Neuartige Lebensmittel

Allgemein

In der Regel können Lebensmittel ohne vorherige Genehmigung auf den europäischen Markt gebracht werden. Eine Ausnahme stellen neuartige Lebensmittel und Lebensmittelzutaten dar, da es keine ausreichende Erfahrungsbasis im Hinblick auf ihre Sicherheit und Verträglichkeit gibt. Das umfasst sowohl neu entwickelte und innovative Lebensmittel als auch Lebensmittel, die mit Hilfe neuer Technologien und Produktionsverfahren hergestellt werden, sowie Lebensmittel, die traditionell außerhalb der EU, aber nicht in Europa verzehrt werden.

Definition von neuartigen Lebensmitteln (= Novel Foods)

Neuartige Lebensmittel („Novel Foods“) sind alle Lebensmittel, die vor dem 15. Mai 1997 unabhängig von den Zeitpunkten der Beitritte von Mitgliedstaaten zur Union nicht in nennenswertem Umfang in der Europäischen Union für den menschlichen Verzehr verwendet wurden und in mindestens eine der folgenden 10 Lebensmittelkategorien fallen:

  1. mit neuer oder gezielt modifizierter primärer Molekularstruktur (z. B. Tagatose, Salatrim)
  2. aus Mikroorganismen, Pilzen oder Algen bestehen oder aus diesen isoliert worden sind (z.B. Algenöl aus der Mikroalge Ulkenia sp.)
  3. aus Materialien mineralischen Ursprungs bestehen oder aus diesen isoliert worden sind (z.B. Klinoptilolith (Zeolith))
  4. aus Pflanzen und Pflanzenteilen bestehen oder aus diesen isoliert worden sind (z. B. Noni-Saft (Morinda citrifolia), Chiasamen (Salvia hispanica))
  5. aus Tieren, oder deren Teilen bestehen oder daraus isoliert worden sind (z.B. Insekten, Öl aus antarktischem Krill (Euphasia superba), Peptide aus dem Fisch Sardinops sagax)
  6. Zell- und Gewebekulturen von Tieren, Pflanzen, Mikroorganismen, Pilzen oder Algen (z. B. Extrakt aus Zellkulturen von Echinacea angustifolia, in vitro Fleisch)
  7. mit einem neuen, nicht üblichen Herstellungsverfahren produziert wurde, das zu einer Veränderung der Zusammensetzung oder Struktur führte (z. B. hochdruckpasteurisierte Fruchtzubereitungen, UV-behandelte Pilze (Agaricus bisporus), UV-behandelte Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae), UV-behandelte Milch)
  8. aus technisch hergestellten Nanomaterial bestehen (gemäß Artikel 3, Abs 2, lit f)
  9. Vitamine, Mineralstoffe und andere Stoffe (z.B. Eisen (II)-Ammoniumphosphat, Vitamin K2 (Menachinon), Chrompicolinat)
  10. die ausschließlich in Nahrungsergänzungsmittel verwendet wurden (nicht zulässig in anderen Lebensmittelkategorien als Nahrungsergänzungsmittel) (z.B. Maqui Beere (Aristotelia chilensis), Rosenwurz (Rhodiola rosea)

Fachinformation

Rechtliche Grundlagen

Neuartige Lebensmittel sind in der Verordnung (EU) 2015/2283 über neuartige Lebensmittel geregelt. Die genauen Definitionen der Lebensmittelkategorien sind in Artikel 3 Abs. 2 der Verordnung aufgeführt.

Lebensmittelzusatzstoffe, Lebensmittelaromen, Lebensmittelenzyme, genetisch veränderte Lebensmittel und Extraktionslösungsmittel zur Herstellung von Lebensmitteln sind keine neuartigen Lebensmittel, da für sie eigene gesetzliche Regelungen bestehen (gemäß Artikel 2, Abs. 2 der Novel Food-Verordnung (EU) 2015/2283).

Neuartige Lebensmittel sind sicher

Neuartige Lebensmittel (= Novel Foods) müssen einer einheitlichen Sicherheitsbewertung unterworfen werden, bevor sie in der EU in Verkehr gebracht werden können. Neuartige Lebensmittel dürfen keine Gefahr für die Verbraucherin und den Verbraucher darstellen und nicht irreführend sein. Weiters dürfen sie sich von herkömmlichen Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten, die sie ersetzen sollen, nicht so unterscheiden, dass ihr normaler Verzehr Ernährungsmängel für die Verbraucherin und den Verbraucher zur Folge hätte.

Abklärung des Novel Food Status

Die Lebensmittelunternehmerin und der -unternehmer sind verantwortlich zu überprüfen, ob es sich bei dem Lebensmittel, welches in Verkehr gebracht werden soll, um ein neuartiges Lebensmittel handelt. Zur Abklärung des Novel Food-Status wird empfohlen, die Unionsliste (Durchführungsverordnung (EU) 2017/2470 idgF konsolidierte Fassung) sowie den Novel Food-Katalog der Europäischen Kommission zu konsultieren. Der Novel Food Katalog der Europäischen Kommission gibt Auskunft über den Novel Food Status von Lebensmitteln und -zutaten. Seit 01 Jänner 2018 gibt es die Unionsliste, eine Positivliste in der alle zugelassenen Novel Foods aufgelistet sind. Ist ein Novel Food bereits in der Unionsliste angeführt, so kann dies unter Einhaltung der Anwendungsbedingungen und Spezifikationen, auf den Markt gebracht werden. Ein weiteres Hilfsmittel zur Abklärung des Novel Food Status sind die Deutschen Stofflisten, welche einen Überblick über die Verwendung von Pflanzen, Pilzen und Algen in Lebensmitteln geben sollen.

