Lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche

Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten hygienisch einwandfreie Lebensmittel und die Lebensmittelindustrie legt großen Wert auf die Qualität ihrer Produkte. Erkranken Menschen dennoch durch den Verzehr von mit Krankheitserregern verunreinigten Lebensmitteln, sollte versucht werden, die Ursachen herauszufinden.

In Einzelfällen ist es in der Regel nicht möglich, die Ursache der Krankheit in der Vielfalt der verzehrten Lebensmittel zu finden. Bei Gruppenkrankheiten, so genannten lebensmittelbedingten Ausbrüchen, besteht jedoch eine bessere Chance, das Lebensmittel zu finden, das als Übertragungsvehikel für den Krankheitserreger diente, indem charakteristische Ähnlichkeiten zwischen den Fällen herausgearbeitet werden.

Definition: Ein lebensmittelbedingter Krankheitsausbruch wird im Zoonosengesetz 2005 wie folgt definiert: Das unter gegebenen Umständen festgestellte Auftreten einer mit demselben Lebensmittel oder mit demselben Lebensmittelunternehmen in Zusammenhang stehenden oder wahrscheinlich in Zusammenhang stehenden Krankheit und/oder Infektion in mindestens zwei Fällen beim Menschen oder eine Situation, in der sich die festgestellten Fälle stärker häufen als erwartet.

Situation 2022

Im Jahr 2022 wurden insgesamt 28 lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche gemeldet, um acht mehr als im Jahr 2021. In Summe waren 128 Personen von den Ausbrüchen betroffen, etwas mehr als 2021 (92 Personen) und 2020 (67 Personen) jedoch deutlich weniger als 2019 (793 Personen). 57 Personen mussten in Verbindung mit den Ausbrüchen hospitalisiert werden (2021: 27, 2020: 17, 2019: 159); es gab vier Todesfälle (2021: 2 Todesfälle, 2020: kein Todesfall, 2019: ein Todesfall). Die durchschnittliche Personenanzahl pro Ausbruch war 4,6 und betraf zwischen zwei und 30 Personen im jeweiligen Ausbruch. Erstmals war die Anzahl der allgemeinen Ausbrüche höher (n = 14) als die der Haushaltsausbrüche, zudem gab es vier Ausbrüche mit unbekanntem Status.

Als häufigstes Ausbruchsagens trat Salmonella in Erscheinung (11 Ausbrüche, 80 Betroffene). An zweiter Stelle liegt Campylobacter (8 Ausbrüche, 17 Fälle), danach folgen fünf Ausbrüche durch Listeria monocytogenes (17 Personen, alle hospitalisiert, 4 Todesfälle), zwei Ausbrüche durch Norovirus (10 Personen) und je einer durch STEC und Shigella sonnei (je 2 Fälle).

Ein wichtiger lebensmittelbedingter Ausbruch in Europa im Jahr 2022 wurde von der monophasischen Variante von S. Typhimurium ST34 verursacht, wobei in Österreich 14 Personen erkrankten und 5 davon hospitalisiert werden mussten. Europaweit waren insgesamt 324 Personen betroffen. Das kontaminierte Lebensmittel war Schokolade eines belgischen Betriebs. Die Produktion vor Ort wurde gestoppt und es kam zu einem weltweiten Produktrückruf.

Beim Listerioseausbruch durch L. monocytogenes Sg IVb/ST1/CT6568 waren fünf Personen betroffen, zwei davon starben. Der Ausbruch begann bereits im Jahr 2020 mit drei Personen (1 Todesfall), 2021 waren 2 Personen betroffen (1 Todesfall). Die Infektionen wurden durch den Verzehr von kontaminierten Milchprodukten verschiedener Art verursacht. Es kam zu einem österreichweiten Produktrückruf, die Produktion im Milchverarbeitungsbetrieb wurde gestoppt.

Ein Ausbruch mit starker Evidenz - verursacht durch L. monocytogenes Sg IIb/ST517/CT3971 - betraf drei Personen, alle mussten im Krankenhaus aufgenommen werden. Das verantwortliche Lebensmittel war verunreinigter Jausenspeck vom Schwein.  

Der größte Ausbruch mit schwacher Evidenz wurde durch Salmonella Typhimurium ST 19 verursacht und hat 30 Personen in Österreich betroffen. Zehn davon mussten hospitalisiert werden, das kontaminierte Lebensmittel war Schokolade.

