Antibiotika-Vertriebsmengen in der Veterinärmedizin

Um den Zusammenhang zwischen Antibiotikaresistenzen und –einsatz besser verstehen zu können, sind Daten in guter Qualität unerlässlich. Hersteller, Zulassungsinhaber (Depositeure) und Arzneimittel-Großhändler müssen den Vertrieb von Tierarzneimittel mit antimikrobiellen Substanzen melden. Zusätzlich melden hausapothekenführende Tierärzte:ärztinnen die Antibiotikamengen, die an landwirtschaftliche Betriebe abgegeben werden. Die rechtliche Grundlage für die Erfassung dieser Daten ist die Veterinär-Antibiotika-Mengenströme-Verordnung. Im vorliegenden Bericht werden die Vertriebs- und die Abgabemengen von Antibiotika des Jahres 2022, die in der Veterinärmedizin für Nutztiere zugelassen sind, dargestellt und mit den Vorjahren verglichen. Die Gesamtvertriebsmenge an antimikrobiell wirksamen Substanzen für Nutztiere hat im Vergleich zum Vorjahr um 12,3 % abgenommen und liegt im Jahr 2022 bei 34,26 Tonnen. Die Vertriebsmenge der Antibiotika, die von der WHO als “Antibiotika von allerhöchster Bedeutung für die Humanmedizin” eingestuft sind, hat seit dem Vorjahr um 6 % von 4,64 auf 4,35 Tonnen abgenommen. Diese Wirkstoffgruppen haben über die Jahre einen relativ konstanten Anteil von rund 12 % an der Gesamtmenge. Generell zeigen die Vertriebsmengen der letzten Jahre Schwankungen, welche einerseits mit der Verfügbarkeit einiger Tierarzneispezialitäten zu tun hat und andererseits auf den Auf- und Abbau von Lagerbeständen zurückführbar ist. Die zugrundeliegende Tierpopulation weist über die letzten Jahre nur geringfügige Schwankungen auf, daher sind Änderungen in der Vertriebsmenge nicht auf geringere bzw. höhere Tierzahlen zurückzuführen. Hausapothekenführende Tierärzte:ärztinnen geben im Rahmen ihrer Abgabemeldung die Tierart an, für welche das Antibiotikum abgegeben wurde. Dadurch lassen sich die Abgabemengen antimikrobiell wirksamer Substanzen den Tierarten zuordnen. Um die Abgabemengen der unterschiedlichen Tierarten miteinander vergleichen zu können, müssen diese auf Basis der jeweiligen Tierpopulation normiert werden. Dazu hat die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) einen Normierungsfaktor (die PCU) eingeführt. Die PCU ist ein technisches Maß und bezieht sich auf ein Kilogramm Körpergewicht. Daraus resultieren normierte Werte beim Schwein von 53,3 mg/PCU (-7,3 mg/PCU im Vergleich zum Vorjahr), beim Rind von 16,8 mg/PCU (keine Veränderung zum Vorjahr) und beim Geflügel von 18,7 mg/PCU (-3,3 mg/PCU). Da im Rahmen der Abgabemengenerhebung keine direkt angewandten Antibiotika erfasst werden, sind diese Zahlen mit einer größeren Unsicherheit behaftet.

Einleitung

Die Veterinär-Antibiotika-MengenströmeVO (BGBl. II Nr. 83/2014, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 127/2022) bietet die rechtliche Basis für ein System zur Erfassung des Vetriebs und Verbrauchs von Antibiotika im Veterinärbereich in Österreich. Gemäß §4(2) hat die AGES die Aufgabe einen Bericht über die Auswertung der Daten zu erstellen und über das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zu veröffentlichen.

Im vorliegenden Bericht werden die Vertriebsmengen von Antibiotika, die in den Jahren 2018 bis 2022 in der Veterinärmedizin für Nutztiere zugelassen waren, und die Abgabemengen der Jahre 2018 bis 2022 dargestellt.

Daten und Methode

Vertriebsmengen

Die Vertriebsmengen von Tierarzneispezialitäten, die Antibiotika enthalten, wurden für die Jahre 2010–2013 über ein von der EMA vorgegebenes (European Medicines Agency, European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption 2021) und von der AGES aufbereitetes Dokument von den Herstellern, Zulassungsinhabern (Depositeuren) und Arzneimittel-Großhändlern elektronisch an die AGES gemeldet. Mit dem Inkrafttreten der Veterinär-Antibiotika-MengenströmeVO wurde für die Erfassung der Daten des Jahres 2014 erstmals auf ein neues System umgestellt; die Hersteller, Zulassungsinhaber (Depositeure) und Arzneimittel-Großhändler laden seither ihre Daten direkt über die Homepage der Medizinmarktaufsicht der AGES in die Datenbank. Aus diesen Daten wird die insgesamt verkaufte Menge an Wirksubstanz in Tonnen berechnet.

Abgabemengen

Zusätzlich müssen die hausapothekenführenden Tierärzte:ärztinnen seit 2016 gemäß der Veterinär-Antibiotika-MengenströmeVO ihre Daten über die Abgabe von Antibiotika zur Anwendung an Nutztieren (ausgenommen Pferde, siehe Veterinär-Antibiotika-MengenströmeVO §7(2)) für das jeweils vorangegangene Jahr entweder selbstständig oder über anerkannte Meldestellen elektronisch im neuen System hochladen. Diese Daten beinhalten unter anderem auch die Information über die Tier- und Nutzungsart. Damit ist es ab den Daten des Jahres 2015 möglich die Menge der antimikrobiell wirksamen Substanzen einzelnen Tierarten zuzuordnen.

ATCvet Kategorien

Zur Klassifikation der Wirksubstanzen wird in Analogie zu dem in der Humanmedizin verwendeten ATC-System, das ATCvet-System (World Health Organization Collaborating Centre for Drug Statistics Methodology, n.d.) herangezogen. Für Antibiotika, die in internationalen Einheiten angegeben sind, wurden von der EMA Umrechnungsfaktoren bereitgestellt (European Medicines Agency, European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption 2021). Antiparasitika mit dem ATCvet Code “QP51AG” waren im Auswertezeitraum in Österreich keine zugelassen und scheinen daher nicht in den Auswertungen auf.

Kategorie ATCvet Code
AB zur intestinalen Anwendung QA07AA; QA07AB
AB zur intrauterinen Anwendung QG01AA; QG01AE; QG01BA; QG01BE; QG51AA; QG51AG
AB zur systemischen Anwendung QJ01
AB zur intramammären Anwendung QJ51
Antiparasitika QP51AG

Berücksichtigte Kategorien bzw. zugehörige ATCvet Codes (World Health Organization Collaborating Centre for Drug Statistics Methodology, n.d.; European Medicines Agency, European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption 2021)

Die Auswertungen wurden mit der Programmiersprache R (R Core Team 2023) erstellt.

