Penicilline und Cephalosporine

Penicilline und Cephalosporine

Steckbrief

Beschreibung

Penicilline und Cephalosporine sind antibakteriell wirkende Substanzen, die der Klasse der ß-Lactam-Antibiotika zugeordnet werden. Sie weisen in ihrer Strukturformel einen viergliedrigen ß-Lactam-Ring (Lactame sind zyklische Amide) auf. Diese Antibiotika werden meist von Pilzen produziert. Manche Substanzen werden noch chemisch verändert (derivatisiert), um ihre Eigenschaften als Arzneimittel und ihre Resistenz gegen Abwehrmechanismen der Bakterien zu verbessern. ß-Lactam-Antibiotika hemmen die Zellwandsynthese von Bakterien, dadurch platzt die Zelle. Bei Menschen und Tieren kommt das Zielprotein nicht vor, daher sind ß-Lactam-Antibiotika in der Regel für den Menschen gut verträglich.

Als erstes ß-Lactam-Antibiotikum wurde Penicillin vom englischen Bakteriologen Alexander Fleming 1928 in Kulturen des Schimmelpilzes Penicillium notatum entdeckt und daraus extrahiert. Um 1940 entwickelten Howard Walter Florey und Ernst Boris Chain Medikamente auf Basis des Penicillins, welche ein Jahr später zum ersten Mal therapeutisch eingesetzt wurden. Dafür erhielten sie gemeinsam mit Fleming 1945 den Nobelpreis für Medizin. Cephalosporine wurden 1953 entdeckt. ß-Lactam-Antibiotika werden heutzutage überwiegend halbsynthetisch erzeugt.

Vorkommen

Werden ß-Lactame angewendet, können sie in den Organismus und damit in tierische Lebensmittel gelangen.

Gesundheitsrisiko

Für tierische Gewebe (Muskel, Fett, Leber und Nieren) und Milch sind in der Verordnung (EU) Nr. 37/2010 der Kommission vom 22. Dezember, in der die Einstufung der pharmakologisch wirksamen Stoffe hinsichtlich der Rückstandshöchstmengen in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs festgelegt ist, Grenzwerte aufgelistet. Diese liegen - wie auch bei den meisten anderen Arzneimitteln - bei Milch wesentlich niedriger als bei tierischen Geweben.

Situation in Österreich

Über 2600 Proben von Schlachtkörpern und Lebensmitteln werden jährlich auf Rückstände von Penicillinen und Cephalosporinen im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplans überprüft.

Fachinformation

Wirkungsweise und Resistenzen

ß-Lactam-Antibiotika wirken bakterizid, indem sie bakterielle Enzyme für die Peptidoglykansynthese irreversibel hemmen. Die Zellwand von Bakterien besteht aus Peptidoglykan (auch Murein genannt). Sie benötigen diese Mureinschicht, um dem hohen intrazellulären osmotischen Druck standhalten zu können. Ist die Peptidoglykansynthese gestört, platzt und lysiert die Zelle, auch kann keine Zellteilung mehr stattfinden. Dieser Stoffwechselvorgang kommt bei Tier und Mensch nicht vor, daher sind ß-Lactam-Antibiotika in der Regel für den Menschen gut verträglich.

Bakterien wehren sich gegen ß-Lactam-Antibiotika. Sie bilden Resistenzen aus, die drei verschiedenen Strategien zugeordnet werden können:

  • ß-Lactamasen: es sind mehr als 300 Varianten dieser bakteriellen Enzyme bekannt, die den ß-Lactam-Ring spalten und damit ß-Lactam-Antibiotika inaktivieren. Es gibt Penicillinasen und Cephalosporinasen.
  • Verminderung der Durchlässigkeit der äußeren Zellmembran, sodass die innerhalb stattfindende Peptidoglykansynthese nicht gehemmt werden kann.
  • Veränderung der bakteriellen Enzyme für die Peptidoglykansynthese und damit Verringerung ihrer Empfindlichkeit gegenüber ß-Lactam-Antibiotika.

Um ß-Lactam-Antibiotika resistent gegen die Resistenzmechanismen der Bakterien zu machen, werden die Antibiotika chemisch verändert und somit ein Angriff von ß-Lactamasen verhindert oder zusammen mit ß-Lactamase-Hemmstoffen wie Clavulansäure verabreicht.

Metabolismus

Manche Fremdsubstanzen (z.B. auch Medikamente) werden im Organismus von Enzymen chemisch modifiziert. Erfolgt dies rasch, werden nicht nur die ursprünglichen Arzneimittel (Muttersubstanzen), sondern auch ihre Metaboliten als Markerrückstände in der Verordnung (EU) 37/2010 definiert und für diese Rückstandshöchstmengen festgelegt.

Bei ß-Lactamen ist das der Fall für die beiden Cephalosporine Cefapirin (Markerrückstände: Summe von Cefapirin und Desacetylcefapirin) und Ceftiofur (Markerrückstände: Summe aller den ß-Lactamring enthaltenden und als Desfuroylceftiofur gemessenen Rückstände) sowie für das Penicillin Penethamat (ist ein Ester von Benzylpenicillin; Markerrückstand: Benzylpenicillin).

Analysen

In der Abteilung Tierarzneimittel, Hormone und Kontaminanten des Instituts für Lebensmittelsicherheit Wien analysieren wir ß-Lactam-Antibiotika in Lebensmitteln tierischer Herkunft und sind auch Nationales Referenzlabor für diese Untersuchungen.

Die regelmäßige Teilnahme an internationalen Ringversuchen und an Workshops des für Antibiotika zuständigen EU-Referenzlabors (EURL) in Fougères (Frankreich) sichern die Qualität der Ergebnisse und eine stetige Weiterentwicklung der Analysenmethoden auf den neuesten Stand der Technik und Forschung.

Screening

ß-Lactame werden zusammen mit 8 anderen Antibiotikagruppen (Aminoglykoside, Chinolone, Lincosamide, Makrolide, Phenicole, Pleuromutiline, Sulfonamide und Tetracycline) mit immunchemischen Verfahren in Muskel- und Milchproben gescreent.

Im Fall nicht negativer Ergebnisse werden die betreffenden Proben mit einer Bestätigungsmethode (HPLC mit massenspektrometrischer Detektion; LC-MSMS) zur Identifizierung und Quantifizierung der Substanzen analysiert.

Kontakt

Abteilung Tierarzneimittel, Hormone und Kontaminanten

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Aktualisiert: 10.10.2023