Zwei Ausbrüche waren im Ausland erworben, einer durch Campylobacter nach Aufenthalt in Ecuador und einmal Shigella sonnei nach einem Indienaufenthalt.

Jahr 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022
lebensmittelbedingte Ausbrüche 609 438 368 351 193 232 122 133 96 78 80 69 52 48 21 20 28
- davon durch Salmonellen 452 305 223 208 98 100 53 44 47 34 37 31 21 17 7 9 11
- davon durch Campylobacter 137 108 118 120 82 116 61 58 40 32 40 24 24 22 10 6 8
Anzahl der Erkrankten (in Verbindung mit lebensmittelbedingten Ausbrüchen) 2.530 1.715 1.376 1.330 838 789 561 568 790 333 436 227 222 793 67 92 128
- in Verbindung mit Ausbrüchen Erkrankte je 100.000 Bewohner 30,7 20,7 16,5 15,9 10,0 9,4 6,7 6,7 9,3 3,9 5,0 2,6 2,5 9,0 0,7 1,0 1,4
- davon im Krankenhaus behandelt 493 286 338 223 155 179 97 108 121 86 68 56 58 159 17 27 57
- Anzahl der Todesfälle 3 1 0 6 2 0 0 0 1 0 0 2 0 1 0 2 4

 

Arten von Ausbrüchen

Auf Basis des österreichischen Zoonosengesetzes sammeln wir jährlich die Ausbruchsdaten und leiten diese an die EU weiter. Für diese Berichterstattung ergeben sich bestimmte Klassifizierungen: Ausbrüche, bei denen nur Mitglieder eines einzigen Haushaltes betroffen sind, werden als Haushaltsausbruch gewertet. Sind Personen aus mehreren Haushalten betroffen, wird dies als allgemeiner Ausbruch gezählt. Den Großteil (ca. 75 %) machen jedes Jahr Haushaltsausbrüche aus, weil es häufig nicht gelingt, Erkrankungsfälle verschiedener Haushaltsausbrüche epidemiologisch durch Identifizierung eines einzigen ursächlichen Lebensmittels miteinander in Verbindung zu setzen.

Ausbruchsabklärung

Das Ziel der Ausbruchserhebung ist es, nicht nur den gerade stattfindenden Ausbruch zu stoppen, sondern vor allem derartige Erkrankungen in der Zukunft generell zu verhindern.

Durch detaillierte und systematische Suche kann es gelingen, sowohl das Infektionsvehikel, also jenes Lebensmittel, welches das infektiöse Agens zum Menschen übertrug, und das Reservoir, das den Lebensraum darstellt, in dem ein infektiöses Agens normalerweise lebt, ausfindig zu machen. Nur dann ist es möglich, zielgerichtete und sinnvolle Interventionen zu setzen. Diese Maßnahmen sollen darin resultieren, dass die Ausbruchsursache, nämlich der Infektionserreger, aus der Lebensmittelkette eliminiert wird und die Konsumenten diesem Agens nicht mehr ausgesetzt sind.

Schön zeigt sich das präventivmedizinische Potential einer Ausbruchsabklärung an folgendem historischen Beispiel: Im Juli 2004 ist es gelungen, einen lebensmittelbedingten Ausbruch, verursacht durch Salmonella Enteritidis Phagentyp 36, einem in Österreich sehr seltenen Salmonellentypen, von dem 38 Personen in vier Bundesländern betroffen waren, abzuklären und auf eine Legehennenherde zurückzuführen. Die Herde wurde ausgemerzt, der Betrieb gründlich gereinigt und desinfiziert; anschließend wurden neue Legehennen eingestallt. Aufgrund dieser getroffenen Maßnahmen ist in Österreich seitdem kein einziger weiterer Erkrankungsfall durch Salmonella Enteritidis Phagentyp 36 bekannt geworden.

