Nitroimidazole

Nitroimidazole

Steckbrief

Beschreibung

Nitroimidazole sind synthetische Antibiotika, die gegen verschiedene Bakterien, insbesondere anareobe und mikroaerobe Arten, und Protozoen wirken. Die bakterizide (abtötende) Wirkung gegenüber Bakterien beruht vorrangig auf der DNA-Schädigung durch reaktive Metaboliten der Nitroimidazole, die durch Reduktion der Nitrogruppe durch bakterielle Enzyme (Nitroreduktasen) entstehen. Entscheidend für die Wirksamkeit ist die Nitrogruppe in Position 5 des Imidazolrings.

Vorkommen

Nitroimidazole wurden bei lebensmittelliefernden Tieren in erster Linie zur Behandlung der von Protozoen verursachten Histomoniasis bei Truthähnen (Schwarzkopfkrankheit), der Kokzidiose bei Geflügel und Trichomoniasis bei Rindern eingesetzt sowie zur Behandlung von hämorrhagischer Enteritis bei Schweinen.

Gesundheitsrisiko

Wegen möglicher genotoxischer und kanzerogener Eigenschaften ist der Einsatz von Nitroimidazolen bei lebensmittelliefernden Tieren in der Europäischen Union verboten.

Damit liegt in der EU bei lebensmittelliefernden Tieren ein Anwendungsverbot für Nitroimidazole sowohl als Arzneimittel als auch als Futtermittelzusatzstoff vor. Es dürfen daher keine Rückstände von Nitroimidazolen und ihrer Metaboliten in Nahrungsmitteln tierischer Herkunft nachgewiesen werden.

Situation in Österreich

Die illegale Anwendung von Nitroimidazolen bei lebensmittelliefernden Tieren wird im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplans (NRKP) überwacht. Kontrolliert werden lebende Tierbestände sowie Tiere anlässlich der Schlachtung sowie Erzeugnisse der tierischen Primärproduktion, so dass die Rückverfolgbarkeit zum Produzenten gewährleistet ist. Da der NRKP dem vorbeugenden Verbraucherschutz dient, erfolgt die Probenahme zielorientiert, indem Kenntnisse über regionale oder örtliche Gegebenheiten berücksichtigt werden und Hinweisen oder einem Verdacht auf unzulässige Tierbehandlungen nachgegangen wird.

Die Abteilung Tierarzneimittel, Hormone und Kontaminanten unseres Instituts für Lebensmittelsicherheit Wien ist mit den Untersuchungen auf illegal eingesetzte Nitroimidazole im Rahmen des NRKP betraut und für diese Substanzen auch Nationales Referenzlabor.

Fachinformation

Wirkungsmechanismus und Nebenwirkungen

Nitroimidazole wirken antibakteriell (obligat anaerobe Bakterien) und antiparasitär (einige Protozoen). Aerobe und fakultativ anaerobe Bakterien (beispielsweise Propionibakterien) sind hingegen resistent. Unter anaeroben Bedingungen werden die Wirkstoffe zu zytotoxischen Metaboliten reduziert, welche kovalent an die DNA binden und diese beschädigen. Die Schäden zeigen sich etwa in einem Verlust der helicalen Struktur, der Beeinträchtigung der Matrizenfunktion oder in Strang-Brüchen der DNA, wodurch die DNA-Synthese gehemmt wird.

Nitroimidazole sind mutagen (im Tierversuch bei Mäusen wurde auch eine karzinogene Wirkung festgestellt), weshalb diese Substanzen für die Anwendung bei lebensmittelliefernden Tieren in der EU auch verboten worden sind.

Untersuchte Matrices

  • Blut
  • Tierische Gewebe (vor allem Muskel)
  • Eier
  • Honig

Untersuchungsstrategie und Untersuchungsverfahren

Das angewendete Analyseverfahren ist Hochdruckflüssigkeitschromatographie (HPLC) gekoppelt mit Tandem-Massenspektrometrie (MS-MS). Gemäß der DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2021/808 DER KOMMISSION ist eine massenspektrometrische Methode für die Bestätigung von verbotenen Substanzen erforderlich.

Gesetzliche Regelung

Nitroimidazole sind in der Europäischen Union schon seit einigen Jahrzehnten verboten:

VERORDNUNG (EWG) Nr. 2377/90 DES RATES vom 26. Juni 1990 zur Schaffung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Höchstmengen für Tierarzneimittelrückstände in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs [nicht mehr in Kraft]

RICHTLINIE 96/23/EG DES RATES vom 29. April 1996 über Kontrollmaßnahmen hinsichtlich bestimmter Stoffe und ihrer Rückstände in lebenden Tieren und tierischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinien 85/358/EWG und 86/469/EWG und der Entscheidungen 89/187/EWG und 91/664/EWG [nicht mehr in Kraft]

VERORDNUNG (EU) Nr. 37/2010 DER KOMMISSION vom 22. Dezember 2009 über pharmakologisch wirksame Stoffe und ihre Einstufung hinsichtlich der Rückstandshöchstmengen in Lebensmitteln tierischen Ursprungs (ABl. EU Nr. L 15 vom 20.1.2010).

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2022/1644 DER KOMMISSION vom 7. Juli 2022 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf spezifische Anforderungen an die Durchführung amtlicher Kontrollen der Verwendung pharmakologisch wirksamer Stoffe, die als Tierarzneimittel oder als Futtermittelzusatzstoffe zugelassen sind, und verbotener oder nicht zugelassener pharmakologisch wirksamer Stoffe und der jeweiligen Rückstände

DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2021/808 DER KOMMISSION vom 22. März 2021 über Leistungskriterien für Analysemethoden für Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe in zur Lebensmittelerzeugung genutzten Tieren und über die Auswertung von Ergebnissen sowie über die für Probenahmen anzuwendenden Methoden und zur Aufhebung der Entscheidungen 2002/657/EG und 98/179/EG

Kontakt

Abteilung Tierarzneimittel, Hormone und Kontaminanten

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Aktualisiert: 10.10.2023