Im Juni 2015 veröffentlichte die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) eine erste vollständige Risikobewertung zu Acrylamid in Lebensmitteln.
Sachverständige des EFSA-Gremiums für Kontaminanten in der Lebensmittelkette (CONTAM) evaluierten 43.419 analytische Ergebnisse von Nahrungsmitteln, die seit 2010 von 24 EU Ländern und sechs Lebensmittelverbänden gemeldet wurden. Frühere Einschätzungen, denen zufolge Acrylamid in Lebensmitteln das Krebsrisiko für Verbraucher aller Altersgruppen potenziell erhöht, wurden bestätigt.
Laut den seit 2010 an die EFSA gemeldeten Daten zu Acrylamid in Lebensmitteln, finden sich die höchsten Werte in Ersatz-Kaffee und Instantkaffee. Da Kaffeegetränke jedoch mit Wasser zubereitet und verdünnt werden, werden geringere Aufnahmemengen erwartet. Hoch sind die Werte auch in frittierten bzw. gebratenen Kartoffelerzeugnissen wie Chips, Snacks, Kroketten, Bratkartoffeln und Pommes frites gefolgt von Getreideerzeugnissen wie Keksen, Crackern, Knäckebrot und danach Frühstückscerealien. Niedriger sind die Werte in Getreideprodukten für Säuglinge und Kleinkinder wie etwa Zwieback und Keksen, in Brot und sonstiger Beikost für Säuglinge und Kleinkinder (EFSA 2015). Acrylamid ist aber nicht nur in Lebensmitteln enthalten, auch Rauchen führt zu einer Belastung durch Acrylamid. Die Aufnahme durch kosmetische Mittel wird als vernachlässigbar angesehen.
EU-Ergebnisse im Detail
In den 24 EU Ländern wurden folgende durchschnittlichen Acrylamidwerte (Medium Bound Szenario*) gefunden: Die höchsten Werte sind in Ersatz-Kaffee (trocken 1.499 μg/kg) und Instant Kaffee (trocken 710 μg/kg) enthalten. Kaffee bzw. Kaffeeersatzprodukte werden jedoch mit Wasser aufgebrüht wodurch geringere Acrylamid-Aufnahmemengen zu erwarten sind. Hohe durchschnittliche Acrylamid-Konzentrationen weisen Kartoffelchips und Snacks (389 μg/kg) und andere frittierte Kartoffelprodukte wie Pommes frites (308 μg/kg) auf. In Keksen, Crackern, Knäckebrot und Ähnlichem wurde durchschnittlich 265 μg/kg gemessen (Lebkuchen sogar 407 μg/kg). Mittlere Gehalte haben Frühstückscerealien (161 µg/kg). Niedrigere Gehalte von Acrylamid finden sich in Getreidebeikost für Säuglinge und Kleinkinder wie etwa in Zwieback und Keksen (73 μg/kg), in weichem Brot wie zum Beispiel Weizen-, Roggen- und Mehrkornbrot (42 μg/kg) sowie in sonstiger Beikost für Säuglinge und Kleinkinder, zum Beispiel mit Kartoffeln und Wurzelgemüse als Hauptzutat (24 μg/kg) [EFSA 2015, S.39f].
*In der EFSA Risikobewertung wurden die Acrylamidgehalte, die unterhalb der Nachweisgrenze oder Bestimmungsgrenze liegen, nach drei verschiedene Szenarien (Lower Bound – LB, Medium Bound – MB, Upper Bound – UB) berechnet. Beim Ansatz des Lower Bounds wird für nicht nachweisbare bzw. nicht bestimmbare Gehalte der Wert Null gesetzt, beim Medium Bound die Hälfte der Nachweis- bzw. Bestimmungsgrenze und beim Upper Bound die jeweilige Nachweis- bzw. Bestimmungsgrenze.
Aufnahmemengen
Als Teil der im Juni 2015 veröffentlichten Risikobewertung aktualisierte die EFSA auch ihre zuletzt 2011 vorgenommene europaweite Expositionsabschätzung zu Acrylamid. Dabei wurden neuere Daten zum Verzehr von Lebensmitteln und zum Acrylamidgehalt in Lebensmitteln berücksichtigt. Demnach nehmen Säuglinge, Kleinkinder und Kinder mit durchschnittlich 0,5 bis 1,9 µg/kg Körpergewicht/Tag die höchsten Gehalte an Acrylamid auf. Jugendliche und Erwachsene europäische VerbraucherInnen nehmen im Durchschnitt 0,4 bis 0,9 µg/kg Körpergewicht/Tag auf. Diese Abschätzungen sind vergleichbar mit früheren Schätzungen.
Kinder nehmen am meisten Acrylamid über frittierte bzw. gebratene Kartoffelerzeugnisse auf (bis zur Hälfte der Gesamtaufnahme). Weitere Quellen sind Toastbrot, Frühstückszerialien, Kekse, Kräcker und Knäckebrot. Die häufigsten Acrylamid-Quellen bei Kleinkindern sind Zwieback und Kekse. Bei Erwachsenen tragen Kartoffelprodukte (gebratene bzw. frittierte Kartoffeln), Kaffee, Kekse, Kräcker, Knäcke- sowie Toastbrot am meisten zur Aufnahme von Acrylamid bei. Auch andere Lebensmittelkategorien, wie Kartoffelchips und Knabbererzeugnisse, enthalten hohe Acrylamid-Konzentrationen. Doch ihr Beitrag zur Acrylamid-Aufnahme ist bei einer durchschnittlichen, abwechslungsreichen Ernährung begrenzt.