Amerikanische Faulbrut
Paenibacillus larvae
Steckbrief
Bei der Amerikanischen Faulbrut handelt es sich um eine, durch das Bakterium Paenibacillus larvae hervorgerufene, ansteckende, schwere Erkrankung der Bienenbrut, die im Falle des Auftretens umfangreiche Bekämpfungs- und Sanierungsmaßnahmen erfordert. P. larvae ist in der Vermehrungsform ein rundum begeißeltes Stäbchen, in der Dauerform eine sehr widerstandsfähige Spore, die das infektiöse Stadium des Erregers darstellt und mehr als 40 Jahre ansteckend bleiben kann.
Vorkommen
Die Amerikanische Faulbrut ist auf allen Kontinenten, auf denen die Westliche Honigbiene vorkommt, nachgewiesen und weit verbreitet.
Erregerreservoir
Symptomatische Brut erkrankter Bienenvölker enthält sehr viele Sporen. Bei der Zellreinigung werden die Putzbienen und in der Folge die Oberflächen im Volk, das eingelagerte Futter und die übrigen Bienen kontaminiert. Auch Honig im Handel, insbesondere aus Ländern, in denen die Amerikanische Faulbrut stärker verbreitet ist, kann Sporen von P. larvae enthalten. Da der Erreger nur Bienenlarven befallen kann und für den Menschen ungefährlich ist, kann sporenbelasteter Honig daher ohne Gefahr verzehrt werden.
Infektionsweg
Junge Bienenlarven im Alter von ein bis zwei Tagen können durch Aufnahme von Sporen im Futter infiziert werden. Im Mitteldarm entwickeln sich die Sporen bereits nach 24 Stunden zu stäbchenförmigen Bakterien. Diese vermehren sich dort ein bis vier Tage nach Infektion massenhaft. In der Folge gelingt es ihnen, das Darmepithel an einigen Stellen zu überwinden, indem sie zwischen den Darmepithelzellen oder bei zerstörten Epithelbereichen durchwandern und so in großer Zahl in die Leibeshöhle gelangen. Wenn dies eintritt, stirbt die Larve ab, der Larvenköper wird zu einer fadenziehenden Masse zersetzt und die vegetativen Bakterien bilden sich zu Sporen um. In geringem Ausmaß gibt es bereits in früheren Krankheitsphasen Sporenbildung.
Übertragung im Volk
Im Zuge der normalen Volksaktivität (Putzen, Futteraufnahme, sozialer Futtertausch) können Faulbrutsporen im erkrankten oder auch subklinisch infizierten Bienenvolk übertragen werden. Alle Teile des Bienenvolkes und des Stockes können dadurch mit Sporen verunreinigt werden. Sporen finden sich in erkrankter Brut, in Brutschorfen, auf Waben, im eingelagerten Futterkranz und Honig, im Pollen, auf Bienen (Haarkleid), auf den Beutenoberflächen, im Bienenkot und im Gemülle.
Übertragung von Volk zu Volk
Die Übertragung erfolgt einerseits durch die Bienen selbst durch Räuberei (Honigraub aus schwachen Völkern - auch „stille“ Räuberei) und Verflug von Bienen und Drohnen. Andererseits erfolgt die Übertragung auch durch imkerliche Tätigkeit, wie Wabentausch zwischen erkrankten und gesunden Völkern, Ablegerbildung aus erkrankten Völkern, Verwendung kontaminierter Gerätschaften für verschiedene Völker und Stände, "Ausschlecken lassen" von belasteten honigfeuchten Waben und Entdeckelungswachs sowie Verfüttern von kontaminiertem (z. B. betriebsfremdem oder ausländischem) Honig oder Pollen.
Inkubationszeit
Zwischen Infektion und Krankheitsausbruch (= erste Krankheitsanzeichen sichtbar) vergehen oft Wochen bis Monate, abhängig vom Zustand des Bienenvolks, Infektionsdruck und Bakterien-Genotyp.