Über das EMS, ein flächendeckendes Surveillance-System, werden seit 2009 bakterielle und virale Lebensmittelinfektionen und -vergiftungen gemeldet. Diese Meldezahlen müssen jedoch differenziert betrachtet werden: Zahlreiche Faktoren können zu einer Unterschätzung der tatsächlichen Erkrankungszahlen führen („underdetection/underreporting“). Je nach Erreger ist die Datenlage oft unterschiedlich gut: Für Salmonellen beispielsweise liegen Daten aus europaweiten Grundlagenstudien, Überwachungs- und Bekämpfungsprogrammen vor. Der Rückgang von Salmonellose-Erkrankungen ist ein Effekt von Maßnahmen, die aufgrund dieser Datenlage durchgeführt werden. Toxoplasmose hingegen ist nicht meldepflichtig, obwohl neue wissenschaftliche Erkenntnisse auf einen Zusammenhang mit Lebensmittel hinweisen. All diese Faktoren müssen bei der Einschätzung der tatsächlichen Bedeutung einer Krankheit für die öffentliche Gesundheit berücksichtigt werden.

Durchführung

Gemäß den Bestimmungen des Epidemiegesetzes haben die lokal zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde durch die ihnen zur Verfügung stehenden Amtsärztinnen und Amtsärzte über jede Anzeige sowie über je den Verdacht des Auftretens einer anzeigepflichtigen Krankheit – und damit auch im Falle von lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen – unverzüglich die zur Feststellung der Krankheit und der Infektionsquelle erforderlichen Erhebungen und Untersuchungen einzuleiten. Darüber hinaus verpflichtet das Zoonosengesetz 2005 die jeweils zuständigen Behörden, lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche zu untersuchen und soweit möglich dabei angemessene epidemiologische und mikrobiologische Untersuchungen durchzuführen.

Die Behörden haben dabei die Möglichkeit Experten hinzu zu ziehen. Eine bloße Verstärkung von ungezielten Lebensmittelbeprobungen hat sich in der Vergangenheit wiederholt als nicht zielführend erwiesen. Bei vielen Ausbrüchen steht zum Zeitpunkt der Erhebungen das ursächliche Lebensmittel (bzw. die betroffene kontaminierte Charge des ursächlichen Produkts) für mikrobiologische Untersuchungen nicht mehr zur Verfügung.

Eine epidemiologische Studie kann in diesen Fällen Erkenntnisse bringen, die präventive Maßnahmen zur Vermeidung ähnlicher Zwischenfälle in der Zukunft ermöglichen. Die gewonnenen Erkenntnisse aus erfolgreich abgeklärten nationalen und internationalen Ausbrüchen der letzten Jahre haben die Notwendigkeit und den Nutzen von epidemiologischen Abklärungen außer Frage gestellt.

Themenbericht

In die Überwachung der Lebensmittelkette sind viele Behörden und Institutionen aus unterschiedlichen Fachgebieten involviert. Aufgrund der Komplexität und der teils unterschiedlichen Zielsetzungen ist eine umfassende, gemeinsame Betrachtung unbedingt notwendig. Der 4. Bericht aus der Reihe AGES Wissen Aktuell, "Lebensmittelbedingte Infektionskrankheiten", bietet diese Zusammenschau. Darüber hinaus wird beschrieben, welche Ursachen zu einer Kontamination tierischer Lebensmittel mit bestimmten Erregern führen können und welche Maßnahmen für eine Reduktion sowohl von Seiten der ProduzentInnen als auch der KonsumentInnen möglich sind.

In Österreich werden jedes Jahr rund 8.000 lebensmittelbedingte Erkrankungen im nationalen epidemiologischen Meldesystem (EMS) erfasst. Nach Definition der WHO sind durch Lebensmittel verursachte Infektionskrankheiten „Krankheiten infektiöser oder toxischer Natur, die tatsächlich oder wahrscheinlich auf den Verzehr von Lebensmitteln oder Wasser zurückgeführt werden können“.

Insgesamt sind über 250 Erreger und Toxine bekannt, die derartige Erkrankungen verursachen können. Der vorliegende Bericht beschränkt sich auf 20 Erreger, die in Österreich von Bedeutung sind (Campylobacter, Clostridium difficile, EHEC/VTEC, Listerien, Salmonellen, Shigella, Vibrionen, Yersinien, Noroviren, Rotaviren, Sapoviren, Hepatitisviren, Cryptosporidium parvum, Toxoplasma gondii, Cyclospora cayetanensis, Giardia und die Toxinbildner Staphyloccus aureus, Bacillus cereus, Clostridium botulinum, Clostridium perfringens). Erreger, die in Österreich so gut wie nicht vorkommen bzw. nur als Reisekrankheiten auftreten, wurden nicht berücksichtigt.

Aktualisiert: 26.02.2024