Dioxine und dioxinähnliche polychlorierte Biphenyle

Dioxine und dioxinähnliche polychlorierte Biphenyle

Steckbrief

Beschreibung

Dioxine ist ein Sammelbegriff für ähnliche, chlorierte Kohlenwasserstoffverbindungen (Kongenere), der 75 polychlorierte Dibenzo-p-dioxine (PCDD) und 135 polychlorierte Dibenzofurane (PCDF) umfasst.

Polychlorierte Biphenyle (PCB) sind eine Stoffgruppe bestehend aus 209 Kongeneren, die sich in ihrer Anzahl und Position der Chloratome am Biphenyl unterscheiden und unterschiedliche toxische Eigenschaften aufweisen. 12 Kongenere weisen eine ähnliche Struktur wie Dioxine auf und haben gleiche toxische Wirkungen, daher werden sie als dioxinähnliche PCB (dl-PCB) bezeichnet. Die restlichen Verbindungen haben andere Eigenschaften als Dioxine und werden nicht-dioxinähnliche PCB (ndl-PCB) genannt.

PCDD, PCDF und PCB treten immer in einem Gemisch unterschiedlicher Zusammensetzung auf.

Vorkommen

Dioxine entstehen bei Verbrennungsprozessen und bei der Synthese von chlorhaltigen Verbindungen als Nebenprodukte und werden nicht absichtlich hergestellt. PCB hingegen wurden bis in die 1980er Jahre als technische Gemische produziert und vielseitig industriell genutzt. Sie wurden als nicht-brennbare Flüssigkeiten in Transformatoren und Kondensatoren und als Weichmacher in Kunststoffen und Dichtungsmassen eingesetzt. Seit 2001 ist ihr Einsatz verboten. Aber auch PCB werden unbeabsichtigt bei Verbrennungs- und Syntheseprozessen gebildet und freigesetzt.

Dioxine und PCB sind schwer abbaubar, werden mit Wind und Regen über weite Strecken transportiert und verbleiben viele Jahre in der Umwelt. Durch ihre hohe Fettlöslichkeit reichern sie sich in Lebewesen im Fettgewebe an und bioakkumulieren entlang der Nahrungsmittelkette. D.h. wenn Nutztiere mit Dioxinen belastete Futtermittel aufnehmen, werden Dioxine in deren Fettgewebe gespeichert und angesammelt. Daher werden sie vor allem in Lebensmitteln tierischen Ursprungs wie Milch, Eier, Fleisch und Fisch sowie Erzeugnissen daraus, gefunden.

Gesundheitsrisiko

Beim Menschen kann eine akute Vergiftung zu Chlorakne, Übelkeit mit Erbrechen und Reizungen der oberen Atemwege, peripheren Neuropathien (Erkrankungen des peripheren Nervensystems), Störungen des Fettstoffwechsels und Leberschäden führen (Nau et al., 2003). Derartige Vergiftungen wurden bei Chemieunfällen, wie im Jahr 1976 in Seveso in Italien, oder bei berufsbedingten Expositionen in Chemiefabriken berichtet. Das Auftreten von Chlorakne bei Erwachsenen wird ab einer einmaligen Dioxin-Dosis von 1.000.000 pg WHO-TEQ/kg (Erklärung siehe Fachinformation) Körpergewicht beobachtet.

Als Folge einer höheren Exposition bereits im Mutterleib und nach der Geburt wurde eine niedrigere Spermienkonzentration bei Männern identifiziert. Ein Zusammenhang zwischen einer hohen Dioxinexposition bei Vätern und einer Verschiebung des Geschlechterverhältnisses bei den Nachkommen mit einer niedrigeren Anzahl von Jungen im Verhältnis zu Mädchen wurde beobachtet. Die Exposition gegenüber Dioxinen im Kindesalter führte zu einer geringeren Mineralisierung des Zahnschmelzes und zu Zahnschmelzdefekten.

Für weitere negative Auswirkungen beim Menschen ist die Beweislage noch nicht ganz geklärt. Aber es gibt Hinweise, dass ein Zusammenhang mit Diabetes Typ 2 und Fettleibigkeit, erhöhter Sterblichkeit durch Herzkreislauferkrankungen, Effekten auf das Immunsystem, Nervensystem und die weibliche Fortpflanzungsfähigkeit bestehen könnte.