Zur Ermittlung des Kriteriums „nennenswerter Verzehr vor dem 15. Mai 1997“ dient die von der Europäischen Kommission herausgegebene Leitlinie „menschlicher Verzehr in nennenswertem Umfang“ (englisch).

Bei bestehender Unklarheit, ob es sich beim Lebensmittel um ein nicht zugelassenes Novel Food handelt, kann der Lebensmittelunternehmer die zuständige Behörde des Mitgliedstaates, in dem das potenziell neuartige Lebensmittel zuerst in Verkehr gebracht werden soll, konsultieren (Konsultationsverfahren gemäß Artikel 4 der Novel Food Verordnung (EU) 2015/2283).

In Österreich ist das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) die zuständige Behörde. Für die Feststellung des Status müssen entsprechende Informationen vorgelegt werden. Hierzu wurden Verfahrensschritte für die Konsultation sowie weitere Anforderungen an die beizubringenden Informationen festgelegt (Durchführungsverordnung (EU) 2018/456).

Kontakt und Infos zu Fragen für den österreichischen Markt: Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) Abteilung III/A/6, novelfood@gesundheitsministerium.gv.at

Die Ergebnisse der europaweiten Konsultationsprozesse (Durchführungsverordnung (EU) 2018/456 über die Verfahrensschritte bei der Konsultation zur Bestimmung des Status als neuartiges Lebensmittel) sind bei der Europäischen Kommission online öffentlich einsehbar.

Zulassung eines Novel Foods

Ist das neuartige Lebensmittel nicht in der Unionsliste geführt, so muss eine Zulassung gemäß Artikel 10 der Novel Food Verordnung (EU) 2015/2283 bei der Europäischen Kommission erfolgen.

In diesem Verfahren werden die Mitgliedsstaaten nur informiert, die Bewertung und Zulassung obliegt der Kommission und der EFSA. Die EFSA hat für den Antragsteller einen Leitfaden und Checkliste zur Antragsstellung veröffentlicht.

Dabei übermittelt das antragstellende Unternehmen über die E-Submission Food Chain Platform der Kommission die nötigen Unterlagen, die mittels Durchführungsverordnung (EU) 2017/2469 zur Festlegung administrativer und wissenschaftlicher Anforderungen an die Anträge gemäß Artikel 10, definiert sind.

Meldung eines traditionellen Lebensmittels aus Drittländern

Für traditionelle Lebensmittel (Traditional Foods) aus Drittländern gibt es einen erleichterten Marktzugang in die EU. Voraussetzung ist allerdings, dass eine mindestens 25-jährige sichere Verwendung außerhalb der EU nachgewiesen wird. Dies gilt aber nur für Pflanzen, Tiere, Mikroorganismen, Pilze, Algen sowie Zell-und Gewebekulturen.

Gibt es keine Einwände zur Notifizierung des traditionellen Lebensmittels, so wird es mittels Durchführungsakt in die Unionsliste eingetragen. Bei Sicherheitsbedenken ist ein Zulassungsverfahren mit kürzeren Fristen möglich (Artikel 16). Die EFSA hat auch einen Leitfaden für die Notifikation von traditionellen Lebensmitteln von Drittstaaten veröffentlicht. Der Ablauf einer Meldung von einem traditionellen Lebensmittel ist in der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2468 geregelt.

Derzeit laufende Anträge zur Zulassung von einem Novel Food sowie einem traditionellen Lebensmittel aus Drittstaaten sind bei der Europäischen Kommission online ersichtlich.

Mehr Informationen zu Novel Foods

Informationen der Europäischen Kommission zu Novel Foods

Unionliste – Aufzählung aller zugelassenen neuartigen Lebensmittel (Es wird empfohlen, die aktuelle konsolidierte Fassung zu verwenden.)

Informationen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit zu Novel Foods

EFSA Publikation: Ververis, Ermolaos & Reinhard, Ackerl & Azzollini, Domenico & Colombo, Paolo & Agnès, de & Céline, Dumas & Antonio, Fernandez-Dumont & Lucien, Ferreira & Germini, Andrea & Tilemachos, Goumperis & Eirini, Kouloura & Leonard, Matijevic & Precup, Gabriela & Roldan Torres, Ruth & Annamaria, Rossi & Roman, Svejstil & Emanuela, Turla & Wolfgang, Gelbmann. (2020). Novel Foods in the European Union: scientific requirements and challenges of the risk assessment process by the European Food Safety Authority. Food Research International. 109515. 10.1016/j.foodres.2020.109515.

Informationen des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zu Novel Foods

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Aktualisiert: 02.04.2024