Yersinien

Yersinia enterocolitica, Yersinia pseudotuberculosis

Steckbrief

Die Yersiniose ist eine lebensmittelbedingte Infektionskrankheit die vor allem von Bakterien der Spezies Yersinia (Y.) enterocolitica und seltener Y. pseudotuberculosis verursacht wird.

Vorkommen

Die enterale Yersiniose kommt weltweit vor und stellt in der EU die dritthäufigste bakterielle Zoonose dar. Y. enterocolitica ist in der Umwelt und der Tierpopulation, in erster Linie bei Schweinen, seltener bei Milchkühen verbreitet. Zu finden ist Y. enterocolitica auch bei Wildtieren. Y. pseudotuberculosis kann hauptsächlich in der Umwelt gefunden werden. Ähnlich wie Listerien, kann sich auch Y. enterocolitica auf kontaminierten Speisen im Kühlschrank vermehren.

Erregerreservoir

Tiere, vor allem Schweine und in geringerem Umfang Milchkühe

Infektionsweg

Yersiniose wird meist fäkal-oral durch den Verzehr von kontaminierten Nahrungsmitteln und Wasser verursacht, vor allem durch rohes oder medium-gekochtes Schweinefleisch und rohe oder nicht entsprechend erhitzte Milchprodukte. Die Bakterien können sich auch bei 4 °C (z. B. Kühlschrank) vermehren. Bei größeren lebensmittelbedingten Y. pseudotuberculosis- Ausbrüchen in der EU wurden kontaminiertes Gemüse (Bohnensprossen, Tofu), Wasser und Milch als Infektionsvehikel bestätigt. Ebenfalls kann es durch kontaminierte Blutkonserven zur Übertragung kommen. Eine direkte Übertragung von infektiösen Tieren und Menschen erfolgt selten.

Inkubationszeit

3 bis 7 Tage

Symptomatik

Bei Kindern äußert sich die Erkrankung meist mit gastrointestinalen Symptomen, wohingegen Erwachsene Zeichen einer Blinddarmentzündung zeigen können (Pseudo-Appendicitis). Die klassischen Symptome sind Durchfall, Fieber und starke Bauchschmerzen (unbehandelt für eine Dauer von 1-3 Wochen). Der Durchfall kann wässrig aber auch blutig sein; nach einigen Tagen können auch Gelenksschmerzen, Gelenksentzündung und Hautveränderungen auftreten. In seltenen Fällen kann sich das sogenannte Reiter-Syndrom (Arthritis, Urethritis, Konjunktivitis) entwickeln.

Bei Schweinen, die als Hauptreservoir für Y. enterocolitica gelten, ist in Einzelfällen das Auftreten blutiger Durchfälle möglich, bei Jungtieren finden sich Gelenks- und Lungenentzündungen. Meist jedoch bleiben Infektionen asymptomatisch und von der Tierhalterin oder vom Tierhalter unbemerkt.

Therapie

Infektionen mit Yersinien sind üblicherweise selbstlimitierend, daher sind symptomatische Behandlungen zur Erhaltung des Wasser- und Elektrolythaushaltes ausreichend. Schwere Verlaufsformen rechtfertigen den Einsatz einer Antibiotikatherapie.

Vorbeugung

Hygiene beim Schlachten von Schweinen; meiden von rohem Schweinefleisch und rohen Schweinefleischprodukten sowie von Rohmilch

Situation in Österreich

Mensch

Im Jahr 2024 wurden 225  Yersinia spp.-Erstisolate an die Nationale Referenzzentrale für Yersinien eingesandt. Davon erwiesen sich 98 Isolate als pathogen, von denen wurden 96 als  Y. enterocolitica, die restlichen zwei als  Y. pseudotuberculosis identifiziert. Die Inzidenz der durch die Referenzzentrale kulturell bestätigten Yersiniosen lag im Jahr 2024 bei 1,1 pro 100.000 EinwohnerInnen.  In das Epidemiologische Meldesystem (EMS) wurden 90 Fälle gemeldet (Stand 31.01.2025).

Fälle von pathogener Yersiniose in Österreich

Fachinformation Humanmedizin

Yersinien sind fakultativ anaerobe (also auch bei Fehlen von Sauerstoff wachsende), pleomorphe, Gram-negative (in der sogenannten Gram-Färbung rot gefärbte) Stäbchen, die zur Familie der Enterobacteriaceae gehören. Als psychrophile (= kälteliebende) Keime können sie bei Temperaturen zwischen 4 °C und 42 °C angezüchtet werden. Sie kommen häufig in den gemäßigten Klimazonen vor.

Zur Gattung Yersinia gehören 14 Spezies, wobei enteropathogene Yersinien (Y. enterocolitica und Y. pseudotuberculosis) als obligat pathogene Krankheitserreger von humanmedizinischer Bedeutung sind.

2024 ergab die Typisierung der 96 Y. enterocolitica-Isolate im nationalen Referenzzentrum für Yersiniose 77 x Bioserovar 4/O:3 (80 %),18 x Bioserovar 2/O:9 (19 %) und einmal Bioserovar 3/O:3 (1%). Die Erkrankung trat in den letzten Jahren in der Altersgruppe 0 bis 14 Jahre am häufigsten auf.

Diagnostik

Eine rein symptomatische Diagnostik ist alleine anhand des klinischen Bildes sehr schwer möglich. Anzüchtung der Keime aus dem Stuhl ist das Mittel der Wahl, auch um Sero- und Biotypen zu bestimmen. Weiteres können auch Blut, Liquor, Punktate, Lymphknotenaspirat oder Peritonealflüssigkeit verwendet werden. Die Keime können bei nicht behandelten Patienten auch nach Sistieren der klinischen Symptome noch für Wochen mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Auch molekularbiologische Methoden wie PCR-Untersuchungen stehen für den Erregernachweis zur Verfügung.

Symptomatik

Die verursachten Infektionen – sogenannte Yersiniosen – zeigen ein breites Spektrum an Symptomen.

Bei Säuglingen und Kleinkindern tritt meistens eine selbstlimitierende, akute Gastroenteritis mit Erbrechen, wässrigen bis blutigen Durchfällen und Fieber auf. Die Erkrankung kann ein bis zwei Wochen dauern.

Bei Schulkindern und Jugendlichen verlaufen die Infektionen meist in Form einer akuten mesenterialen Lymphadenitis (entzündliche Schwellung von Bauchraum-Lymphknoten) mit abdominalen Schmerzen. Das klinische Bild kann einer Appendizitis (= Blinddarm-Entzündung) ähneln ("Pseudoappendizitis").

Bei Erwachsenen kommen unterschiedliche klinische Formen vor, wie grippale Infekte mit Pharyngitis (= Rachenentzündung), Myalgie (= Muskelschmerzen) und Fieber, oder eine Ileokolitis (= Entzündung des Dick- und Teilen des Dünndarms) mit Beteiligung der mesenterialen Lymphknoten ("Pseudocrohn").

Yersiniosen können mit Begleit- oder Folgeerscheinungen assoziiert sein: reaktive Arthritis, Erythema nodosum (= akute Entzündung des Unterhautfettgewebes), Arthralgie (= Gelenksschmerzen) oder Myalgie (= Muskelschmerzen). Y. enterocolitica führt eher zu einem gastro-enteritischen Krankheitsbild, Y. pseudotuberculosis häufiger zu einer Pseudoappendizitis.  

Kontakt

Stefanie Klatovsky, MSc

Dr. Christian Kornschober

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Aktualisiert: 01.08.2025