Als chronische Auswirkungen von Dioxinen wurden in Tierversuchen Beeinträchtigungen des Immunsystems, des Nervensystems, des Hormonhaushalts und der Reproduktionsfunktionen beobachtet. Bei Tieren, die über einen längeren Zeitraum Dioxinen ausgesetzt waren, wurden verschiedene Krebsarten festgestellt. Untersuchungen zur Genotoxizität haben gezeigt, dass Dioxine kein erbgutveränderndes (mutagenes) Potential besitzen. Aufgrund dieser Tatsache werden Dioxine und dioxinähnliche PCBs der Gruppe der Tumorpromotoren zugeordnet d.h. sie beschleunigen die Entwicklung von Tumoren aus vorgeschädigten Zellen, sind aber selbst nicht in der Lage, durch DNA-Schädigungen die Tumorentstehung auszulösen. In Nagetieren traten Tumore in verschiedenen Organen, wie Haut, Eierstöcke und Leber, auf. Es wurde eine verringerte Spermienproduktion, ein verspäteter Beginn der Pubertät und Veränderungen bei den Knochen festgestellt.

Situation in Österreich

Höchstgehalte für Dioxine und dl-PCB sind für verschiedene Lebensmittelgruppen in der Europäischen Union in der  Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Nahrungsmitteln festgelegt. Zusätzlich zu den Höchstgehalten sind gemäß der Empfehlung 2013/711/EU der Kommission zur Reduktion des Anteils von Dioxinen, Furanen und PCB in Futtermitteln und Lebensmitteln, geändert durch die Empfehlung 2014/663/EU der Kommission, Auslösewerte für bestimmte Lebensmittel festgelegt. Auslösewerte sind Konzentrationen von Dioxinen und dl-PCP, die eine erhöhte Belastung im Lebensmittel anzeigen. Diese Auslösewerte liegen etwas unter den Höchstgehalten und sollen Lebensmittelherstellerinnen und Lebensmittelhersteller dazu veranlassen, etwaige Kontaminationsquellen ausfindig zu machen und zu entfernen.

Im Rahmen einer jährlichen Schwerpunktaktion wird in Österreich ein kontinuierliches Monitoring über die Hintergrundbelastung von Nahrungsmitteln mit Dioxinen und dl-PCB durchgeführt. Ziel dieses europaweiten Monitorings ist es, zuverlässige Daten über die Belastung von Nahrungsmitteln mit diesen Substanzen zu erhalten und in weiterer Folge notwendige Maßnahmen zu setzen, um die Gehalte an Dioxinen in Nahrungsmitteln auf das niedrigste erreichbare Niveau zu reduzieren.

Untersucht werden vor allem tierische, fettreiche Lebensmittel, wie Milch, Eier, Fleisch und Fisch und daraus hergestellte Produkte, aber auch Säuglingsnahrung und vereinzelt pflanzliche Lebensmittel. Die Schwerpunktaktionen zur Dioxinkontrolle in Nahrungsmitteln zeigen deutlich, dass österreichische Nahrungsmittel im Hinblick auf Dioxine und dl-PCB nur gering belastet sind, d.h. die Werte liegen deutlich unter den geltenden Grenzwerten.

Die durchschnittlichen Aufnahmemengen für Dioxine und dl-PCB in Österreich wurden auf 0,77 pg WHO-TEQ/kg Körpergewicht und Tag für Kinder, 0,75 pg WHO-TEQ/kg Körpergewicht und Tag für Frauen und auf 0,61 pg WHO-TEQ/kg Körpergewicht und Tag für Männer geschätzt. Den Hauptbeitrag zur Gesamtaufnahme leisteten Milch und Milchprodukte, gefolgt von Fisch und Fischprodukten für Kinder und Frauen sowie Fleisch, Geflügel, Wild und Innereien für Männer.

