Brucella-Infektionen beim Tier in Österreich
Die Gattung Brucella umfaßt 12 offiziell beschriebene Spezies: Brucella abortus, Brucella suis, Brucella melitensis, Brucella canis, Brucella ovis, Brucella neotomae, Brucella ceti, Brucella pinnipedialis, Brucella microti, Brucella inopinata, Brucella papionis und Brucella vulpis.
In Österreich ist die Rinderpopulation seit 1999 amtlich anerkannt frei von B. abortus und die Schaf- und Ziegenbestände sind seit 2001 amtlich anerkannt frei von B. melitensis, daher ist das Risiko für eine Infektion bei Menschen in Österreich sehr gering. Zuletzt wurde 2018 ein Seuchenausbruch durch B. melitensis in einem Rinderbestand in Oberösterreich nachgewiesen.
Über Erkrankungen bei Hausschweinen durch B. suis Biovar 2 wird in Europa nur selten berichtet. In Österreich wurde die Schweinebrucellose erstmals in der Steiermark in den 1990er-Jahren bei einer Zuchtsau nachgewiesen. 2003 kam es im niederösterreichischen Waldviertel in mehreren Schweinebetrieben zu Ausbrüchen und 2004 zu einem Ausbruch im Bezirk Schärding in Oberösterreich. Im Jahr 2017 wurde ein Ausbruch in einem Vermehrungsbetrieb im Bezirk Grießkirchen in Oberösterreich mit insgesamt 9 Kontaktbetrieben festgestellt.
B. suis Biovar 2 kommt in Europa bei Wildschweinen und Feldhasen weitverbreitet vor und kann von diesen Wildtieren ausgehend auf Hausschweine und Menschen übertragen werden. Bei 228 untersuchten 2011/2012 erlegten Wildschweinen aus 8 Bezirken in Oberösterreich, Niederösterreich und dem Burgenland wurde aus den Kopflymphknoten von 12 Tieren (5,2 %) B. suis Biovar 2 isoliert. Nebenwirte von B. suis Biovar 2 sind Mensch, Rind, Ratte, Rotfuchs und Reh. Der Rotfuchs kann als Indikatortier für die Untersuchung und Überwachung von Brucellose-Naturherden (B. suis, B. microti, B. vulpis) dienen. Von Juni 2007 bis Juli 2008 wurden Mandibularlymphknoten von 903 Füchsen aus 37 Bezirken (20 niederösterreichische, 5 burgenländische, 5 oberösterreichische und 7 steirische Bezirke) untersucht, wobei B. suis-Naturherde in Niederösterreich, der Steiermark und dem Burgenland aufgedeckt wurden. Während B. suis Biovar 2 nur eine geringe Pathogenität für den Menschen besitzt (seltene Berichte, Patienten mit Vorerkrankungen), ist B. suis Biovar 1, die in Europa bei Wild- und Haustieren bisher nur in Kroatien nachgewiesen wurde, für Menschen hochpathogen.
B. microti ist eine neu beschriebene Spezies, die 2000 erstmals in Tschechien bei erkrankten Feldmäusen und 2007 in Niederösterreich mehrfach bei Füchsen nachgewiesen wurde. Die pathogene Bedeutung dieses Erregers der Mäusebrucellose für andere Tiere und den Menschen ist unklar. Diese Spezies wurde bisher nur bei Wildtieren in Tschechien, Österreich und Ungarn nachgewiesen.
B. vulpis wurde 2016 als zwölfte Brucella Spezies offiziell beschrieben. Diese Spezies wurde bisher nur in Österreich isoliert. 2008 konnte diese Brucellenart im niederösterreichischen Bezirk Hollabrunn aus makroskopisch unveränderten Mandibularlymphknoten von 2 Füchsen isoliert werden. Das Reservoir dieses Erregers und die pathogene Bedeutung für andere Tierarten und den Menschen ist unklar.
