Amtliche Lebensmittelkontrolle
Jährlich wird ein Nationaler Kontrollplan (NKP) für Betriebskontrollen und Probenziehungen erstellt, der den Rahmen für die amtliche Lebensmittelüberwachung in Österreich vorgibt. Die Durchführung und Organisation der Kontrollen erfolgen in mittelbarer Bundesverwaltung.
Unter der Verantwortung der Landeshauptleute werden die Aufsichtsbehörden der jeweiligen Länder tätig (Lebensmittelaufsicht, Veterinärbehörde). Die Landesbehörden kontrollieren die Betriebe gemäß den Vorgaben des NKP. Unter anderem wird bei Revisionen überprüft, ob durch entsprechende Eigenkontrollen der Produkte, der Produktionsvorgänge und der Betriebshygiene ausreichend sichergestellt wird, dass alle Anforderungen der Rechtsvorschriften der Europäischen Union und Österreichs erfüllt werden.
Probenziehungen erfolgen ebenfalls entsprechend den Vorgaben des NKP (z. B. nach Betriebsart wie Einzelhandel, Großhandel, Importeure, Gastronomie oder nach Warengruppe wie Fleisch, Milch, Fisch, Obst, Gemüse, Kosmetika, Spielzeug) durch die Aufsichtsbehörden der Länder. Die Proben werden der AGES oder den Untersuchungsstellen der Länder Wien, Kärnten oder Vorarlberg zur Analyse und Begutachtung übermittelt. Ergibt die Beurteilung („amtliches Gutachten“) Beanstandungen, muss die zuständige Landesbehörde Maßnahmen setzen und/oder Anzeige erstatten.
Die Planung der Probenziehungen erfolgt risikobasiert und gliedert sich in Verdachtsproben und Planproben:
Verdachtsproben werden aufgrund von Wahrnehmungen der Aufsichtsbehörden, wegen Beschwerden von KonsumentInnen oder aufgrund von Hinweisen anderer Behörden (national oder EU) gezogen.
Planproben werden routinemäßig ganzjährig über das gesamte Warenspektrum verteilt gezogen und nach einem risikobasierten Ansatz statistisch geplant. Warengruppen, die aufgrund bisher vorliegender Ergebnisse oder nach ExpertInneneinschätzung ein größeres Risiko für die Bevölkerung darstellen, werden intensiver überwacht. Die Ergebnisse aus diesen Probenziehungen ermöglichen repräsentative Aussagen zur Lebensmittelsicherheit und zum Täuschungsschutz. Sie gliedern sich in Handelsproben, die ohne eine weitere Tätigkeit an KonsumentInnen weitergegeben werden und eine Übersicht über den Markt liefern, und in Proben aus der Eigenproduktion (PEP) von Waren, die im Betrieb selbst produziert, be-, verarbeitet oder behandelt werden.
Gezielte Fragestellungen werden im Rahmen von Schwerpunktaktionen (SPA) überprüft. Dazu erfolgt die Probenziehung von vorgegebenen Produktgruppen innerhalb eines festgelegten Zeitraums. Die Anzahl der Proben wird nach statistischen Gesichtspunkten in Bezug auf die Aussagekraft der Ergebnisse berechnet. Damit lassen sich spezielle Fragestellungen effektiv und effizient untersuchen und beantworten. Der Plan für die SPAs wird jährlich von einem ExpertInnengremium erstellt und beinhaltet auch Überwachungsprogramme, die von der Europäischen Kommission vorgegeben werden (z. B. das EU-weite Pestizidkontrollprogramm).
Die Ergebnisse der amtlichen Kontrollen sind im Lebensmittelsicherheitsbericht dargestellt und werden jedes Jahr auf der Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen (BMGF) veröffentlicht.
Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG)
Das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, veröffentlicht im Bundesgesetzblatt I mit Nummer 13/2006 dient dazu, den lebensmittelrechtlichen Anforderungen der Europäischen Union Rechnung zu tragen und den Gesundheitsschutz der KonsumentInnen und den Schutz der KonsumentInnen vor Täuschung zu gewährleisten. Es regelt die Anforderungen an Lebensmittel, Trinkwasser, Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel und gilt für alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen.