Monitoring 2012-2020

Im Zeitraum 2012 bis 2020 wurden 251 Proben von in Österreich produzierten Lebensmitteln bei Direktvermarkterinnen und Direktvermarktern und am Schlachthof gezogen und hinsichtlich Dioxinen und PCB untersucht. Die Proben tierischer Lebensmittel umfassten Fleisch und Fleischerzeugnisse, Schafleber, Muskelfleisch von Fisch, Milch und Milcherzeugnisse wie Joghurt, Rahm, Käse und Butter, Hühnereier und Fette von Rind und Schwein sowie Honig. Aus der Gruppe der pflanzlichen Lebensmittel wurden pflanzliche Öle und Fette, Ölsaaten, Nüsse, Gemüse und Kräuter untersucht.

Von den 251 Proben wurden in 248 Proben (>98 %) die Auslösewerte und Höchstgehalte für Dioxine und dl-PCB eingehalten. In einer Probe Speck vom Schwein mit einer Konzentration für die Summe der Dioxine von 1,87 pg WHO-TEQ/g Fett wurde der Höchstgehalt für Dioxine von 1,0 pg WHO-TEQ/g Fett überschritten und daher in weiterer Folge auch der Höchstgehalt für die Summe der Dioxine und dl-PCB von 1,25 pg WHO-TEQ/g Fett. Der Auslösewert für dl-PCB in Rindfleisch von 1,75 pg WHO-TEQ/g Fett wurde in einer Probe Kalbsfleisch und einer Probe Rindfleisch überschritten.

Tipps

Besonders empfindliche Bevölkerungsgruppen, wie Kinder und Frauen im gebärfähigen Alter, sollten auf den Verzehr von Wildfleisch z.B. Wildschwein, Wildgeflügel z.B. Fasan, und Fischen wie z.B. Aal und Brasse verzichten.

Fachinformation

Dioxine und dl-PCBs liegen immer als Gemische von Einzelverbindungen, so genannten Kongeneren, vor. Diese sind untereinander hinsichtlich ihrer Funktion, ihrer Struktur, ihrer Herkunft oder ihrer sonstigen Eigenschaften ähnlich, aber nicht zwingend identisch. Jedes Kongener der Dioxine und dioxinähnliche PCB ist in unterschiedlichem Maße toxisch. Um die Toxizität dieser unterschiedlichen Verbindungen aufsummieren zu können und um Risikobewertungen und Kontrollmaßnahmen zu erleichtern, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Konzept der Toxizitätsäquivalenzfaktoren (TEF) eingeführt. Das giftigste Dioxin 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin (2,3,7,8-TCDD), das so genannte Seveso-Dioxin, hat einen TEF von 1, ein weniger giftiges z. B. 0,5. Sämtliche Kongenere, die in der Analyse gefunden werden, werden mit ihrem jeweiligen TEF multipliziert und anschließend addiert. Diese Summe wird als Toxizitätsäquivalent (TEQ) bezogen auf das giftigste Dioxin bezeichnet.

Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) hat im November 2018 eine neue tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI) für Dioxine und dioxinähnliche PCBs abgeleitet. Diese umfassende Risikobewertung basiert auf aktuellen wissenschaftlichen Studien und Erkenntnissen. Dabei wurde der TWI-Wert von 14 pg WHO-TEQ/kg Körpergewicht und Woche auf 2 pg WHO-TEQ/kg Körpergewicht und Woche abgesenkt. Bei lebenslanger Aufnahme von Dioxinen und dioxinähnlichen PCBs in einer Menge von 2 pg WHO-TEQ/kg Körpergewicht und Woche ist mit keinen negativen Auswirkungen für die Menschen zu rechnen.

Endbericht Projekt POPMON - Identifizierung relevanter persistenter organischer Schadstoffe und potentiell belasteter Regionen als Basis für ein risiko-basiertes Lebensmittel-Monitoring in Österreich

EFSA 2018 Risk for animal and human health related to the presence of dioxins and dioxin‐like PCBs in feed and food

Mihats D., Moche W., Prean M., Rauscher-Gabernig E., 2015: Dietary exposure to non-dioxin-like PCBs of different population groups in Austria. Chemosphere 126, 53–59.

Rauscher-Gabernig E., Mischek D., Moche W., Prean M., 2013: Dietary intake of dioxins, furans and dioxinlike PCBs in Austria. Food Additives & Contaminants: Part A, 30:1770-1779.

 

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Aktualisiert: 10.10.2023