Symptomatik
Die Amerikanische Faulbrut führt zum Absterben der Brut mit sowohl unspezifischen Symptomen, wie lückenhaftem Brutnest oder stehengebliebenen verdeckelten Brutzellen, als auch typischen klinischen Symptomen:
- Brutzelle mit eingesunkenem, löchrigem, ev. feucht glänzendem Zelldeckel
- Die Larve in der Brutzelle hat sich zu einer hell- bis dunkelbraunen, fadenziehenden Masse umgewandelt
- Festsitzende, dunkle Schorfe in der unteren Rinne der Brutzelle als eingetrockneter Brutrest
- Eventuell charakteristischer Geruch der schleimigen Masse
Therapie
Die Sanierung der Völker erfolgt in der Regel durch das Kehrschwarmverfahren mit begleitenden, umfangreichen Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen. In seltenen Fällen ist das Abtöten der Völker und Vernichten des Bienenstockes angezeigt. In Österreich ist kein Medikament zur Bekämpfung der Amerikanischen Faulbrut zugelassen.
Vorbeugung
Zur Vorbeugung ist eine konsequente Wabenerneuerung zu empfehlen. Idealerweise verwendet man eigene Werkzeuge für jeden Bienenstand, um keine Krankheitserreger zu verschleppen.
- Regelmäßige Durchführung einer Futterkranz oder Gemülle-Untersuchung zur Früherkennung einer möglichen Sporen-Belastung; bei Sporennachweis Meldung erstatten und Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen ergreifen, um den Krankheitsausbruch zu verhindern
- Keine fremden Völker, Waben und Gerätschaften ungeprüft auf den Stand bringen
- Völker nur nach einer Futterkranzuntersuchung mit negativem Ergebnis und Brutkontrolle am Herkunftsstand kaufen
- Gebraucht gekaufte Beuten und Gerätschaften vor Benützung desinfizieren
- Keinen fremden Honig oder Pollen verfüttern
- Bienenstände nicht in der Nähe von Gefahrenquellen (verwahrloste Bienenstände, Auslandshonig verarbeitende Betriebe, Mülldeponien) aufstellen
- Fremde Schwärme in der Schwarmkiste hungern lassen, bis die ersten Bienen herunterfallen, damit Futtervorrat in der Honigblase aufgebraucht wird
Situation in Österreich
In Österreich tritt Amerikanische Faulbrut verbreitet auf, wobei die Zahl der gemeldeten Krankheitsausbrüche von Jahr zu Jahr stark variiert. Die Genotypen ERIC I und ERIC II kommen vor.
Amerikanische Faulbrut, Neuausbrüche
Fachinformation
Unbetreute, verwahrloste Bienenstände können eine mögliche Quelle für eine Ausbreitung von Amerikanischer Faulbrut darstellen. Solche Stände bzw. für Bienen frei zugänglich gelagertes Wabenmaterial werden oft erst bei der amtlichen Kontrolle des 3-km-Sperrkreises entdeckt.
Genotypen
Es gibt unterschiedliche Stämme bzw. Genotypen von P. larvae, die sich hinsichtlich ihrer Virulenz unterscheiden, was auch die Symptomatik und die Entdeckung durch Imkerinnen und Imker oder Bienensachverständige beeinflusst. In Forschungsprojekten wurden bisher zwei der fünf bekannten ERIC-Genotypen in Österreich nachgewiesen.
Bei Vorliegen des Genotyps ERIC I erreichen die erkrankten Larven zu einem wesentlichen Teil die Verdeckelung und sterben erst danach ab, wodurch es zu einer massenhaften Ausbildung von Sporen kommt. Typische Anzeichen sind verdeckelte Zellen mit fadenziehenden Massen und stehengebliebene Zellen. Der Krankheitsverlauf im Volk ist üblicherweise rasant.
Bei Vorliegen des Genotyps ERIC II sterben kranke Larven zu einem größeren Teil bereits vor der Verdeckelung ab und die Zellen mit abgestorbener Brut werden von den Bienen ausgeräumt. Dies führt zu einem lückenhaften Brutnest. Da dies ein unspezifisches Symptom ist, das auch durch andere Brutkrankheiten oder Schädigungen verursacht werden kann, besteht die Gefahr, dass die Krankheit längere Zeit nicht erkannt wird. Nur ein geringer Anteil der erkrankten Larven überlebt bis zur Verdeckelung und es kommt in geringerem Maß zur Bildung von verdeckelter Brut mit den typischen Symptomen.
Therapie
Ein Krankheitsausbruch sollte rasch bekämpft werden, um mögliche weitere Erregerverschleppung durch Verflug von Bienen oder auch durch Räuberei zu vermeiden.
