Die Bovine Virusdiarrhoe/Mucosal Disease gehört zu den weltweit wirtschaftlich bedeutendsten Infektionskrankheiten des Rindes. Zahlreiche Länder haben sich für die aktive Bekämpfung und Überwachungsprogramme von BVD/MD entschieden. Die Krankheit wird durch ein Pestivirus, Familie Flaviviridae, verursacht und ist weltweit verbreitet. Wirtstiere sind Rinder, Schafe, Ziegen und Wildwiederkäuer.
Übertragung
Der Übertragungsweg von BVD erfolgt hauptsächlich über persistent (dauerhaft) infizierte Tiere (PI-Tiere). Sie sind die wichtigste Quelle der Virusverbreitung. Die Entstehung eines PI-Tieres erfolgt durch eine Infektion des ungeborenen Kalbes über das Muttertier zwischen dem 40. und 120. Tag der Trächtigkeit. Zu diesem Zeitpunkt ist das Immunsystem des Fetus noch nicht vollständig ausgebildet, eine Immuntoleranz gegenüber dem Virus entsteht, die Tiere bleiben zeitlebens infizierte und scheiden das Virus aus. Die Ausscheidung erfolgt über sämtliche Körperexkrete und -sekrete.
Symptomatik
Der Großteil der Infektionen mit BVD-Viren (BVDV) verläuft symptomlos. Möglich sind Durchfall, Fieber, Atemwegserkrankungen, Schleimhauterosionen, Fressunlust, reduzierte Milchleistung, Fruchtbarkeitsstörungen. Trächtige Tiere können verwerfen, missgebildete oder lebensschwache Kälber zur Welt bringen.
Als besondere Krankheitsvariante tritt die Mucosal Disease (MD) auf. Sie entsteht, wenn ein PI-Tier zusätzlich mit einem weiteren Virusstamm infiziert wird. MD ist gekennzeichnet von einem schweren Krankheitsverlauf und endet tödlich. Symptome von MD sind blutiger Durchfall, hohes Fieber, Schleimhauterosionen und Geschwürbildungen (am Flotzmaul, Nase, Zwischenklauenspalt).
Bekämpfung
Zur Bekämpfung von BVD werden im Bestand vorhandene Virusausscheider (PI-Tiere) beseitigt, um die Herde vor Neuansteckung zu schützen.
Phylogenetische Analysen der Virus-Stämme können wertvolle Hinweise auf Infektionsrouten bei epidemiologischen Fragestellungen liefern. Erreger-Analysen sind äußerst hilfreich bei der Rückverfolgbarkeit von Infektionsquellen. Um Daten über zirkulierende BVDV- und BDV (Border Disease Virus)-Stämme in Westösterreich in den Jahren 2005 und 2006 zu erhalten, wurde von der AGES eine umfassende Studie durchgeführt (Hornberg, A.; Revilla-Fernández, S.; Vogl, C.; Vilcek, St.; Matt, M.; Fink, M.; Köfer, J.; Schöpf, K. (2008): Genetic diversity of pestivirus isolates in cattle from Western Austria. Vet Microbiol. 2009 Mar 30;135(3-4):205-13). Die in den veterinärmedizinischen Instituten Mödling und Innsbruck durchgeführte Studie basierte auf der genetischen Heterogenität der BVDV-Stämme. Diese wurde mittels molekularbiologischer Sequenzanalyse bestimmt. Die Typisierung der Proben zeigte eine sehr hohe genetische Variabilität der in Tirol und Vorarlberg zirkulierenden BVDV-Stämme. Insgesamt konnten 8 verschiedene BVDV-1 Subtypen gefunden werden, wobei 3 Subtypen zum ersten Mal in Österreich isoliert wurden. Der Subtyp BVDV-1h trat am häufigsten auf (143 Isolate), aber auch Subtyp 1f (79 Isolate) war weit verbreitet. Außerdem konnten zwei BVDV-2 Stämme und erstmalig ein BDV-Isolat beim Rind klassifiziert werden. Auf Betriebsebene konnte nur ein geringer geographischer Zusammenhang im Auftreten der verschiedenen Stämme gefunden werden.
BVD beim Rotwild
Rinder und Rotwild (Cervus elaphus) können auf Weiden oder Almen direkt oder indirekt miteinander in Kontakt kommen, sodass eine Erregerübertragung zwischen diesen beiden Tierarten möglich wird. In mehreren europäischen Ländern wie auch in den USA konnten Hinweise auf eine Übertragung von Pestiviren zwischen Rindern und Wildwiederkäuern festgestellt werden.
Am Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen der AGES in Innsbruck wurde im Zuge einer Studie das Vorkommen von BVDV in der österreichischen Rotwildpopulation mittels Virusnachweis aus Ohrgewebeproben erhoben. Zwischen 2007 und 2009 wurde bei österreichischem Rotwild im Rahmen eines amtlich angeordneten Überwachungsprogramms auf Chronic Wasting Disease bei insgesamt 567 Tieren aus freier Wildbahn sowie bei 133 aus Gatterhaltung neben Gehirnproben auch aus den eingesandten Ohren jeweils eine Ohrgewebeprobe pro Tier untersucht. Im Labor wurden die Ohrgewebeproben mittels HerdCheck-BVDV-Antigen-ELISA und kommerzieller Real-time RT-PCR auf BVDV untersucht. Bei allen 700 untersuchten Gewebeproben konnte mittels ELISA und Real-time RT-PCR kein BVDV nachgewiesen werden.
Aktuelle Literatur aus Österreich
Schöpf, Karl; Revilla-Fernández, Sandra; Steinrigl, Adolf; Fuchs, Reinhard; Sailer, Andreas; Weikel, Joachim; Schmoll, Friedrich (2016): Retrospective epidemiological evaluation of molecular and animal husbandry data within the Bovine Viral Diarrhoea (BVDV) control programme in Western Austria during 2009–2014. Berl Münch Tierärztl Wochenschr 129:196-201. doi 10.2376/0005-9366-129-15102, http://vetline.de/open-access/158/3216/)