Thiomersal (auch: Thimerosal im US-Raum) ist das Natriumsalz einer organischen Quecksilberverbindung (chemische Bezeichnung Quecksilberethyl- natriumthiosalicylat) und wird als Konservierungsstoff in kosmetischen und pharmazeutischen Produkten verwendet, um diese vor mikrobiellem Verderb zu schützen. Es ist bereits in sehr niedrigen Konzentrationen wirksam.
Thiomersal wird im Organismus zu Thiosalicylat und Ethylquecksilber abgebaut. Das Ethylquecksilberkation (positiv geladenes Teichen) blockiert die Aktivität von Enzymen. Daraus resultiert bereits in niedrigen Dosen die antimikrobielle Wirkung (siehe auch den Wikipedia-Übersichtsartikel „Thiomersal“ http://de.wikipedia.org/wiki/Thiomersal).
Thiomersal ist grundsätzlich ein in Österreich für kosmetische Mittel zugelassenes Konservierungsmittel. Der Grenzwert beträgt 0,007 % (berechnet als Quecksilber), d.h. 0,07 mg/g oder ml. Sollten andere quecksilberhaltige Verbindungen eingesetzt werden, darf der Höchstgehalt an Quecksilber insgesamt 0,007 % nicht überschreiten. Der Anwendungsbereich ist auf Augenmittel (Schmink- und Abschminkmittel für die Augen) eingeschränkt. Weiters muss ein Warnhinweis "enthält Ethylquecksilberthiosalicylat" bzw. "enthält Thiomersal" am Produkt angebracht werden. Obwohl grundsätzlich mit den genannten Beschränkungen zulässig, ist der Einsatz von Thiomersal erfahrungsgemäß in Österreich in kosmetischen Mittel nicht weit verbreitet.
In der medizinischen Anwendung ist Thiomersal als Konservierungsmittel derzeit noch in den Grippe-Impfstoffen „Daronrix“, „Pandemrix“, „Prepandrix“, „Pumarix“ und dem Kombinationsimpfstoff gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis (Keuchhusten) und Hepatitis B „Tritanrix HepB“ enthalten. Alle Impfstoffe sind zentral für alle EU-Mitgliedstaaten zugelassen und bis auf Tritanrix HepB pandemische/präpandemische Impfstoffe, die demnach nicht routinemäßig im Einsatz sind. Dabei enthält „Daronrix“ 0,05 mg, „Pandemrix“ 0,005 mg, „Prepandrix“ 0,005 mg und „Pumarix“ 0,005 mg Thiomersal pro Packungseinheit.
Thiomersal könnte auch als Produktionsrückstand in Spuren vorhanden sein; dies würde, wenn überhaupt, allerdings nur sehr wenige Produkte betreffen, und da mit hoher Wahrscheinlichkeit nur unterhalb der Nachweisgrenze. Weder im Europäischen Arzneibuch noch in diversen europäischen Leitlinien werden Obergrenzen definiert bzw. Testmethoden vorgeschrieben. Es ist jedoch für die Hersteller verpflichtend, die Anwesenheit von Thiomersal in einem Produkt anzugeben.
Ende der 1990-er Jahre kamen Zweifel an der Unbedenklichkeit von Thiomersal auf: einerseits aufgrund zunehmender Meldungen von unerwünschten Wirkungen, insbesondere Überempfindlichkeitsreaktionen, andererseits auch wegen der kumulierenden Quecksilberbelastung von Kindern durch die routinemäßigen Kinderimpfungen, aufgrund derer neurologische Störungen wie z. B. Autismus befürchtet wurden. Die Behörden in den USA und Europa empfahlen vorsorglich – ohne dass konkrete Hinweise auf eine neurologische Giftigkeit vorlagen – Thiomersal und andere organische Quecksilberverbindungen möglichst aus Impfstoffen für Säuglinge und Kleinkinder zu entfernen1. So werden in den USA bei Kindern unter sechs Jahren nur noch Impfstoffe eingesetzt, die kein Thiomersal oder höchstens Spuren davon enthalten. Insgesamt sind in den USA die meisten Impfstoffe in Einzeldosisverpackungen frei von Thiomersal2.
Im Jahr 2004 revidierte der Ausschuss der Europäischen Arzneimittelagentur die Bewertung von Thiomersal in Impfstoffen. Die Auswertung von epidemiologischen Studien hatte zu dem Schluss geführt, dass kein Zusammenhang zwischen neurologischen Entwicklungsstörungen und Thiomersal in Impfstoffen bestehe. Dennoch solle die Entwicklung von Impfstoffen ohne quecksilberhaltige Hilfsstoffe, auch aus ökologischen Gründen, weiter vorangetrieben werden. Die Agentur betonte, der Vorteil von Impfungen überwiege bei weitem theoretische Risiken des Thiomersals3.