Ergebnisse der Vertriebsmengenerhebung

Im Vergleich zum Jahr 2021 kam es 2022 zu einer Abnahme der verkauften Gesamtmenge um 4,81 Tonnen. Das entspricht einer relativen Abnahme von 12,3 %.

Jahr Vertriebsmenge Differenz (absolut) Differenz (relativ)
2018 47,83 - -
2019 40,51 -7,32 -15,31 %
2020 43,65 3,14 7,74 %
2021 39,07 -4,58 -10,48 %
2022 34,26 -4,81 -12,31 %

 

Verkaufte Mengen in Tonnen

Nach wie vor werden mit über 90 % mengenmäßig am meisten Antibiotika für die systemische Anwendung (QJ01) verkauft. In folgender Abbildung ist die verkaufte Menge auf Basis des in der Fachinformation angegeben ATCvet Codes dargestellt.

Verkaufte Mengen in Tonnen nach ATCvet Level 2

Betrachtet man die Art der Anwendung, so liegen die oral anzuwendenden Präparate zur Behandlung von Einzeltieren oder Gruppen von Tieren – diese umfassen Pulver, Tabletten und Pasten – mit 27,2 Tonnen (79,5 %) auch im Jahr 2022 weit vor den anderen Anwendungsformen. Die parenteral anzuwendenden Präparate liegen mit 5,3 Tonnen (15,3 %) an zweiter Stelle, gefolgt von der Gruppe der intramammären Anwendungen, zu denen auch die Trockensteller zugeordnet wurden, mit 1,04 Tonnen (3 %). Die oral zur Bestandsbehandlung eingesetzten Fütterungsarzneimittel- Vormischungen (Prämix) machen mengenmäßig 0,63 Tonnen (1,8 %) aus.

Verkaufte Mengen in Tonnen nach Anwendungsform

Bei den Vertriebsmengen getrennt nach Wirkstoffgruppen ist nach wie vor Tetrazyklin mit 15,8 Tonnen (46,1 %) an erster Stelle, gefolgt von den Penicillinen mit erweitertem Spektrum mit 5,9 Tonnen (17,2 %), den Sulfonamiden mit 3,2 Tonnen (9,3 %) und den Makroliden mit 2,6 Tonnen (7,6 %). Die Einteilung der Wirkstoffe zu Wirkstoffgruppen erfolgte analog zu den Vorgaben der EMA (European Medicines Agency, European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption 2021). Zur Gruppe “Andere Antibiotika” zählen dabei u.a. “Rifaximin” und “Spectinomycin”.

Auswertungen zu den Wirkstoffgruppen der Makrolide, Fluorchinolone, 3. und 4. Generation Cephalosporine und Polymyxine, welche von der WHO auf Grund ihres Status als sogenannte Antibiotika von allerhöchster Bedeutung für die Humanmedizin eingestuft sind, werden auch gesondert in Kapitel “Antibiotika von allerhöchster Bedeutung für die Humanmedizin” dargestellt.

Verkaufte Mengen nach Wirkstoffgruppen für die Jahre 2018 bis 2022 sowie die Differenz der Jahre 2022 und 2021 in Tonnen.

Wirkstoffgruppe 2018 2019 2020 2021 2022 Diff.
Tetrazykline 25,75 19,72 22,11 19,30 15,78 -3,52
Penicilline mit erweitertem Spektrum 6,94 6,60 7,35 6,26 5,94 -0,32
Sulfonamide 4,30 3,92 3,46 3,66 3,18 -0,48
Makrolide 3,28 2,97 3,47 2,48 2,60 0,12
Beta-laktamase sensitive Penicilline 1,69 1,56 1,58 1,64 1,69 0,05
Polymyxine 1,79 1,53 1,54 1,47 1,11 -0,36
Aminoglykoside 1,18 1,28 1,29 1,32 1,34 0,02
Trimethoprim und Derivative 0,86 0,78 0,69 0,73 0,64 -0,09
Fluorchinolone 0,49 0,46 0,48 0,46 0,41 -0,05
Beta-laktamase resistente Penicilline 0,42 0,41 0,38 0,41 0,42 0,01
Amphenikole 0,42 0,47 0,42 0,39 0,39 0,00
Pleuromutiline 0,30 0,39 0,41 0,33 0,26 -0,07
3.+4.-Generation Cephalosporine 0,22 0,22 0,23 0,23 0,22 -0,01
Lincosamide 0,06 0,10 0,09 0,20 0,11 -0,09
andere Antibiotika 0,10 0,07 0,09 0,16 0,13 -0,03
1.+2.-Generation Cephalosporine 0,04 0,03 0,04 0,05 0,05 0,00
Gesamt 47,83 40,51 43,65 39,07 34,26 -4,81

 

Verkaufte Mengen in Tonnen nach Wirkstoffgruppen

Ergebnisse nach ATCvet Level 2

Antibiotika zur intestinalen Anwendung

Bei den intestinal anzuwendenden Antibiotika (ATCvet QA07) hat es 2022 im Vergleich zu 2021 eine Abnahme der verkauften Menge gegeben.

Verkaufte Mengen nach Wirkstoffgruppen (zur intestinalen Anwendung) für die Jahre 2018 bis 2022 sowie die Differenz der Jahre 2022 und 2021 in Tonnen.

Wirkstoffgruppe 2018 2019 2020 2021 2022 Diff.
Polymyxine 1,79 1,53 1,54 1,47 1,11 -0,36
Aminoglykoside 0,17 0,23 0,27 0,32 0,39 0,07
Gesamt 1,96 1,76 1,81 1,79 1,50 -0,29

 

Antibiotika zur intramammären Anwendung

In folgender Tabelle sind die Mengen an intramammär applizierten Antibiotika (ATCvet QJ51) getrennt nach Trockensteller und sonstigen Präparaten, die während der Laktation zur Anwendung kommen, dargestellt. Zum Vorjahr kann hier eine leichte Zunahme festgestellt werden.

Verkaufte Mengen nach Wirkstoffgruppen (zur intramammären Anwendung) für die Jahre 2018 bis 2022 sowie die Differenz der Jahre 2022 und 2021 in Tonnen.

