Nematoden (Steinernema carpocapsae) ist möglich.
  • Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (siehe Verzeichnis der in Österreich zugelassenen Pflanzenschutzmittel) sollte am besten gegen die Junglarven und abends erfolgen.

Fachinformation

Weiterführende Literatur

Bionet-Broschüre: Eulenraupen - Eulenfalter, Lukas Weninger, Roswitha Six (FiBL Österreich)

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Aktualisiert: 24.06.2022