In die Überwachung der Lebensmittelkette sind viele Behörden und Institutionen aus unterschiedlichen Fachgebieten involviert. Aufgrund der Komplexität und der teils unterschiedlichen Zielsetzungen ist eine umfassende, gemeinsame Betrachtung unbedingt notwendig. Der 4. Bericht aus der Reihe AGES WISSEN AKTUELL, "Lebensmittelbedingte Infektionskrankheiten", bietet diese Zusammenschau. Darüber hinaus wird beschrieben, welche Ursachen zu einer Kontamination tierischer Lebensmittel mit bestimmten Erregern führen können und welche Maßnahmen für eine Reduktion sowohl von Seiten der ProduzentInnen als auch der KonsumentInnen möglich sind.
In Österreich werden jedes Jahr rund 8.000 lebensmittelbedingte Erkrankungen im nationalen epidemiologischen Meldesystem (EMS) erfasst. Nach Definition der WHO sind durch Lebensmittel verursachte Infektionskrankheiten „Krankheiten infektiöser oder toxischer Natur, die tatsächlich oder wahrscheinlich auf den Verzehr von Lebensmitteln oder Wasser zurückgeführt werden können“.
Insgesamt sind über 250 Erreger und Toxine bekannt, die derartige Erkrankungen verursachen können. Der vorliegende Bericht beschränkt sich auf 20 Erreger, die in Österreich von Bedeutung sind (Campylobacter, Clostridium difficile, EHEC/VTEC, Listerien, Salmonellen, Shigella, Vibrionen, Yersinien, Noroviren, Rotaviren, Sapoviren, Hepatitisviren, Cryptosporidium parvum, Toxoplasma gondii, Cyclospora cayetanensis, Giardia und die Toxinbildner Staphyloccus aureus, Bacillus cereus, Clostridium botulinum, Clostridium perfringens). Erreger, die in Österreich so gut wie nicht vorkommen bzw. nur als Reisekrankheiten auftreten, wurden nicht berücksichtigt.
Über das EMS, ein flächendeckendes Surveillance-System, werden seit 2009 bakterielle und virale Lebensmittelinfektionen und -vergiftungen gemeldet. Diese Meldezahlen müssen jedoch differenziert betrachtet werden: Zahlreiche Faktoren können zu einer Unterschätzung der tatsächlichen Erkrankungszahlen führen („underdetection/underreporting“). Je nach Erreger ist die Datenlage oft unterschiedlich gut: Für Salmonellen beispielsweise liegen Daten aus europaweiten Grundlagenstudien, Überwachungs- und Bekämpfungsprogrammen vor. Der Rückgang von Salmonellose-Erkrankungen ist ein Effekt von Maßnahmen, die aufgrund dieser Datenlage durchgeführt werden. Toxoplasmose hingegen ist nicht meldepflichtig, obwohl neue wissenschaftliche Erkenntnisse auf einen Zusammenhang mit Lebensmittel hinweisen. All diese Faktoren müssen bei der Einschätzung der tatsächlichen Bedeutung einer Krankheit für die öffentliche Gesundheit berücksichtigt werden.
AGES WISSEN AKTUELL 4/2016: Lebensmittelbedingte Infektionskrankheiten