Wirkstoffgruppe 2018 2019 2020 2021 2022 Diff.
Beta-laktamase sensitive Penicilline 0,33 0,32 0,35 0,36 0,34 -0,02
1.+2.-Generation Cephalosporine 0,03 0,02 0,03 0,04 0,04 0,00
Aminoglykoside 0,02 0,01 0,02 0,02 0,02 0,00
Lincosamide 0,01 0,02 0,01 0,02 0,02 0,00
3.+4.-Generation Cephalosporine 0,03 0,03 0,03 0,02 0,03 0,01
Penicilline mit erweitertem Spektrum 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,00
Teilsumme ‘Während der Laktation’ 0,43 0,42 0,45 0,48 0,46 -0,02
Beta-laktamase resistente Penicilline 0,38 0,37 0,37 0,38 0,41 0,03
Beta-laktamase sensitive Penicilline 0,08 0,08 0,08 0,07 0,07 0,00
Aminoglykoside 0,04 0,04 0,04 0,03 0,03 0,00
Penicilline mit erweitertem Spektrum 0,03 0,02 0,00 0,02 0,03 0,01
1.+2.-Generation Cephalosporine 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,00
andere Antibiotika <0,01 <0,01 0,01 0,01 0,01 0,00
3.+4.-Generation Cephalosporine 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,00
Teilsumme ‘Trockensteller’ 0,54 0,53 0,51 0,54 0,58 0,04
Gesamt 0,98 0,94 0,96 1,02 1,04 0,03

 

Antibiotika zur systemischen Anwendung

In folgenden zwei Tabellen sind die Vertriebsmengen der Antibiotika für die systemische Anwendung (ATCvet QJ01) nach Wirkstoffgruppe und Anwendungsform dargestellt. Die größte Abnahme ist bei den Tetrazyklinen zu verzeichnen. Hinsichtlich der Anwendungsform ist bei den oral anzuwendenden Antibiotika eine größere Abnahme zu verzeichnen.

Verkaufte Mengen nach Wirkstoffgruppen (zur systemischen Anwendung) für die Jahre 2018 bis 2022 sowie die Differenz der Jahre 2022 und 2021 in Tonnen.

Wirkstoffgruppe 2018 2019 2020 2021 2022 Diff.
Tetrazykline 25,69 19,67 22,05 19,21 15,68 -3,53
Penicilline mit erweitertem Spektrum 6,87 6,53 7,32 6,20 5,88 -0,32
Sulfonamide 4,30 3,92 3,46 3,66 3,18 -0,48
Makrolide 3,28 2,97 3,47 2,48 2,60 0,12
Beta-laktamase sensitive Penicilline 1,28 1,16 1,15 1,21 1,27 0,06
Aminoglykoside 0,96 1,00 0,96 0,94 0,91 -0,03
Trimethoprim und Derivative 0,86 0,78 0,69 0,73 0,64 -0,09
Fluorchinolone 0,49 0,46 0,48 0,46 0,41 -0,05
Amphenikole 0,42 0,47 0,42 0,39 0,39 0,00
Pleuromutiline 0,30 0,39 0,41 0,33 0,26 -0,07
3.+4.-Generation Cephalosporine 0,18 0,18 0,19 0,19 0,19 0,00
Lincosamide 0,05 0,08 0,08 0,18 0,09 -0,09
andere Antibiotika 0,10 0,07 0,08 0,15 0,11 -0,04
Gesamt 44,77 37,67 40,77 36,13 31,60 -4,53

 

Verkaufte Mengen nach Anwendungsform (zur systemischen Anwendung) für die Jahre 2018 bis 2022 sowie die Differenz der Jahre 2022 und 2021 in Tonnen.

Anwendungsform 2018 2019 2020 2021 2022 Diff.
Oral 37,38 30,95 34,13 29,89 25,72 -4,17
Parenteral 5,90 5,49 5,50 5,38 5,25 -0,13
Prämix 1,49 1,23 1,14 0,87 0,63 -0,24
Gesamt 44,77 37,67 40,77 36,13 31,60 -4,53

 

Antibiotika zur intrauterinen Anwendung

Die Vertriebsmengen der Antibiotika zur intrauterinen Anwendung (ATCvet QG01, QG51) sind in folgender Tabelle  je Wirkstoffgruppe dargestellt. Diese weisen nur bei den Tetrazyklinen eine geringe Zunahme gegenüber dem Vorjahr auf.

Verkaufte Mengen nach Wirkstoffgruppen (zur intrauterinen Anwendung) für die Jahre 2018 bis 2022 sowie die Differenz der Jahre 2022 und 2021 in Tonnen.

Wirkstoffgruppe 2018 2019 2020 2021 2022 Diff.
Tetrazykline 0,05 0,06 0,06 0,08 0,10 0,02
Beta-laktamase resistente Penicilline 0,04 0,04 0,02 0,02 0,01 -0,01
Penicilline mit erweitertem Spektrum 0,04 0,04 0,02 0,02 0,01 -0,01
Gesamt 0,13 0,14 0,10 0,13 0,12 -0,01

 

Antibiotika von allerhöchster Bedeutung für die Humanmedizin

Die Wirkstoffgruppen Makrolide, Fluorchinolone, 3. und 4. Generation Cephalosporine und auch die Gruppe der Polymyxine (u.a. Colistin) werden von der WHO auf Grund ihres Status als sogenannte Antibiotika von allerhöchster Bedeutung für die Humanmedizin (engl.: Highest Priority Critically Important Antimicrobials (HPCIA)) eingestuft (WHO Advisory Group on Integrated Surveillance of Antimicrobial Resistance and World Health Organization 2017). Die WHO zählt auch 5. Generation Cephalosporine, Ketolide und Glykopeptide zu den HPCIA; diese weisen jedoch keine Verkaufsmengen auf. Die zwischen 2018 und 2022 verkauften Mengen dieser Wirkstoffgruppen sind in folgender Tabelle und Abbildung dargestellt. Eine Abnahme hat es hier vor allem bei den Polymyxinen gegeben, bei den Makroliden konnte eine Zunahme im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet werden.

Verkaufte Mengen der Antibiotika von allerhöchster Bedeutung für die Humanmedizin (HPCIA) für die Jahre 2018 bis 2022 sowie die Differenz der Jahre 2022 und 2021 in Tonnen.

