Nuklearer Notfallschutz

Die Sicherheit der friedlichen Nutzung der Kernenergie ist seit Jahrzehnten ein viel diskutiertes Thema. Während Deutschland den Atomenergieausstieg bis zum Jahr 2022 beschlossen hat, werden in anderen Staaten neue Atomkraftwerke geplant. Fest steht jedoch, dass die Folgen eines Unfalles verheerend sein können, wie die Super-GAUs (Größter Anzunehmender Unfall) von Tschernobyl am 26.04.1986 und Fukushima am 11.03.2011 gezeigt haben. Da radioaktive Wolken keine Staatsgrenzen kennen, besteht auch für Österreich eine potenzielle Gefährdung. Es ist deshalb eine gewissenhafte Notfallplanung und Setzung von Maßnahmen unbedingt erforderlich, um bei radiologischen Notstandssituationen die Auswirkung auf die Bevölkerung so gering wie möglich zu halten.

Internationaler nuklearer Notfallschutz

Nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl wurden internationale Vereinbarungen getroffen, die Staaten dazu verpflichten, im Falle einer möglicherweise bevorstehenden Freisetzung von Radioaktivität, die internationale Gemeinschaft zu informieren. Diese Vorwarnzeit ermöglicht betroffenen Staaten schon vor dem Eintreffen von radioaktiv kontaminierten Luftmassen, mit extra dafür entwickelten Ausbreitungssimulationsprogrammen, Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung vorzubereiten und zu treffen.

Nationaler nuklearer Notfallschutz

In Österreich wurden nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl detaillierte Notfallpläne, ein Maßnahmenkatalog und ein Probenahmeplan entwickelt. Der Maßnahmenkatalog behandelt alle Schutzmaßnahmen, die im Falle einer großräumigen Kontamination mit möglichen radiologischen Auswirkungen auf Österreich in Betracht zu ziehen sind. Der Probenahmeplan regelt Organisation und Durchführung von Probenahmen, Probentransport, Messungen und Messdatenübermittlung bei groß- und kleinräumiger radioaktiver Kontamination als Teil des gesamtstaatlichen Notfallplans.
Regelmäßige internationale und nationale Übungen unter Beteiligung des BMK (unter Einbeziehung des BMSGPK), der Bundesländer und uns festigen die notwendigen Kompetenzen für den Notfall und führen zu einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess im Notfallschutz.

Österreichisches Strahlenfrühwarnsystem und Überwachungsnetz

Zur raschen Erkennung und Beurteilung großräumiger radioaktiver Kontaminationen ist in Österreich seit nunmehr über 30 Jahren ein automatisches flächendeckendes Mess-Netz für Gammastrahlung in Betrieb. Es war europaweit das erste automatische Strahlenmesssystem und ist mit über 300 Messstationen eines der weltweit dichtesten Messnetze. Die Messergebnisse werden im 10-Minutentakt automatisch an die Zentralen bei Bund und Ländern übermittelt. Die Daten von 111 Messstationen sind auf der Strahlenschutzwebseite des BMK abrufbar.

Zusätzlich sind zehn Luftmonitore installiert, die automatisch und kontinuierlich die Alpha-, Beta- und Gammastrahlung der Aerosole in der Luft messen. Alle Messwerte aus dem österreichischen Strahlenfrühwarnsystem sind online in den beiden zwecks Ausfallssicherheit parallel laufenden Bundesstrahlenwarnzentralen verfügbar.

Auf der Website des BMK finden Sie ergänzende Informationen zum Strahlenfrühwarnsystem.

Zum zuverlässigen Nachweis neuer Immissionen wird das Strahlenfrühwarnsystem durch unser laborgestützte Überwachungsnetz ergänzt. An den Standorten Wien, Linz, Graz und Innsbruck werden verschiedene Überwachungsaufgaben in den dafür ausgestatteten Strahlenschutz-Labors durchgeführt. Die Hauptaufgabe ist es, bundesweit jederzeit auch geringfügige Erhöhungen der Radioaktivität in Lebensmitteln (Lebensmittelkontrolle) und in diversen Umweltmedien wie Luft, Niederschlag, Boden und Oberflächenwässer sowie in Kläranlagenableitungen festzustellen.

Im Falle einer großräumigen Kontamination können außerdem umgehend weitere Messungen durchgeführt werden. Weiters werden die möglichen Auswirkungen solcher Kontaminationen beurteilt und deren zeitliche Entwicklung beobachtet um eventuell weitere Maßnahmen setzen zu können.

Ein spezielles Überwachungsprogramm mit der Bezeichnung "Beweissicherung Temelín" wird in Zusammenarbeit mit dem Land Oberösterreich durchgeführt. Durch die - seit 1992 - systematische Beprobung diverser Umweltmedien und Lebensmittel wurde eine radioökologische Datenbasis geschaffen, die es ermöglicht, allfällige Immissionen durch den Betrieb des Kernkraftwerks Temelín (CZ) nachzuweisen.

Im Jahr 2016 wurde das Programm als „Beweissicherung Kernkraftwerke“ um sieben grenznahe Probenahmestellen in ganz Österreich erweitert, um einerseits auch in anderen Bundesländern eine Datenbasis zum Nachweis allfälliger Immissionen durch grenznahe Kernkraftwerke aufzubauen sowie andererseits ein jährliches Training für Probenehmerinnen beziehungsweise Probenehmer und Messlabors abseits von größeren Notfallübungen zu gewährleisten.

Die Interventionspläne von Bund und Ländern

Wichtige Instrumente für den Schutz der Bevölkerung bei radioaktiven Unfällen sind der gesamtstaatliche Interventionsplan des Bundes und die Interventionspläne der Länder. Die Notfallpläne auf Bundes- und Landesebene enthalten die konkreten Ablaufpläne für die Umsetzung der geplanten Maßnahmen im Ernstfall.

Das Notfallmanagement von Bund und Länder umfasst folgende Punkte:

  • Beteiligte Organisationen und ihre Zuständigkeiten
  • Ablaufplanung
  • Melde- und Alarmierungswege
  • Bewertung der radiologischen Notstandssituation
  • Interventionsmaßnahmen
  • Information der Bevölkerung
  • Medizinische Hilfeleistung

Nähere Informationen finden Sie auf den Seiten der nuklearen Notfallplanung des BMK.

Unsere Rolle im nuklearen Notfallmanagement zum Schutz der Bevölkerung

Unsere Strahlenschutz-Labore sind darauf vorbereitet, im Ernstfall (z.B. Kernkraftwerksunfall) innerhalb kurzer Zeit große Mengen möglicherweise hochkontaminierter Proben bearbeiten zu können. Die Organisation des Labors während eines nuklearen Notfalls, die Probenlogistik, der Schutz der Mitarbeiter und die Vermeidung von Querkontaminationen stehen dabei im Mittelpunkt und werden regelmäßig trainiert. Die Messergebnisse werden an die zuständigen Stellen weitergeleitet und dienen als Basis für die Information der Bevölkerung und das Ergreifen von Schutzmaßnahmen. Expertinnen und Experten des Geschäftsfeldes Strahlenschutz sind außerdem in der Notfallplanung auf Bundes- und Landesebene eingebunden.

Kontakt

Mag. Dr. Claudia Landstetter

Aktualisiert: 10.10.2023