Zur Sanierung eines Ausbruches von Amerikanischer Faulbrut ist grundsätzlich das Kehrschwarmverfahren in Kombination mit umfangreichen Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen die Methode der Wahl. Jeder Stand mit erkrankten Völkern ist komplett dem Kehrschwarmverfahren zu unterziehen. Die Sanierung soll so früh wie möglich nach dem Diagnostizieren der Krankheit durchgeführt werden. Möglicher Zeitraum der Sanierung, der auf die jeweiligen Klima- bzw. Witterungsverhältnisse abzustimmen ist: März bis September (Zeit der ersten Erweiterung bis Ende der Einfütterung). Idealerweise werden alle Stände mit erkrankten Völkern innerhalb eines Sperrkreises (Sperrgebiet mit 3-km-Radius) binnen kurzer Zeit saniert.
- Volk abkehren
- Hungerphase mit oder ohne Kellerhaft einplanen
- Kunstschwarm auf Mittelwände setzen
- Ausreichende Flüssigfütterung (regt auch den Putztrieb an)
- Einschmelzen der Waben
- Wachs und Propolisreste von Beuteninnenseite abkratzen oder mittels Dampfstrahler reinigen
- Abwaschen der Geräte (Stockmeißel, Futtergeschirr) und Beuten mit 3 %iger heißer Sodalauge; mit klarem Wasser nachspülen – Achtung, Sodalauge ist ätzend; Schutzkleidung (Brille, Handschuhe) ist daher unbedingt erforderlich
- Abflammen von Stockmeißel und Beuten mit Gasbrenner
- Wabenschrank und Bienenhaus reinigen und ev. abflammen; nicht abflammbare Teile mit Lauge reinigen
Das Kehrschwarmverfahren ist grundsätzlich bei allen Völkern durchführbar. Bei zu geringer Volksstärke der Einzelvölker können auch Sammelkehrschwärme unter Verwendung der besseren Königin gebildet werden. Eine Abtötung erkrankter Völker ist sinnvoll, wenn diese bereits sehr schwach sind oder die Jahreszeit (Überwinterungsperiode zwischen Oktober und März) eine Kehrschwarmbildung nicht erlaubt. Alle Brutwaben sind zu verbrennen, alle anderen Waben (auch alle Vorratswaben) auszuschneiden und einer Wachsverarbeitung mit ausreichender Hitzebehandlung des Wachses zuzuführen. Wenn Amerikanische Faulbrut während einer Massentracht diagnostiziert wird, soll die Zustimmung der Bezirksverwaltungsbehörde zu einem schrittweisen Verfahren eingeholt werden: Die klinisch erkrankten Völker eines Standes unverzüglich abtöten oder auch abkehren (diese Kehrschwärme auf dem Stand aufstellen). Nach Beendigung der Tracht alle Völker des Standes abkehren (Königin eventuell drei Wochen käfigen, damit die Völker nach der Tracht brutfrei sind).
Diagnostik
Jeder Verdacht auf Amerikanische Faulbrut ist bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft, Magistrat) zu melden. Diese wird den Amtstierarzt (ATA) oder einen Sachverständigen beauftragen, die Völker auf klinische Symptome zu kontrollieren. Bei Vorhandensein von Krankheitssymptomen wird empfohlen, eine Brutprobe mit AFB-verdächtiger Brut oder Brut mit unklarer Symptomatik an die amtliche Untersuchungsstelle (Nationales Referenzlaboratorium für Bienengesundheit, AGES) zur Bestätigung oder Abklärung zu senden.
Für Amerikanische Faulbrut wird ein zweistufiges Diagnoseverfahren angewandt: die Begutachtung der Brutwaben nach klinischen Symptomen und das mikrobiologische Kulturverfahren. Weitere Diagnoseverfahren (PCR, ERIC-Typisierung) werden nur im Rahmen von Forschungstätigkeiten durchgeführt.
Probeneinsendung
Brutwabenstück (ca. 15 x 15 cm) oder ganze Wabe mit erkrankter Brut
Kontakt
Leitung
DI Hemma Köglberger
- hemma.koeglberger@ages.at
- +43 50 555 33127
-
1220 Wien
Spargelfeldstraße 191
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Aktualisiert: 16.09.2025