Wirkstoffgruppe 2018 2019 2020 2021 2022 Diff.
Makrolide 3,28 2,97 3,47 2,48 2,60 0,12
Polymyxine 1,79 1,53 1,54 1,47 1,11 -0,36
Fluorchinolone 0,49 0,46 0,48 0,46 0,41 -0,05
3.+4.-Generation Cephalosporine 0,22 0,22 0,23 0,23 0,22 -0,01
Gesamt 5,78 5,17 5,72 4,64 4,35 -0,29

 

Verkaufte Mengen der Antibiotika von allerhöchster Bedeutung für die Humanmedizin (HPCIA) getrennt nach Wirkstoffgruppe

Neben der oben genannten Klassifizierung durch die WHO hat die EMA Arbeitsgruppe AMEG (Antimicrobial Advice Ad Hoc Expert Group) eine neue Kategorisierung antimikrobieller Wirkstoffe - auf Grundlage möglicher Folgen für die öffentliche Gesundheit - in vier Gruppen vorgenommen (European Medicines Agency, Committee for Medicinal Products for Veterinary use (CVMP), Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) 2019):

  • Kategorie A: Vermeiden – nicht bei Lebensmittel-liefernden Tieren anwenden
  • Kategorie B: Einschränken – kritisch wichtig für die Humanmedizin
  • Kategorie C: Vorsicht – nur in Erwägung zu ziehen, sofern keine klinisch wirksamen Antibiotika aus Kategorie D verfügbar
  • Kategorie D: Sorgfalt – sofern möglich als Erstlinientherapie; nur bei Bedarf

Die Ergebnisse der Verkaufsmengen sind in folgender Abbildung zu sehen, wobei die Gruppe A in Österreich nicht vorkommt.

Verkaufte Mengen getrennt nach EMA AMEG Kategorisierung

Normierte Vertriebsmengen

In den bisherigen Kapiteln wurden die rein erhobenen Vertriebsmengen über die letzten Jahre miteinander verglichen. Es wurde dabei keine Normierung auf Basis der jeweilig gehaltenen Tiere (Tierpopulationen je Jahr) durchgeführt. In den ESVAC Berichten wurde, um die unterschiedlichen Tierdemografien der Länder zu berücksichtigen, die Population Correction Unit (PCU) definiert, welche aus Bestands- und Schlachtdaten, sowie Importen und Exporten berechnet wird. Weitere Informationen zur Berechnung der PCU sind in Annex 3 des Berichts “Trends in the sales of veterinary antimicrobial agents in nine European countries: 2005-2009” (European Medicines Agency 2011) zu finden.

Die Einheit mg/PCU ist eine technische Größe um Mengen unterschiedlicher Tierarten, Staaten oder Jahre miteinander vergleichen zu können; dabei entspricht 1 PCU = 1 kg. Dieser Normierungsfaktor weist für Österreich über die letzten Jahre nur geringfügige Schwankungen auf. Das bedeutet, dass die Änderungen in den Mengen in der Regel nicht durch höhere bzw. geringere Tierzahlen der jeweiligen Jahre zu erklären sind. In der folgenden Abbildung sind die Vertriebsmengen auf Basis der PCU normiert dargestellt. Dabei ist 2022 eine Senkung von 12,3 % im Vergleich zum Vorjahr zu erkennen.

Normierte Vertriebsmengen auf Basis der “Population Correction Unit (PCU)”

In der Farm to Fork Strategie der Europäischen Union (European Union 2020) wurde das Ziel festgehalten, die Vertriebsmengen der Antibiotika, welche für Lebensmittelliefernde Nutztiere zugelassen sind, bis zum Jahr 2030 um 50 % (im Vergleich zu 2018) zu senken. Der aktuelle Fortschritt für Österreich ist in folgender Abbildung zu sehen.

Vertriebsmengen im Heimtierbereich

Die bisher vorgestellten Vertriebsmengen beinhalten ausschließlich Tierarzneimittel, welche zumindest für eine Nutztierart (oder Pferde) zugelassen sind. In der Vertriebsmengenmeldung werden seit kurzem alle Tierarzneimittel mit antimikrobiellen Wirkstoffen gemeldet, auch solche, die nur für Heimtiere (Hunde, Katzen, etc.) zugelassen sind. Die Mengen der letzten Jahre sind in folgender Tabelle aufgelistet und liegen zwischen 500 und 610 Kilogramm.

Jahr Vertriebsmenge Differenz (absolut) Differenz (relativ)
2018 0,59 - -
2019 0,59 <0,01 0,07 %
2020 0,51 -0,08 -13,39 %
2021 0,61 0,10 18,78 %
2022 0,55 -0,06 -9,07 %

 

Ergebnisse der Abgabemengenerhebung

In Österreich waren im Jahr 2022 1776 HAPO gemeldet, davon haben 1621 im Jahr 2022 auch Antibiotika bezogen, wobei 95 % der Antibiotika an 349 HAPO (rund 20 %) verkauft wurden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass 80 % der HAPO nur 5 % der Gesamtmenge beziehen.

In der Abgabemeldung müssen hausapothekenführende Tierärzte:ärztinnen angeben, welche Antibiotika, in welcher Menge an welche landwirtschaftlichen Betriebe abgegeben wurden. Dieser Meldeverpflichtung sind insgesamt 553 von 1776 HAPO für das Meldejahr 2022 nachgekommen.

Um die Vollständigkeit der Abgabedaten überprüfen zu können, müssen hausapothekenführende Tierärzte:ärztinnen, die zu keiner Abgabemeldung nach Veterinär-Antibiotika-MengenströmeVO §7(2) verpflichtet sind, eine Abgabe-Leermeldung tätigen (siehe Veterinär-Antibiotika-MengenströmeVO §7(3)). Eine solche haben heuer 873 HAPO durchgeführt.

Von den erwähnten 349 HAPO (Top 95 %) haben 304 eine Abgabemeldung bzw. Abgabe-Leermeldung gemacht. Insgesamt wurden rund 27,4 Tonnen an landwirtschaftliche Betriebe abgegebene Antibiotika gemeldet. Die Differenz von circa 6,9 Tonnen (20 %) zur Meldung der Hersteller, Depositeure und Arzneimittel-Großhändler kann unterschiedliche Ursachen haben (z. B.: Anwendung durch Tierarzt bzw. Tierärztin, Abgabe an nichtmeldepflichtige Tierarten, Lageraufbau, Nichtmeldung). In folgender Tabelle sind die Abgabe- und Vertriebsmengen, sowie die jeweiligen Differenzen und Anteile gezeigt.

Meldejahr Abgabemenge Vertriebsmenge Differenz: absolut relativ
2018 37,40 47,83 10,44 21,82 %
2019 33,17 40,51 7,34 18,11 %
2020 33,51 43,65 10,14 23,23 %
2021 30,86 39,07 8,21 21,02 %
2022 27,42 34,26 6,84 19,97 %

 

Speziesbezogene Auswertungen

Neben der Angabe an welche landwirtschaftlichen Betriebe Antibiotika abgegeben wurden, müssen die hausapothekenführenden Tierärzte:ärztinnen auch melden, für welche Tierart und Nutzungsart die Antibiotika abgegeben wurden. In folgender Abbildung ist zu sehen, dass im Jahr 2022 für die Tierart Schwein 67 % der Menge abgegeben wurde, gefolgt von Rind mit 27 % und Geflügel mit 6 %.