Nationaler Kontrollplan (NKP)
Der Nationale Kontrollplan wird gemäß § 31 LMSVG jährlich für Betriebskontrollen und Probenziehungen erstellt und gibt den Rahmen für die amtliche Lebensmittelüberwachung in Österreich vor. Er wird unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Aufgaben des Lebensmittelrechts, der Beurteilung und Bewertung vorliegender Ergebnisse und von aktuellen Geschehnissen risikobasiert erstellt. Das Ziel des NKP ist eine zweckmäßige und wirksame Kontrolle von Betrieben und Waren des LMSVG.
Beurteilung der Proben
Amtlich gezogene Proben werden von den zuständigen Landesbehörden an die AGES oder eine Untersuchungsstelle der Länder Wien, Kärnten oder Vorarlberg zur Untersuchung übermittelt. Die Untersuchungsergebnisse sind die Grundlage für die Beurteilung, ob die Waren den lebensmittelrechtlichen Anforderungen entsprechen. In Form eines Gutachtens wird diese Beurteilung den Landesbehörden übermittelt. Sofern die Probe den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entspricht, wird sie beanstandet, worauf die Behörde geeignete Maßnahmen setzen muss.
Beanstandung
ExpertInnen der AGES sowie der Untersuchungsstellen der Länder Wien, Kärnten und Vorarlberg untersuchen und begutachten Proben im Rahmen der amtlichen Lebensmittelkontrolle. Die Gutachten gehen an die zuständige Landesbehörde und sind Grundlage für allfällige Maßnahmen oder Anzeigen.
Bei Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften werden die Proben beanstandet. Folgende Beanstandungsgründe treten bei SPAs häufig auf:
- Gesundheitsschädlich sind Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel, wenn sie geeignet sind, die Gesundheit zu gefährden oder zu schädigen (z. B. Lebensmittel mit Krankheitserregern oder Spielzeug mit Sicherheitsmängeln).
- Für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind Lebensmittel (für den bestimmungsgemäßen Gebrauch ungeeignet sind Gebrauchsgegenstände bzw. kosmetische Mittel), wenn die bestimmungsgemäße Ver-wendbarkeit nicht gewährleistet ist (z. B. wenn Lebensmittel durch Fremdstoffe oder Verderb für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel geworden sind).
- Wertgemindert sind Lebensmittel, wenn sie nach der Herstellung (ohne weitere Behandlung) eine erhebliche Minderung an wertbestimmenden Bestandteilen oder ihrer spezifischen, wertbestimmenden Wirkung oder Eigenschaft erfahren haben (z. B. Lebensmittel mit fehlender Frische oder erhöhter Keimbelastung, solange sie noch nicht für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind).
- Irreführend gekennzeichnet sind Waren mit zur Täuschung geeigneten Angaben über die Eigenschaften der Waren (z. B. zu lang bemessenes Mindesthaltbarkeitsdatum oder falsche Nährwertgehalte).
- Nachteilige Beeinflussung durch Gebrauchsgegenstände liegt vor, wenn diese bei bestimmungsgemäßem Gebrauch geeignet sind, Lebensmittel oder kosmetische Mittel nachteilig zu beeinflussen (z. B. unhygienische Küchengeräte oder Behälter mit Kunststoffgeschmack).
Verordnungsverstöße betreffen spezielle Verordnungen, die auf Basis des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG) erlassen wurden (z. B. Trinkwasserverordnung, Hygieneverordnungen, Spielzeugverordnung).