Thiomersal wurde von einigen Wissenschaftlern, Impfgegnern und von einigen Eltern autistisch behinderter Kinder – besonders in den USA – mit dem Auftreten von Autismus in Verbindung gebracht. Aufgrund epidemiologischer Studien gilt ein Zusammenhang von Thiomersal und dem Vorkommen von Autismus heute als widerlegt Die Weltgesundheitsorganisation WHO, das US-amerikanische "Institute of Medicine" sowie die europäische Arzneimittelbehörde EMA sind inzwischen unabhängig voneinander zu dem Schluss gelangt, dass die verfügbaren Studien gegen einen solchen Zusammenhang sprechen. Gleichwohl haben die Pharmahersteller auf die heftige Debatte reagiert: Für alle generell empfohlenen Schutzimpfungen sind inzwischen quecksilberfreie Impfstoffe verfügbar4.
In Medizinprodukten ist Thiomersal noch bei Kontaktlinsenpflegemitteln in Anwendung. Allerdings ist der AGES kein derartiger Hersteller in Österreich bekannt. Keine Kenntnis herrscht auch darüber, ob es eventuell als "Haltbarmacher" in flüssigen Medizinprodukten Verwendung findet.
Die Sicherheit von aluminiumhaltigen Substanzen wurde bei Tieren abgeschätzt. Dabei zeigten sich bei bestimmten Mengen mögliche Schädigungen des Nervensystems (Mäuse und Ratten), der männlichen Fruchtbarkeit (Hunde) und der Leibesfrucht (Mäuse), ebenfalls auch hinsichtlich der Entwicklung des Nervensystems (Ratten und Mäuse). Zur Frage der eventuellen Beeinträchtigung des Erbguts bis hin zur Krebserzeugung kam die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA zu dem Schluss, dass bei den Mengen, denen der Verbraucher über die Ernährung oder über Konsumprodukte ausgesetzt ist, keine Gefährdung des Menschen anzunehmen ist.
Auf Grund der vorhandenen Daten wurde unter Einbau eines großen Sicherheitsfaktors von 100 von der EFSA ein Mengenwert von 1 mg Aluminium/kg Körpergewicht (der so genannte „Tolerable Weekly Intake“ TWI) erstellt, der insgesamt wöchentlich aus den verschiedensten Quellen aufgenommen werden kann, ohne dass eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch das Aluminium zu befürchten ist. Die EFSA ermittelte 2008, welche Mengen an Aluminium in der von verschiedenen Bevölkerungsgruppen konsumierten Nahrung tatsächlich enthalten waren. Die Durchschnittsbevölkerung nahm damals wöchentlich 0,2 – 1,5 mg Aluminium pro kg Körpergewicht zu sich, wobei sich starke regionale Unterschiede zeigten. Diese Expositionsdaten schlossen neben natürlichen Aluminiumgehalten der Lebensmittel auch Einträge aus Lebensmittelzusatzstoffen und Lebensmittelkontaktmaterialien mit ein. Somit wurde der TWI Wert von 1 mg pro kg Körpergewicht damals bei einem signifikanten Anteil der Bevölkerung überschritten. Da aluminiumhaltige Lebensmittelzusatzstoffe einen großen Beitrag zum Aluminiumgehalt verschiedenster Lebensmittel leisten, senkte die Europäische Kommission daraufhin die zulässigen Verwendungsmengen verschiedener Zusatzstoffe (VO (EU) 380/2012). Es wird davon ausgegangen, dass die Exposition der Bevölkerung durch diese Maßnahmen reduziert werden konnte.