Anteil der Abgabemenge je Tierart getrennt nach Jahren

Da sich die Tierbestände und Schlachtzahlen unterschiedlicher Tierarten voneinander unterscheiden, werden die Abgabemengen wie auch im ESVAC Bericht (European Medicines Agency, European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption 2021) normiert dargestellt.

In folgender Abbildung sind die Abgabemengen für Schwein, Rind und Geflügel in mg/PCU dargestellt. Die jeweils linke Klammer gibt die normierte gemeldete Abgabemenge wieder. Die Summe der gemeldeten Abgabemenge ist, wie in der Tabelle im vorherigen Kapitel ersichtlich, um 20 % geringer als die gesamte Vertriebsmenge. Diese Differenz wurde für die jeweilige Tierart berücksichtigt und hochgerechnet in den rechten Klammern in der Abbildung dargestellt. Die in der Grafik dargestellten Werte sind in der Tabelle zu sehen. Diese Kennzahlen sind derzeit mit einer größeren Unsicherheit behaftet, da hier der AB-Einsatz beim Pferd und bei Heimtieren nicht berücksichtigt wird und der Anteil der Abgabe zur Anwendung für Rinder, Schweine und Geflügel nicht ident ist.

Normierte Abgabemengen auf Basis der PCU je Tierart Schwein, Rind und Geflügel für die Jahre 2018 bis 2022. Spalte mg/PCU entspricht den normierten gemeldeten Abgabemengen; Spalte mg/PCU (hochgerechnet) gibt die unter Berücksichtigung der Meldedifferenz zur Vertriebsmenge hochgerechneten Werte wieder.

Jahr Tierart mg/PCU mg/PCU (hochgerechnet)
2018 Geflügel 24,7 31,5
2018 Rind 15,5 19,8
2018 Schwein 79,0 101,1
2019 Geflügel 25,6 31,3
2019 Rind 16,5 20,2
2019 Schwein 66,5 81,2
2020 Geflügel 25,1 32,6
2020 Rind 15,6 20,4
2020 Schwein 68,8 89,6
2021 Geflügel 22,0 27,9
2021 Rind 16,8 21,3
2021 Schwein 60,6 76,7
2022 Geflügel 18,7 23,3
2022 Rind 17,1 21,0
2022 Schwein 53,3 66,6

 

Abgabemengen für Schweine

In der Tabelle sind die gemeldeten Abgabemengen für Schweine je Wirkstoffgruppe in Tonnen dargestellt. Eine Aufteilung der Abgabemengen für Schwein nach Nutzungsarten ist in der weiteren Tabelle dargestellt. Dies bedeutet zum Beispiel, dass 2022 ein Anteil von 26,6 % aller abgegebenen Antibiotika in der Schweine-Mast verwendet wurde.

Abgabemengen für die Tierart Schwein je Wirkstoffgruppe in Tonnen für die Jahre 2018 bis 2022.

Wirkstoffgruppe 2018 2019 2020 2021 2022
Tetrazykline 18,38 13,43 14,64 12,65 9,82
Penicilline mit erweitertem Spektrum 4,18 4,41 4,37 4,22 4,26
Makrolide 2,00 1,82 1,69 1,50 1,44
Sulfonamide 1,74 1,64 1,31 1,14 0,95
Polymyxine 0,78 0,87 1,03 0,87 0,63
Aminoglykoside 0,31 0,52 0,47 0,27 0,25
Pleuromutiline 0,25 0,27 0,27 0,23 0,19
Trimethoprim und Derivative 0,35 0,33 0,26 0,23 0,19
Beta-laktamase sensitive Penicilline 0,19 0,20 0,21 0,21 0,20
Fluorchinolone 0,10 0,10 0,11 0,11 0,10
Lincosamide 0,04 0,04 0,05 0,09 0,06
andere Antibiotika 0,07 0,05 0,05 0,08 0,05
Amphenikole 0,08 0,07 0,08 0,07 0,06
3.+4.-Generation Cephalosporine 0,04 0,05 0,05 0,05 0,04
Beta-laktamase resistente Penicilline <0,01 <0,01 <0,01 <0,01 <0,01
1.+2.-Generation Cephalosporine <0,01 <0,01 <0,01 <0,01 <0,01
Gesamt 28,53 23,81 24,58 21,71 18,23

 

Anteil der Abgabemengen an der Gesamt-Abgabemenge für die Tierart Schwein je Nutzungsart für die Jahre 2018 bis 2022 in Prozent.

Nutzungsart 2018 2019 2020 2021 2022
Andere 9,6% 8,8% 8,7% 7,4% 7,3%
Ferkelaufzucht 10,7% 12,3% 10,1% 11,2% 11,0%
Mast 33,5% 29,5% 31,1% 30,0% 26,6%
Zucht 22,5% 21,3% 23,5% 21,7% 21,6%
Gesamt 76,3% 71,8% 73,3% 70,4% 66,5%

 

Abgabemengen für Rinder

In der Tabelle sind die gemeldeten Abgabemengen für Rinder je Wirkstoffgruppe in Tonnen und in der weiteren Tabelle anteilsmäßig in Prozent nach Nutzungsart dargestellt.

Wirkstoffgruppe 2018 2019 2020 2021 2022
Tetrazykline 3,76 3,28 3,36 3,80 3,80
Beta-laktamase sensitive Penicilline 0,56 0,59 0,82 0,83 0,84
Sulfonamide 1,04 1,56 0,71 0,73 0,62
Aminoglykoside 0,27 0,38 0,49 0,47 0,53
Penicilline mit erweitertem Spektrum 0,31 0,31 0,31 0,31 0,46
Beta-laktamase resistente Penicilline 0,27 0,26 0,27 0,29 0,39
Amphenikole 0,13 0,17 0,15 0,15 0,17
Trimethoprim und Derivative 0,21 0,31 0,14 0,15 0,12
Makrolide 0,11 0,09 0,09 0,10 0,11
3.+4.-Generation Cephalosporine 0,07 0,08 0,08 0,08 0,08
Fluorchinolone 0,06 0,06 0,07 0,07 0,08
1.+2.-Generation Cephalosporine 0,03 0,02 0,03 0,04 0,04
andere Antibiotika 0,02 0,04 0,03 0,02 0,02
Lincosamide 0,01 0,02 0,02 0,02 0,02
Polymyxine 0,02 0,01 0,01 0,01 0,01
Pleuromutiline <0,01 <0,01 <0,01 <0,01 <0,01
Gesamt 6,86 7,19 6,59 7,06 7,30

 

Anteil der Abgabemengen an der Gesamt-Abgabemenge für die Tierart Rind je Nutzungsart für die Jahre 2018 bis 2022 in Prozent.