Hinweis
Jeder Verdacht der Verletzung von lebensmittelrechtlichen Vorschriften, der bei der Untersuchung eines Lebensmittels festgestellt wird, ist im Gutachten festzuhalten. Die zuständige Landesbehörde muss darüber informiert werden, damit sie die nötigen Maßnahmen setzen kann. Bei Auffälligkeiten, die noch nicht zu einer Beanstandung führen (z. B. Analysenwerte knapp unter dem erlaubten Höchstgehalt) und bei geringfügigen Mängeln, die eine Beanstandung und verwaltungsrechtliche Anzeigen nicht rechtfertigen würden, werden Hinweise in Form einer schriftlichen Information an die zuständige Landesbehörde übermittelt.
Maßnahmen
Werden bei Betriebskontrollen oder in Gutachten von untersuchten Proben Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Anforderungen festgestellt, muss die zuständige Landesbehörde geeignete Maßnahmen zur Behebung dieser Mängel setzen. Dazu zählen etwa die Einschränkung oder das Verbot des Inverkehrbringens der Ware, die Untersagung der Benützung von Räumen oder auch die Schließung eines Betriebes. Der verantwortliche Betrieb muss gesundheitsschädliche Produkte umgehend vom Markt nehmen, seine AbnehmerInnen informieren und die Bevölkerung warnen, sollte die Ware die KonsumentInnen bereits erreicht haben.
Parallel zu diesen verpflichtenden Schutz- und Informationsmaßnahmen kann die Landesbehörde auch jeden Verstoß bei der zuständigen Strafbehörde anzeigen.
Monitoring
Ein Monitoring wird durchgeführt, um sich einen Überblick über den Stand der Einhaltung von speziellen lebensmittelrechtlichen Fragestellungen zu verschaffen. Dabei wird eine vereinfachte Probenahme durchgeführt. Bei Verdacht eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften wird die zuständige Behörde informiert. Monitoringproben ziehen unmittelbar keine Maßnahmen nach sich, die Behörde wird jedoch tätig, um die Ursachen der Auffälligkeit zu eruieren.
Risikomanagement
Aufgabe des Risikomanagements ist die Bewertung von Handlungsoptionen, die Lebensmittelsicherheit und Schutz vor Täuschung gewährleisten. Dabei trifft das Risikomanagement seine Entscheidungen auf Basis von Risikobewertungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen. Zusätzlich werden gesellschaftliche, ökologische, wirtschaftliche und ethische Aspekte berücksichtigt. Typische Maßnahmen des Risikomanagements sind das Festlegen von Höchstgehalten oder Anwendungsbeschränkungen für bestimmte Stoffe und die Steuerung der Lebensmittelkontrolle. Das Risikomanagement ist in Österreich eine Aufgabe des BMSGPK.
Bestimmungsgrenze (BG)
Die Bestimmungsgrenze oder Quantifizierungsgrenze (englisch limit of quantitation, LOQ) ist die kleinste Konzentration eines Stoffes, der quantitativ mit einer festgelegten Präzision bestimmt werden kann. Oberhalb der BG werden quantitative Analysenergebnisse angegeben.
Nachweisgrenze (NG)
Die Nachweisgrenze (englisch limit of detection, LOD) ist die niedrigste Konzentration eines Stoffes, die ausreichend sicher von null unterschieden werden kann. Erst ab der NG kann die Anwesenheit eines Stoffes bestätigt werden, ohne jedoch Aussagen über den Gehalt treffen zu können.
Konfidenzintervall (KI)
Die Daten stammen von Zufallsstichproben. Die Aussagen der Ergebnisse sind somit mit einer gewissen Unsicherheit behaftet – der wahre Wert liegt mit 95 %iger Wahrscheinlichkeit innerhalb des KI. Die Breite des Intervalls hängt wesentlich von der Anzahl der Daten ab. Je mehr Daten/Proben vorliegen, desto schmäler wird das KI bzw. je weniger Daten/Proben vorliegen, desto breiter wird das KI.
Eine Beanstandungsquote von 21 % mit einem KI von 13 bis 23 % bedeutet daher, dass 21 % der Proben beanstandet wurden. Die Beanstandungsquote kann aber auch jeden Wert zwischen 13 und 23 % annehmen. Genauer kann die Beanstandungsquote nur dann angegeben werden, wenn mehr Proben untersucht werden.