Warum eine Risikobewertung von GVO wichtig ist
Im Zusammenhang mit Lebenmittelsicherheit ergeben sich für GVO-Produkte folgende Risikobereiche:
1) Toxische oder immunologische Effekte auf den Konsumenten durch Veränderungen im pflanzlichen Genom oder ausgelöst durch transgene Proteine.
2) Negative gesundheitliche Effekte für den Konsumenten durch Nährwertveränderungen im Lebensmittel/Futtermittel, ausgelöst durch die genetische Modifikation.
3) Erhöhung der Herbizidrückstände im Trinkwasser durch verstärkten Herbizideinsatz bei der Kultivierung von herbizidresistenten GVO.
Ökologische Gefahren können aufgrund folgender Phänomene entstehen:
1) Durch den Transfer der genetischen Modifikation auf konventionelle Kulturpflanzen oder auf verwandte Wildpflanzen (oder auf Unkräuter) können Pflanzenvarietäten mit Eigenschaften entstehen, die nicht beabsichtigt waren, und sich negativ auf das betroffene Ökosystem auswirken.
2) Die genetische Modifikation der Pflanze kann die Überlebensfähigkeit des Samens im Boden beeinflussen, was die Unkrautproblematik verschärfen kann.
3) Die Weitergabe von Antibiotikaresistenzmarkergenen auf Bakterien kann die Wirksamkeit von in der Human- und Veterinärmedizin eingesetzten Antibiotika negativ beeinflussen.
4) Die genetische Modifikation der Pflanze kann schädliche Effekte auf Nicht-Zielorganismen (Nützlinge) haben (z. B. toxische Effekte der transgenen Proteine).
5) Der Einsatz von gentechisch veränderten Pflanzen kann zu Resistenzbildungen bei Pflanzenschädlingen oder Unkräutern führen.
Eine besondere wirtschaftliche und ökologische Herausforderung stellt das Problem der Koexistenz zwischen GVO-Anbau und konventionellem/biologischem Landbau dar. Dieser Aspekt betrifft nicht nur den Anbau von Kulturpflanzen, sondern auch die Transport- und Weiterverabeitungsprozesse.
Um Wahlfreiheit für die KonsumentenInnen zu garantieren, unterliegen GVO-Produkte genauen Kennzeichnungsvorschriften. Als Höchstgehalte in Produkten, die unbeabsichtigt, aber technisch unvermeidbar GVO-Verunreinigungen enthalten, gelten Anteile von 0,9 %. Für nicht in der EU zugelassene GVO gilt eine sogenannte Nulltoleranz, mit der Ausnahme, dass bei GV-Futtermitteln im Jahr 2011 eine Toleranzschwelle von 0,1 % eingeführt wurde. Zusätzlich ist eine genaue Dokumentation des Warenstroms von GVO-Produkten vorgeschrieben, um die Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten.
Im Rahmen eines GVO-Zulassungsverfahrens für kommerzielle Zwecke ist ein Antragssteller verpflichtet alle Daten vorzulegen, die notwendig sind, um den Nachweis zu erbringen, dass der GVO und ein daraus erzeugtes Produkt keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder auf die Umwelt hat.
Die genauen Vorgaben betreffend der Durchführung der Risikobewertung und des vorzulegenden Datenmaterials sind in der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003, der Richtlinie 2001/18/EG, sowie in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 503/2013 geregelt. Zusätzlich zu den speziellen gesetzlichen Regelungen unterliegen gentechnisch veränderte Lebensmittel wie alle anderen Lebensmittel den Grundsätzen und Anforderungen des Europäischen Lebensmittelrechts (Verordnung (EG) Nr. 178/2002).
Die wissenschaftliche Bewertung des vorgelegten Datenmaterials und damit die Risikobewertung erfolgt zentral durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Die EU Mitgliedsstaaten können die Daten ebenfalls einsehen und innerhalb einer 3-monatigen Begutachtungsfrist eine Stellungnahme an die EFSA übermitteln. Österreich bringt sich regelmäßig durch wissenschaftlich fundierte Stellungnahmen in den Prozess der GVO-Risikobewertung mit ein.
Die österreichischen Gutachten bezüglich GVO-Anträgen werden von der in der AGES angesiedelten "TaskForce GMO" (Leitung: Mag. Markus Wögerbauer, Assistenz: DI Walter Stepanek) ausgearbeitet, deren Koordination dem Fachbereich Integrative Risikobewertung Daten und Statistik (DSR) der AGES obliegt (GMO = genetically modified organism). Dieser TaskForce GMO, die 2008 gegründet wurde, gehören mehr als 40 Expertinnen und Experten aus den verschiedenen Geschäftsbereichen und Abteilungen der AGES an (u. a. Geschäftsfeld Ernährungssicherung, Geschäftsfeld Lebensmittelsicherheit).
Am Ende der Begutachtung eines GVO-Zulassungsantrages steht eine akkordierte, österreichische Stellungnahme, die - unter Einbeziehung von Gutachten des Umweltbundesamtes und eventuell weiterer externer Expertinnen und Experten - im Fachbereich DSR erstellt wird. Die österreichischen Stellungnahmen werden von dort direkt an die EFSA übermittelt, die alle nationalen Stellungnahmen sammelt und in ihre wissenschaftliche Bewertung einfließen lässt.
Neben den Zulassungsanträgen bearbeitet die AGES TaskForce GMO viele andere Fragestellungen in Bezug auf GVO und GVO-Risikobewertung. Dazu zählen vor allem Stellungnahmen zur wissenschaftlichen Begründung von österreichischen Import- und Anbauverboten, fachliche Expertisen und Bewertungen zu aktuellen Themen, Forschungsprojekte, Anfragebeantwortungen, Korrespondenz und wissenschaftlicher Dialog mit externen Expertinnen und Experten und der EFSA, Nachweis und Kontrolle entlang der Lebensmittel- und Futtermittelkette, Teilnahme an Gremien und Fachkonferenzen, Einschätzung zukünftiger Entwicklungen, Datensammlung.
Informationen zum GVO-Zulassungsverfahren in der EU
Links
Europäische Kommission, Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher - Fachinformation zu GVO
Europäisches GVO Register für Produkte zugelassen nach der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003
EFSA - GMO-Panel
Biosafety-Clearing House - GVO Register
Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz - Fachinformation zur Grünen Gentechnik
Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus - Fachinformation zu Gentechnik
Umweltbundesamt - Fachinformation zu Gentechnik