Nutzungsart 2018 2019 2020 2021 2022
Andere 2,5 % 2,7 % 3,0 % 3,9 % 4,4 %
Mast 6,0 % 7,1 % 7,0 % 7,9 % 8,1 %
Mastkalb 2,3 % 2,0 % 1,9 % 3,0 % 3,7 %
Milch 6,0 % 6,4 % 6,6 % 7,2 % 9,2 %
Mutterkuh 0,4 % 0,4 % 0,4 % 0,5 % 0,6 %
Zucht 1,2 % 3,2 % 0,7 % 0,3 % 0,7 %
Gesamt 18,3 % 21,7 % 19,7 % 22,9 % 26,6 %

 

Abgabemengen für Geflügel

In folgender Tabelle sind die gemeldeten Abgabemengen für Geflügel je Wirkstoffgruppe in Tonnen dargestellt. Analog zu vorherigen Kapiteln sind in der weiteren Tabelle die Abgabemengen prozentuell nach Nutzungsart für das Geflügel dargestellt.

Abgabemengen für die Tierart Geflügel je Wirkstoffgruppe in Tonnen für die Jahre 2018 bis 2022.

Wirkstoffgruppe 2018 2019 2020 2021 2022
Penicilline mit erweitertem Spektrum 0,40 0,81 0,80 0,79 0,57
Makrolide 0,52 0,42 0,50 0,50 0,44
Polymyxine 0,50 0,27 0,31 0,28 0,24
Tetrazykline 0,14 0,27 0,32 0,15 0,15
Sulfonamide 0,24 0,19 0,14 0,13 0,16
Fluorchinolone 0,07 0,05 0,07 0,05 0,05
Lincosamide 0,00 0,01 0,01 0,03 0,01
Trimethoprim und Derivative 0,05 0,04 0,03 0,03 0,03
Aminoglykoside 0,02 0,02 0,03 0,02 0,02
Beta-laktamase sensitive Penicilline 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01
Amphenikole 0,00 <0,01 0,01 0,01 0,02
Pleuromutiline <0,01 <0,01 <0,01 <0,01 <0,01
3.+4.-Generation Cephalosporine <0,01 0,00 0,00 <0,01 0,00
1.+2.-Generation Cephalosporine <0,01 0,00 0,00 0,00 0,00
andere Antibiotika 0,00 <0,01 0,00 0,00 0,00
Gesamt 1,95 2,10 2,23 1,99 1,71

 

Anteil der Abgabemengen an der Gesamt-Abgabemenge für die Tierart Geflügel je Nutzungsart für die Jahre 2018 bis 2022 in Prozent.

Nutzungsart 2018 2019 2020 2021 2022
Andere <0,1 % <0,1 % <0,1 % <0,1 % <0,1 %
Elterntiere 0,2 % 0,5 % 0,7 % 0,5 % 0,4 %
Junghennen 0,1 % 0,1 % 0,1 % 0,1 % 0,1 %
Legehennen 1,5 % 0,8 % 0,9 % 0,9 % 1,0 %
Masthuhn 2,1 % 3,3 % 2,9 % 2,8 % 2,4 %
Mastpute 1,3 % 1,6 % 2,0 % 2,0 % 2,2 %
Gesamt 5,2 % 6,3 % 6,7 % 6,5 % 6,2 %

 

Benchmarking-Berichte

Der Begriff Benchmarking steht im Allgemeinen für den Vergleich eines Ergebnisses mit einem Bezugswert. Im Rahmen eines internationalen Forschungsprojektes (Guidelines for Collection, Analysis and Reporting of Farm-level Antimicrobial Use, in the Scope of Antimicrobial Stewardship, www.aacting.org) wurde für den Antibiotikaeinsatz ein Leitfaden entwickelt, welcher die Themen Datensammlung, Datenauswertung, Berichtserstellung und Benchmarking beinhaltet. Das Benchmarking wird dabei als ein wirkungsvolles Tool zur Sensibilisierung und Vermeidung des Antibiotikaeinsatzes gesehen.

Unter Berücksichtigung dieses Leitfadens wurde für hausapothekenführende Tierärzte:ärztinnen ein Benchmarking-Bericht umgesetzt. Dieser umfasst neben einer zeitlichen Analyse der eigenen Antibiotika-Abgabemengen auch einen Vergleich mit anderen hausapothekenführenden Tierärzte:ärztinnen (Benchmarking). Als Indikator für den Antibiotikaeinsatz werden die Abgabemengen in Tagesdosen umgerechnet und mit der jeweiligen Bestandsgröße (nDDDvet/Jahr) normiert. Daraus resultiert, an wie vielen Tagen im Jahr ein jedes Tier der betreuten Betriebe im Schnitt behandelt wurde.

Die Auswertungen sind für die unterschiedlichen Tier- und Nutzungsarten separat dargestellt. Hausapothekenführende Tierärzte:ärztinnen können ihren individuellen Bericht über das Portal https://eservices.basg.gv.at/, bei dem sie ihre Abgabemengen melden müssen, oder über das AHDS (siehe Kapitel “Animal Health Data Service (AHDS)”) herunterladen.

Zusätzlich werden auch für schweine- und rinderhaltende Landwirte:wirtinnen Benchmarking-Berichte über ihren Antibiotikaverbrauch (auf Basis der Abgabemengen) erstellt, die ebenfalls über das AHDS (siehe Kapitel “Animal Health Data Service (AHDS)”) abgerufen werden können.

  • Linker Teil der Grafik
    Zeitliche Entwicklung der Werte von nDDDvet pro Jahr einer Beispiel-HAPO getrennt nach den drei zusammengefassten Wirkstoffkategorien und gesamt. Die Einteilung der Wirkstoffe in Kategorien wurde auf Basis des kürzlich veröffentlichten Berichts der EMA neu vorgenommen (European Medicines Agency, Committee for Medicinal Products for Veterinary use (CVMP), Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) 2019).
  • Rechter Teil der Grafik
    Vergleich der Gesamt-nDDDvet pro Jahr mit den nDDDvet pro Jahr aller anderen tierärztlichen Hausapotheken für das aktuelle Auswertejahr. Der hellgraue Bereich enthält dabei die HAPO, deren durchschnittliche nDDDvet/Jahr-Werte im unteren Mittel aller HAPO liegt (unteren 50 %). Im dunkelgrauen Bereich liegen hingegen die HAPO, deren durchschnittliche nDDDvet/Jahr-Werte in den oberen 10 % liegen. Das schwarze Karo spiegelt den durchschnittlichen nDDDvet/Jahr-Wert der Beispiel-HAPO wider. Liegt der Punkt im hellgrauen Bereich zählt diese HAPO zu den HAPO mit einem geringen bis mittleren durchschnittlichen nDDDvet/Jahr-Wert. Liegt er im dunkelgrauen Bereich, zählt diese HAPO zu den 10 % der HAPO mit den höchsten nDDDvet/Jahr-Werten.