Berichte über einander exponentiell verstärkende negative Wirkungen (so genannter Synergismus, der den Umstand beschreibt, dass zwei gleichzeitig aufgenommene (giftige) Substanzen einander in ihrer (Gift-)Wirkung derart verstärken, dass die Gesamtwirkung größer als die Summe der Wirkungen der beiden einzelnen Substanzen ist) von Thiomersal und Aluminium kommen beinahe ausschließlich von einer Person oder Gruppe um diese Person, Boyd E. Haley, einem inzwischen emeritierten Professor am Chemischen Institut der US-amerikanischen Universität von Kentucky, vor allem im Zusammenhang mit Autismus und anderen neurologischen Störungen. HALEY5 beschreibt einen Versuch mit Neuronen in einer Zellkultur (so genannter In vitro-Versuch): Mengen an Aluminium, die innerhalb von 6 Stunden keinen signifikanten Zelltod bewirkten, kombiniert mit Mengen an Thiomersal, die für sich allein bis zum selben Zeitpunkt nur eine geringe Zunahme des Neuronenuntergangs herbeiführten, verursachten einen Anstieg der Zelltodesrate auf ungefähr 60 %, für den Berichterstatter ein „verblüffender“ Effekt und klarer Beweis für einen Synergismus. Die Schwäche dieses an sich zu weiteren Untersuchungen Anlass gebenden Ergebnisses liegt allerdings darin, dass es nur in gefärbten Berichten von offensichtlichen Anhängern einer „Quecksilber-Autismus-Hypothese“ bzw. in Journalen wiedergegeben wird, denen wissenschaftliche Reputation fehlt, und ohne Details der Versuchsführung, was wiederum auf die Qualität der Arbeit schließen lässt. Das gleiche gilt für einen Verfechter der Quecksilber-Autismus- und in diesem Fall sogar Alzheimer-Hypothese, Donald W. Miller, einem Chirurgen an der Universität von Washington/Seattle, USA: In einer Meinungsäußerung in einem online-Tagesjournal6 führt er ohne nähere Erklärung oder Beschreibung der Versuchsdurchführung an: „A small dose of mercury that kills 1 in 100 rats and a dose of aluminum that will kill 1 in 100 rats, when combined have a striking effect: all the rats die. Doses of mercury that have a 1 percent mortality will have a 100 percent mortality rate if some aluminum is there.” Obwohl eine in den Raum gestellte Behauptung ohne Beweisführung oder Zitierung, wird sie immer wieder gerne von Anhängern der zuvor genannten Hypothesen angeführt. Dabei ist noch eine verdächtige Koinzidenz mit Mitteilungen zu beobachten, die Blei exakt dieselbe Toxizitätsverstärkung von Quecksilber zuschreiben.
Zusammenfassung
Zusammenfassend kann ausgesagt werden, dass eine verstärkende negative Wirkung durch die gleichzeitige Exposition gegenüber Quecksilber und Aluminium, die über die Summe der Einzelwirkungen hinausgeht (so genannter Synergismus), bislang durch keine profunden und nachvollziehbaren Studien bewiesen worden ist. Was das Gefährdungspotenzial von Thiomersal, vor allem in Impfstoffen und etwaig in Kombination mit Aluminiumverbindungen betrifft, so gilt ein ursächlicher Zusammenhang mit neurologischen Erkrankungen wie z. B. Autismus als widerlegt. Daneben wurden auch legistische oder konsensuale Maßnahmen ergriffen, Kinder in den ersten Lebensjahren nicht über Impfungen gegenüber organischen Quecksilberverbindungen zu exponieren.
Dessen ungeachtet kann Quecksilber die Blut-Hirn-Schranke überwinden und im Gehirn toxische Auswirkungen erzeugen. Auch von Aluminium wird angenommen, dass es diese Schranke durchdringen und in bestimmten Gehirn- und neuronalen Bereichen akkumulieren kann. Damit erreichen beide Metalle sehr sensible Bereiche des menschlichen Körpers. Deshalb bestehen in der Europäischen Union Programme, die die Verringerung der Quecksilberwerte in der Umwelt und der Exposition des Menschen, insbesondere gegenüber in Fischen enthaltenem Methylquecksilber, zum Ziel haben. Auch die zulässigen Aluminiumgehalte in Lebensmittelzusatzstoffen wurden herabgesetzt. Allerdings wird es weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen auf dem aktuellen Stand des Wissens bedürfen, um durch diese beiden Metalle hervorgerufenen Wirkungsmechanismen und etwaige Kumulation dieser Wirkungen weiter abzuklären.
Literatur
1European Agency for the Evaluation of Medicinal Products. EMEA Public Statement on Thiomersal Con-taining Medicinal Products. EMEA/20962/99; London, 8 July, 1999 http://www.emea.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Scientific_guideline/2009/09/WC500003902.pdf
2US Food and Drug Adminstration. Thimerosal in Vaccines.
http://www.fda.gov/BiologicsBloodVaccines/SafetyAvailability/VaccineSafety/UCM096228
3European Agency for the Evaluation of Medicinal Products. EMEA Public Statement on Thiomersal in Vaccines for Human Use – Recent Evidence Supports Safety of Thiomersal-Containing Vaccines. EMEA/CPMP/VEG/1194/04/Adopted. London, 24 March, 2004
http://www.emea.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Scientific_guideline/2009/09/WC500003904.pdf
4Robert Koch-Institut. Schutzimpfungen – 20 Einwände und Antworten des Robert Koch-Instituts und des Paul-Ehrlich-Instituts. Stand: 10.05.2007.
http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Bedeutung/Schutzimpfungen_20_Einwaende.htm
5Haley BE, 2005. Mercury toxicity: Genetic susceptibility and synergistic effects. Medical Veritas 2: 535-542
6Miller DW. Mercury on the Mind.
http://www.lewrockwell.com/2004/09/donald-w-miller-jr-md/the-curse-of-mercury-in-vaccines/