B. canis wurde in Österreich als Abortuserreger bei Hunden erstmals 2010 in einer Pudelzucht in Oberösterreich nachgewiesen und ist ebenfalls ein Zoonoseerreger.
B. ovis, der Erreger der infektiösen Nebenhodenentzündung beim Schafbock, ist für Menschen nicht pathogen.
Übertragung und Symptome beim Tier
Epidemiologisch bedeutsame massive Ausscheidungen erfolgen besonders bei Aborten und infizierten Normalgeburten, aber auch mit Milch, Harn, Kot und Nasensekret. Typische Ansteckungswege sind die orale Aufnahme und die Übertragung beim Deckakt. Infektionen über die Haut, auch durch Arthropoden als Vektoren, müssen in Betracht gezogen werden.
Hausschwein: In Endemiegebieten ist die Möglichkeit einer Übertragung von B. suis Biovar 2 von Wildtieren auf Hausschweine besonders bei der Freilandhaltung von Hausschweinen gegeben. Der Erreger kann aber auch mit kontaminiertem Grünfutter, indirekt über fleischfressende Säugetiere wie dem Fuchs und dem Hund oder aasfressende Vögel oder durch Zukauf eines chronisch infizierten Ebers in einen Zuchtsauenbestand eingeschleppt werden. Die nicht sichere Entsorgung von tierischen Nebenprodukten erlegter Wildschweine und Feldhasen stellt ebenfalls einen Risikofaktor für einen Eintrag in die Nutztierpopulation dar. Die Einhaltung von Hygienegrundsätzen bei der Jagd und Wildbretverarbeitung durch die Jägerschaft ist die wichtigste Maßnahme, um der Einschleppung des Erregers in Hausschweinebestände und der Übertragung auf Menschen vorzubeugen.
Innerhalb eines Hausschweinebestandes erfolgt die Infektion besonders durch Kontakt mit infiziertem Material wie Aborte, Nachgeburten, Körperex- und -sekrete sowie beim Deckakt. Die Inkubationszeit ist sehr variabel (wenige Tage bis mehrere Monate). Bei einer Infektion durch den Deckakt eines infizierten Ebers kann nach 5-8 Wochen als erstes Symptom gehäuftes Umrauschen infolge von Frühaborten auftreten. Aborte sind jedoch in jedem Trächtigkeitsstadium möglich. Bei Hausschweinen kommt es bei einem Neuausbruch bei Sauen zu gehäuften Aborten in allen Trächtigkeitsstadien, Geburt lebensschwacher Ferkel, Nachgeburtsverhalten und Gebärmutterentzündungen mit evtl. kleinknotigen Veränderungen. Bei Ebern können Hodenschwellungen und -entzündungen vorkommen. Generell kann es zu Bewegungsstörungen aufgrund von Gelenksentzündungen sowie zu abszedierenden Veränderungen in diversen Organen kommen. Die Erkrankung mit jahrelanger Ausscheidung des Erregers kann auch ohne klinische Erscheinungen verlaufen.
Rind: Vor den häufig auftretenden Aborten verläuft die Infektion bis auf eine vorübergehende Temperaturerhöhung meist symptomlos. Die Tiere bleiben Erregerausscheider. Verkalbungen in der 2. Hälfte der Trächtigkeit sind das auffälligste Symptom, vor dem Abort werden in der Regel keine Anzeichen der Erkrankung beobachtet. Im Anschluss kommt es oft zu Entzündungen der Gelenke, Sehnenscheiden und Schleimbeutel, seltener zu klinisch auffälligen Euterentzündungen (Erregerausscheidung!). Nach dem Abort kann eine Kuh durchaus wieder ein normales Kalb austragen, eine neuerliche Verkalbung ist ebenso möglich wie Sterilität nach dem ersten Abort. Beim Bullen werden Hoden und Nebenhodenentzündungen beobachtet. Die Rinderbrucellose verläuft im Bestand enzootisch. Infektionen mit B. abortus kommen selten bei anderen Tierarten vor (Schaf, Ziege, Schaf, Schwein). Ihr Auftreten ist meist mit Kontakt zu infizierten Rinderherden zu erklären.