Im abgebildeten Beispiel liegt der durchschnittliche nDDDvet/Jahr-Wert bei 6,55, womit diese HAPO zu den 10 % der HAPO mit den höchsten nDDDvet/Jahr-Werten zählt.

Animal Health Data Service (AHDS)

Seit September 2023 steht das neue Tool “Animal Health Data Service” (AHDS) der AGES zur Verfügung und kann über folgenden Link erreicht werden: https://ahds.ages.at/. Ziel des AHDS ist es bestehende Datenbanken zu verknüpfen und den unterschiedlichen Benutzergruppen zielgerichtete Auswertungen bereitzustellen, um so zentrale Herausforderungen - wie zum Beispiel die Reduktion des Antibiotikaeinsatzes und die Verbesserung der Tiergesundheit - datenbasiert zu begleiten und zu evaluieren. Landwirte:wirtinnen, hausapothekenführende Tierärzte:ärztinnen und Behörden können bereits jetzt individualisierte Antibiotikaauswertungen über das AHDS einsehen.

Diskussion

Der große Rückgang in der Vertriebsmenge aus dem Vorjahr wurde auch heuer fortgesetzt und weist mit 34,26 Tonnen den niedrigsten Wert seit Beginn der Datenerhebung (erstmals für das Jahr 2010) auf. Die letzten Jahre waren auch von stärkeren Schwankungen in den Vertriebsmengen geprägt, die zum Teil durch Lageraufbau bzw. -abbau (auf Grund von Ungewissheit über die Marktsituation und der (Nicht-)Verfügbarkeit von Arzneimitteln) erklärbar waren.

Die Verkaufsmengen der als “Highest Priority Critically Important Antimicrobials (HPCIA)” eingestuften Wirkstoffe (WHO Advisory Group on Integrated Surveillance of Antimicrobial Resistance and World Health Organization 2017) schwankten über die letzten fünf Jahre zwischen 4,34 und 5,78 Tonnen und lag im Jahr 2022 bei 4,34. Über die Jahre haben die HPCIA einen relativ konstanten Anteil von 12 % bis 13 % an der Gesamtmenge.

Der Indikator mg/PCU, der eine grobe Abschätzung darstellt, wieviel mg Antibiotika pro kg produzierter Lebendtiermasse verkauft wurden, ist 2022 auf 36,2 mg/PCU gesunken und somit um 12,3 % niedriger als 2021. In absoluten Zahlen bedeutet das eine Abnahme um 5,1 mg/PCU. Das Verhältnis der durch die HAPO in Summe eingekauften Antibiotika zur in Summe abgegebenen Antibiotika lag 2021 bei 79 % und 2022 bei 80,3 %.

Auf Basis des österreichischen Erfassungssystems, bei dem HAPO ihre Abgabemengen je Betrieb, Tierart und Nutzungsart melden müssen, ist es möglich, speziesbezogene Auswertungen zu erstellen. Die Abgabemengen des Jahres 2022 zeigen bei der Tierart Rind keine Veränderung und bei den Tierarten Schwein (-7,3 mg/PCU) und Geflügel (-3,3 mg/PCU) eine Abnahme zum Vorjahr. Diese Werte geben, wie gesagt, nur einen Trend wieder, und sind mit gewissen Unsicherheiten behaftet.

Mit dem “Animal Health Data Service” (AHDS) wurde heuer eine neue Auswerteplattform geschaffen, welche unterschiedliche Datenbanken verknüpft und den jeweiligen Benutzergruppen zielgerichtete Auswertungen bereitstellt. Rinder-/schweinehaltende Landwirte:wirtinnen und hausapothekenführende Tierärzte:ärztinnen können bereits jetzt ihre Antibiotikaauswertungen über das AHDS einsehen. Der einfache Zugang zu diesen Auswertungen soll ein weiterer Beitrag zur Bewusstseinsbildung hinsichtlich des Antibiotikaeinsatzes darstellen.

Autoren

Mag. Reinhard Fuchs
DIin Elisabeth Reitbauer

Univ.-Doz. DI Dr. Klemens Fuchs

Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH
Fachbereich Integrative Risikobewertung, Daten und Statistik
Zinzendorfgasse 27, 8010 Graz

Mit freundlicher Unterstützung des AGES-Geschäftsfeldes Medizinmarktaufsicht

  • European Medicines Agency. 2011. “Trends in the Sales of Veterinary Antimicrobial Agents in Nine European Countries (2005-2009).” EMA/238630/2011.
  • European Medicines Agency, Committee for Medicinal Products for Veterinary use (CVMP), Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP). 2019. “Categorisation of Antibiotics in the European Union.” EMA/CVMP/CHMP/682198/2017.
  • European Medicines Agency, European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption. 2021. “Sales of Veterinary Antimicrobial Agents in 31 European Countries in 2019 and 2020.” EMA/58183/2021.
  • European Union. 2020. “Farm to Fork Strategy - for a Fair, Healthy and Environmentally-Friendly Food System.” https://food.ec.europa.eu/system/files/2020-05/f2f_action-plan_2020_strategy-info_en.pdf
  • R Core Team. 2023. R: A Language and Environment for Statistical Computing. Vienna, Austria: R Foundation for Statistical Computing. https://www.R-project.org/.
  • WHO Advisory Group on Integrated Surveillance of Antimicrobial Resistance, and World Health Organization. 2017. Critically Important Antimicrobials for Human Medicine: Ranking of Antimicrobial Agents for Risk Management of Antimicrobial Resistance Due to Non-Human Use.
  • World Health Organization Collaborating Centre for Drug Statistics Methodology. n.d. “WHOCC - ATCvet.” ATCvet System for Classification of Veterinary Medicines. https://www.whocc.no/atcvet/

Antibiotika-Vertriebsmengen in der Veterinärmedizin in Österreich 2010-2021

In Österreich wurden im Jahr 2020 insgesamt 43,65 Tonnen Antibiotika für den Einsatz in der Veterinärmedizin verkauft. Im Vergleich zum Jahr 2019 kam es zu einer Zunahme der verkauften Gesamtmenge um 3,15 Tonnen. Das entspricht einer relativen Zunahme von 7,8 %.

