Gesundheit für Mensch, Tier & Pflanze

Epidemiologische Grenzwerte zu Antibiotika-Resistenzen in Nicht-O1/nicht-O139-Cholera Vibrionen

Auf Basis des bakteriellen Wachstums wurden epidemiologische Grenzwerte für die Empfindlichkeit der Bakterien gegenüber 19 verschiedenen Antibiotika festgelegt.

Im Dezember 2023 wurde im Rahmen einer länderübergreifenden wissenschaftlichen Kooperation die Studie “Epidemiological cut-off values for non-O1/non-O139 Vibrio cholerae disc diffusion data generated by standardised methods” veröffentlicht. Die AGES war an diesem Projekt durch Florian Heger und Sonja Pleininger (Bereich Öffentliche Gesundheit, Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene) beteiligt.

Gemeinsam mit Wissenschaftler:innen der Medizinischen Universität Wien und Universität Krems, aus Irland, Frankreich und Deutschland, untersuchten sie das Wachstum von Nicht-O1/nicht-O139-Vibrio cholerae Bakterien unter dem Einfluss von unterschiedlichen Antibiotika.

Auf Basis des bakteriellen Wachstums wurden epidemiologische Grenzwerte (Epidemiological Cut-Off values: ECOFFs) für die Empfindlichkeit der Bakterien gegenüber 19 verschiedenen Antibiotika festgelegt. Diese Werte werden in weiterer Folge an das Institut für klinische Laborstandards (Clinical Laboratory Standards Institute - CSLI) und das Europäische Komitee für Antimikrobielle Empfänglichkeitstests (European Committee for Antimicrobial Susceptibility Testing – EUCAST - übermittelt. Die gewonnenen Daten dienen als Grundlage für weitere Studien, damit diese gezielte Aussagen hinsichtlich des klinischen Therapieerfolgs von Antibiotika bei Infektionen mit Nicht-Cholera-Vibrionen treffen können.

Nicht-Cholera-Vibrionen

Vibrio cholerae sind gram-negative Bakterien aus der Gruppe der Vibrionen, die natürlich in Salz- und Süßwasser vorkommen. Die Serotypen O1 und O139 produzieren Toxine und können somit beim Menschen Cholera auslösen. Nicht-O1/nicht-O139-Serotypen produzieren kein Choleratoxin, und verursachen somit auch keine Cholera, können allerdings zu anderen Infektionsbildern (Wundinfektionen, Ohrenentzündungen, u.a.) führen.

Antibiotikaresistenzen

Bakterien können Resistenzen gegenüber Antibiotika entwickeln, wodurch sie weniger empfindlich gegenüber diesen Substanzen werden. Ausgeprägte Resistenzen führen dazu, dass Antibiotika gegen bakterielle Infektionen nicht mehr oder nur noch begrenzt eingesetzt werden können. Bisher konnte man sich bei der Austestung von Antibiotika gegen Nicht-O1/nicht-O139-Vibrio cholerae lediglich an nicht-speziesspezifischen Grenzwerten orientieren.

Das Ziel der vorliegenden Studie war daher die Ermittlung speziesspezifischer epidemiologischer Grenzwerte (ECOFFs) für Nicht‑O1/nicht‑O139‑Vibrio cholerae Stämme.

ECOFFs treffen zwar noch keine Aussage über die Wirksamkeit von Antibiotika in der klinischen Behandlung von Infektionen, schaffen aber viel mehr die grundlegende Möglichkeit, resistente Stämme von sogenannten Wildtyp-Stämmen (d.h. ohne erworbene Resistenzen) zu unterscheiden.

Agardiffusionstests und epidemiologische Grenzwerte

Um diese ECOFFs zu erstellen, kamen Agardiffusionstests zum Einsatz. Bei Agardiffusionstests beobachtet man das Wachstum von Bakterien in Gegenwart von Antibiotika-getränkten Filterpapierplättchen. Wenn keine Resistenz vorliegt, bildet sich rund um das antibiotische Plättchen eine Zone, in der kein Wachstum stattfindet. Anhand der Größe dieser wachstumsfreien Zone um das Antibiotikaplättchen herum, dem sogenannten Hemmhof, lässt sich der Grenzwert bestimmen.

In der vorliegenden Studie wurden 147 Nicht‑O1/nicht‑O139‑Vibrio cholerae Isolate aus Gewässern aus Frankreich und Österreich herangezogen und 19 verschiedene Antibiotika getestet. Vier europäische Labore, in Frankreich, Deutschland und Österreich, u.a. auch das Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene der AGES, führten die entsprechenden Agardiffusionstests und Messungen der Hemmhöfe durch.

Aus den zusammengeführten Daten aller Labore wurden schließlich ECOFFs für die 19 getesteten Antibiotika berechnet. Diese minimalen Zonengrößen dienen als epidemiologische Grenzwerte: alles, was kleiner ist als diese Zonengröße, deutet auf eine Resistenz bei der getesteten Substanz hin.

Ausblick

Diese ermittelten ECOFFs werden an das Institut für klinische Laborstandards (Clinical Laboratory Standards Institute - CSLI) und das Europäische Komitee für Antimikrobielle Empfänglichkeitstests (European Committee for Antimicrobial Susceptibility Testing – EUCAST – übermittelt. Unter Miteinbeziehung weiterer Daten und Parameter sollen aus den ECOFFs klinische Grenzwerte festgelegt werden, welche dann künftig gezielte Aussagen hinsichtlich des klinischen Therapieerfolg von Antibiotika bei Infektionen mit Nicht-Cholera-Vibrionen ermöglichen.

Die Studie ist abrufbar unter: Epidemiological cut-off values for non-O1/ non-O139 Vibrio cholerae disc diffusion data generated by standardised methods - PubMed (nih.gov)

Aktualisiert: 14.09.2022

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