Schaf und Ziege: Die Schaf- und Ziegenbrucellose wird durch B. melitensis mit seinen 3 Biovaren hervorgerufen. Der Verlauf ähnelt der Rinderbrucellose. Bei Tieren kommt es häufig zu Abortusfällen, zur Geburt lebensschwacher Lämmer und zu entzündlichen Veränderungen, vor allem am Geschlechtsapparat. Daneben treten Mastitiden, Hoden- und Nebenhodenentzündungen auf. Bei Schafböcken tritt auch die Brucellose in Form der infektiösen ein- und beidseitigen Nebenhodenentzündung einhergehend mit einer Verschlechterung der Spermaqualität auf, die durch Brucella ovis hervorgerufen wird. Brucellen werden beim Deckakt übertragen und können beim Muttertier zu Aborten führen. Nach einer Nierenbesiedlung erfolgt die Ausscheidung über den Harn.
Hund: Infizierte Hunde zeigen kein Fieber und können jahrelang bakteriämisch bleiben. Serologische Untersuchungen können trotz Bakteriämie falsch negativ ausfallen. Die Brucellose kann unentdeckt bleiben, wenn klinische Symptome fehlen oder nicht erkannt werden (Unfruchtbarkeit, Störungen der Gravidität, Iritis, Spondylodiscitis, Lymphadenitis, Prostatitis, Epididymitis).
Diagnostik
Für den Nachweis der Brucellose bei Abortusfällen ist die Plazenta aufgrund der hohen Erregerkonzentration ein besonders wichtiges Probenmaterial für die Diagnostik. Aufgrund der Einstufung bestimmter Brucellenarten als Erreger der Risikogruppe 3 darf die Kultivierung und Phänotypisierung nur im Labor der Sicherheitsstufe L3, dem Zentrum für Biologische Sicherheit im Nationalen Referenzlabor für Brucellose in Mödling, durchgeführt werden. Die genaue Identifizierung der isolierten Brucella-Spezies erfolgt sowohl phänotypisch mit konventionellen, bakteriologischen Methoden als auch molekularbiologisch mittels einer Spezies- und Biovar-spezifischen Multiplex-PCR. Die direkte Gewebe-PCR ermöglicht einen schnellen Erregernachweis auf Gattungsebene. Der serologische Nachweis von spezifischen Antikörpern ist ebenfalls diagnostisch.
Bekämpfung/Prävention
Die Brucellose der Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen ist eine anzeigepflichtige Tierseuche. Die Bekämpfung konzentriert sich auf die Erkennung, Isolierung und Ausmerzung der infizierten Tiere sowie die Kontrolle des Tierverkehrs, um die Erregerverbreitung zu verhindern. Die Überwachung der Seuchenfreiheit erfolgt durch serologische Untersuchungen.
Für Landwirte, Tierärzte, Tierzüchter und Schlachthofpersonal gilt strengste Einhaltung der Hygienevorschriften beim Umgang mit infizierten Tieren. Auch Personen in jenen Betrieben, die mit Tieren aus dem betroffenen Betrieb beliefert werden, sollten über die Natur dieser Erkrankung und das vorhandene Risiko einer Infektion über Tiere, Karkassen und Schlachtabfälle informiert werden. Neben dem Einsatz von Schutzhandschuhen, insbesondere in der Geburtshilfe, sind gründliche Händedesinfektion mit einem zugelassenen Händedesinfektionsmittel sowie die Reinigung der Hände mit Wasser und Seife unbedingt erforderlich. Ein geeigneter Salbenschutz kann zusätzlichen Schutz vor transdermalen Infektionen bieten. Kleidung und Schuhe sind nach der Stallarbeit zu wechseln. Flächendesinfektion in Tierställen ist angebracht.