In Österreich wurden im Jahr 2019 insgesamt 40,69 Tonnen Antibiotika für den Einsatz in der Veterinärmedizin verkauft. Im Vergleich zum Jahr 2018 kam es zu einer Abnahme der verkauften Gesamtmenge um 7,32 Tonnen. Das entspricht einer relativen Abnahme von 15,2 %. Die Gesamtvertriebsmenge an antimikrobiell wirksamen Substanzen für Nutztiere ist seit 2015 um 13 % zurückgegangen.

In Österreich wurden im Jahr 2018 insgesamt 49,85 Tonnen Antibiotika für den Einsatz in der Veterinärmedizin verkauft. Im Vergleich zum Jahr 2017 kam es zu einer Zunahme der verkauften Gesamtmenge um 5,23 Tonnen. Das entspricht einer relativen Zunahme von 11,72 %. Die Gesamtvertriebsmenge an antimikrobiell wirksamen Substanzen für Nutztiere ist seit 2014 um 7 % zurückgegangen.

In Österreich wurden im Jahr 2017 insgesamt 44,61 Tonnen Antibiotika für den Einsatz in der Veterinärmedizin verkauft. Im Vergleich zum Jahr 2016 kam es zu einer Zunahme der verkauften Gesamtmenge um 0,2 Tonnen. Das entspricht einer relativen Zunahme um 0,5%. Die Gesamtvertriebsmenge an antimikrobiell wirksamen Substanzen für Nutztiere ist seit 2013 jedoch um 19 % zurückgegangen.

In Österreich wurden im Jahr 2016 insgesamt 44,41 Tonnen Antibiotika für den Einsatz in der Veterinärmedizin verkauft. Im Vergleich zum Jahr 2015 kam es zu einer Abnahme der verkauften Gesamtmenge um 4,37 Tonnen. Das entspricht einer relativen Abnahme um 8,96 %. Nach wie vor werden mit 94 % mengenmäßig am meisten Antibiotika für die systemische Anwendung (QJ01) verkauft.

In Österreich wurden im Jahr 2015 insgesamt 48,78 Tonnen Antibiotika für den Einsatz in der Veterinärmedizin verkauft. Im Vergleich zum Jahr 2014 kam es zu einer signifikanten Abnahme der verkauften Gesamtmenge um rund 4,89 Tonnen. Das entspricht einer relativen Abnahme um rund 9,1 %.

Für die Erfassung der Daten des Jahres 2015 müssen neben den pharmazeutischen Firmen und Großhändlern auch die hausapothekenführenden Tierärztinnen und Tierärzte ihre Daten direkt über die Homepage der Medizinmarktaufsicht der AGES in die Datenbank hochladen. Somit ist es nun erstmals möglich eine Zuordnung der Menge der antimikrobiell wirksamen Substanzen zu einzelnen Tierarten vorzunehmen. Dementsprechend entfallen rund 75,8 % der abgegebenen Antibiotika auf die Nutztierspezies Schwein, rund 17 % auf Rinder und 6,8 % auf Geflügel.

In Österreich wurden im Jahr 2014 insgesamt 53,67 Tonnen Antibiotika für den Einsatz in der Veterinärmedizin verkauft. Im Vergleich zum Jahr 2013 kam es zu einer Abnahme der verkauften Gesamtmenge um rund 1,31 Tonnen. Das entspricht einer relativen Abnahme um rund 2,4 %. Dies ist zu einem geringen Teil sicher auch auf die Umstellung auf ein neues Erfassungssystem zurückzuführen.

Für die Erfassung der Daten des Jahres 2014 wurde erstmals auf ein neues System umgestellt: Die pharmazeutischen Firmen und Großhändler laden ihre Daten nun direkt über die Homepage der Medizinmarktaufsicht der AGES in die Datenbank. Aus diesen Daten wird die insgesamt vertriebene Menge an Wirksubstanz in Tonnen berechnet. Eine Zuordnung der Menge der antimikrobiell wirksamen Substanzen zu einzelnen Tierarten findet nicht statt.

Seit 2010 wird mittels eines von der EMA (European Medical Agency) entwickelten Verfahrens von der AGES/DSR im Auftrag des BMG eine lückenlose Erfassung der verkauften Mengen von Tierarzneimitteln für die Nutztiermedizin, die Antibiotika enthalten, bei allen in Österreich tätigen Arzneimittelfirmen durchgeführt. Die Erhebung ergab, dass in Österreich 2013 insgesamt 54,98 Tonnen Antibiotika an TierärztInnen für den Einsatz in der Nutztiermedizin verkauft wurden. Verglichen mit 2012 war das eine Steigerung um 3,3 Prozent.

Wie schon in den Jahren 2010 und 2011 wurden auch für das Jahr 2012 mittels eines von der EMA (European Medical Agency) entwickelten Verfahrens von der AGES/DSR im Auftrag des BMG eine lückenlose Erfassung der verkauften Mengen von Tierarzneimitteln für die Nutztiermedizin, die Antibiotika enthalten, bei allen in Österreich tätigen Arzneimittelfirmen durchgeführt. Die Studie ergab, dass in Österreich 2012 insgesamt 53,22 Tonnen Antibiotika an TierärztInnen für den Einsatz in der Veterinärmedizin verkauft wurden. Verglichen mit 2011 war das eine Reduktion um 0,22 Tonnen oder -0,41 %.

Wie schon für das Jahr 2010 wurden auch für das Jahr 2011 mittels eines von der EMA (European Medical Agency) entwickelten Verfahrens von der AGES/DSR im Auftrag des BMG eine lückenlose Erfassung der verkauften Mengen von Tierarzneimitteln für die Nutztiermedizin, die Antibiotika enthalten, bei allen in Österreich tätigen Arzneimittelfirmen durchgeführt. Die Studie ergab, dass in Österreich 2011 insgesamt 53,44 Tonnen  Antibiotika an TierärztInnen für den Einsatz in der Veterinärmedizin verkauft wurden. Verglichen mit 2010 war das eine Reduktion um 9,39 Tonnen oder -15 %.

In Österreich wurden 2010 insgesamt 62,83 Tonnen Antibiotika zur Anwendung bei den Nutztierarten Rind, Schwein, Geflügel, Schaf und Ziege verkauft. Die überwiegende Menge der Antibiotika in der Veterinärmedizin entfiel auf oral oder als Injektion zu verabreichende, systemisch wirksame Substanzen.

Aktualisiert: 14.11.2023